Drei Initiativen: Verwaltungsmodernisierung bis 2010
Bürger, Wirtschaft und Behörden von bürokratischen Kosten und Pflichten zu entlasten, ist ein wichtiges Anliegen der Bundesregierung. So folgt Deutschland ab 2007 mit der Einführung der Bürokratiekostenmessung auf der Grundlage des Standardkosten-Modells den Empfehlungen der Europäischen Union und der OECD. Zugleich wird die Lissabon-Strategie für mehr Wachstum und Beschäftigung durch Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit der nationalen ebenso wie der europäischen Wirtschaft unterstützt.
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Um wettbewerbsfähig zu sein, benötigt der Staat eine moderne Verwaltung. Das Bundesministerium des Innern (BMI) richtet hier zum einen seinen Fokus auf bessere Rechtsetzung und methodische Gesetzesfolgenabschätzung. Zum anderen wurden mit dem Aktionsplan Deutschland-Online sowie den Programmen Zukunftsorientierte Verwaltung durch Innovationen und eGovernment 2.0 drei Instrumente geschaffen, mit denen die Modernisierung der Verwaltung wirkungsvoll vorangebracht wird.
Zukunftsorientierte Verwaltung
Das Programm Zukunftsorientierte Verwaltung durch Innovationen wurde am 13. September 2006 vom Kabinett verabschiedet. Mit ihm liegt eine übergreifende Strategie für die Entwicklung und den Einsatz innovativer, zukunftsfähiger Lösungen für die Bundesverwaltung in vier Handlungsfeldern vor:
1. Personal: Die Einführung eines Bildungscontrollings und die Stärkung der Kompetenz von Führungskräften sollen ebenso wie die Dienstrechtsreform für Bundesbeamte und die Weiterentwicklung der leistungsbezogenen Bezahlung die Etablierung einer innovationsfreundlichen Verwaltungskultur unterstützen.
2. Steuerung: Das Behördenmanagement gleicht zunehmend dem von Unternehmen: Die Modernisierung des staatlichen Rechnungs- und Haushaltwesens wird daher ebenso vorangetrieben, wie die Verbesserung der Steuerungskompetenzen, der Fachaufsicht und die Förderung von Zielvereinbarungen sowie von Projekt- und Qualitätsmanagement.
3. Organisation: Das Verwaltungshandeln wird regelmäßig überprüft, überflüssige Prozesse werden gestrichen, Prioritäten neu gesetzt, Organisation und Personaleinsatz den Aufgaben angepasst. Durch Bündelung gleichartiger, interner Serviceleistungen in Shared Service Centern wird der Service verbessert. Zudem können erhebliche Einsparungen erzielt werden, wie das Beispiel der zentralen Reisekostenabrechnung für mittlerweile 57 Behörden im Bundesverwaltungsamt zeigt.
4. eGovernment: Aufgrund der zentralen Bedeutung für die Verwaltungsmodernisierung wurde mit eGovernment 2.0 ein eigenständiges Programm vom Kabinett verabschiedet.
