Modernisierungsagenda IT-Steuerung im Föderalismus – Chance oder Untergang
Deutschland besitzt seit der Föderalismusreform II eine weltweit einmalige Infrastrukturregel, über die der Informationstechnik ein Verfassungsrang eingeräumt wird. Damit wurde die Grundlage geschaffen, die bestehende, historisch gewachsene Aufsplitterung der Zuständigkeiten und Doppelstrukturen zu beseitigen und künftig eine effektive, effiziente und sichere IT-Infrastruktur in der deutschen Verwaltung zu schaffen.
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Der neu geschaffene Artikel 91c des Grundgesetzes sieht vor, dass Bund und Länder bei Planung, Errichtung und Betrieb von IT zusammenwirken.
Mit dem Grundgesetz im Rücken wurden auch die Grundlagen für die Umsetzung vorangetrieben. Mit dem IT-Planungsrat steht das Gremium für die übergeordnete IT-Steuerung zur Verfügung
Die Voraussetzung für eine ebenenübergreifende Steuerung sind also alle gegeben. Doch konnten die hohen Erwartungen bisher erfüllt werden? Diese Frage wurde auch auf dem 18. Ministerialkongress im September in Berlin gestellt.
Mit der Nationalen eGovernment-Strategie wurde schon ein erster, wegweisender Beschluss vom IT-Planungsrat verabschiedet. Handlungsfelder sind definiert, die jetzt sukzessive angegangen werden müssen. Auch eine Leitlinie Informationssicherheit und deren Umsetzungsplan sind in diesem Jahr beschlossen worden.
„Es gibt auch Projekte des IT-Planungsrates, wie 115, DOI, DVDV, die ebenenübergreifend sind, aber noch keine organisatorische Heimat gefunden haben“, erklärte Staatssekretär und CIO Horst Westerfeld aus Hessen in der Diskussion zum Thema auf dem Ministerialkongress und ergänzte: „Hier würde ich mir eine Bund-Länder-Organisation wünschen.“
Akzeptanz und gesellschaftliche Diskussion
Mit der eID-Strategie ist die nächste wichtige Entscheidung geplant. Trotz allem spielt der IT-Planungsrat nach Meinung von Stefan Pechardscheck, Partner bei BearingPoint, in der übergreifenden IT-Steuerung eine noch viel zu geringe Rolle.
So sieht er derzeit auch Verbände und externe Anbieter nur bedingt in die Planung einbezogen. Pechardscheck: „Unternehmen brauchen in ihren angestammten Märkten den Staat als innovativen Nachfrager. Um diese Funktionen aber optimal gebündelt für den Staat nutzen zu können, müssen Bund und Länder ein abgestimmtes Nachfrageverhalten demonstrieren. Dafür fehlt dem Planungsrat jedoch ein Leitbild.“
Der Aufbau eines ebenenübergreifenden Angebotes ist jedoch aufgrund rechtlicher Hürden nicht ohne weiteres machbar, erwidern sowohl der hessische Staatssekretär Horst Westerfeld, als auch Dr. Johann Bizer, Vorstandsvorsitzender von Dataport .
Westerfeld sieht trotzdem über die Möglichkeit der Bildung von Genossenschaften einen gangbaren Weg, den Hessen derzeit schon beschreitet. Auch die Nordländer gehen mit Infrastrukturangeboten im Bereich Sicherheit für die Kommunen einen ähnlichen Weg
„Die