eGovernment 2.0
Handlungsfelder festgelegt
Mit dem Programm eGovernment 2.0, das vom BMI im partnerschaftlichen Zusammenwirken mit den Ressorts koordiniert wird, will die Bundesregierung das Online-Angebot des Bundes bis 2010 bedarfsorientiert ausbauen, die Zusammenarbeit von Unternehmen und Behörden durch integrierte, elektronische Geschäftsprozesse verbessern und einen sicheren Kommunikationsraum im Internet für Deutschland mitgestalten, der Bürgern eine verlässliche Online-Erreichbarkeit und eine vertrauenswürdige Kommunikation mit Behörden und Unternehmen ermöglicht. Hierfür wurden vier Handlungsfelder festgelegt:
1. Portfolio: Das vorhandene eGovernment-Angebot soll qualitativ und quantitativ ausgebaut werden. Maßgeblich sind die Bedürfnisse der Nutzer. So wird zum Beispiel das Internetportal des Bundesamtes für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BVL) mit einer neuen Transaktionsdienstleistung erweitert. Der elektronische Antrag auf Zulassung von Pflanzenschutzmitteln (eAntrag PSM) mit Dokumentenmanagementsystem für das Antragsverfahren wird in Zusammenarbeit mit den Bewertungsbehörden realisiert und derzeit von zehn Unternehmen getestet. Das BMI wird gemeinsam mit den Ressorts erste Top-Projekte für das Portfolio identifizieren und deren (Weiter-)Entwicklung unterstützen. Zudem werden bestehende Standards zur Nutzerfreundlichkeit und Barrierefreiheit von Online-Diensten, wie der Contentguide von BundOnline, BITV, SAGA etc., zusammengeführt und in Abstimmung mit den Ressorts zu einheitlichen Kriterien weiterentwickelt, die nach der Pilotphase in allen Bundesbehörden angewendet werden sollen. Weiter soll ein Verwaltungsportalverbund geschaffen werden, um die Leistungen über einen einzigen zentralen Einstieg zugänglich zu machen.
2. Prozessketten: Die größten Effizienzpotenziale bestehen beim eGovernment an der Schnittstelle zwischen Unternehmen und Behörden. Die Verwaltung der Zukunft nutzt daher Prozessketten – integrierte Geschäftsabläufe und eine durchgängig IT-basierende Kommunikation zwischen Wirtschaft und Verwaltung – um die Kosten für die Datenerfassung und die Verfahren für beide Seiten zu senken und einen Beitrag zum Bürokratieabbau zu leisten. Unter Federführung der Universität Hohenheim und der IBM läuft ein erstes Forschungsprojekt: 30 Stakeholder aus Wissenschaft, Wirtschaft und Öffentlichen Institutionen haben sich für die Entwicklung einer Prozesskette für die Fleischproduktion zusammengetan, die vom BMBF mit 3,6 Millionen Euro gefördert wird. Eine Portallösung soll Daten zu Herkunft, Transport, Tiergesundheit, Qualitätssicherung und Futtermitteln sowie zu Hygiene- und Qualitätsstandards zusammenführen und die lückenlose Rückverfolgung und Qualitätssicherung von Lebensmitteln ermöglichen. Das System soll Ende 2006 pilotiert werden.
3. Identifizierung: Die Bundesregierung stellt ab 2008 mit dem elektronischen Personalausweis eine einheitliche und sichere Identifizierung mit Online-Authentisierung zur Verfügung. Der Personalausweis wird zum chipbasierenden Ausweissystem weiterentwickelt, das die Risiken des Identitätsbetrugs in eBusiness und eGovernment reduziert. Gleichzeitig wird die Identifizierung für alle Beteiligten vereinfacht. Neben dem Service- und Sicherheitsgewinn für Bürger schafft die Lösung auch Potenziale für die Wirtschaft. Sie ermöglicht die elektronische Abwicklung von Verträgen in der Versicherungs- oder Kreditwirtschaft und das sichere Einkaufen im Internet. Weitere Anwendungsmöglichkeiten könnten von der Wirtschaft entwickelt werden.
4. Kommunikation: Staatlich zertifizierte Bürgerportale sollen einen sicheren elektronischen Kommunikationsraum im Internet für Bürger, Unternehmen und Verwaltungen aufspannen. Wie im klassischen Postdienst die Grundlage durch den Staat gesetzt wurde – Adressen, Postfächer, Briefkästen, Zustellregeln etc. – so soll bei den Bürgerportalen eine sichere Basis für die Authentisierung, die eMail-Kommunikation und die Aufbewahrung von Dokumenten im Datensafe geschaffen werden. Derzeit erarbeitet das BMI ein Verfahren zur Zertifizierung privater Provider, die Bürgerportale anbieten und betreiben wollen. Hier kann ein neuer Markt für zertifizierte Anbieter im privatwirtschaftlichen Wettbewerb entstehen.
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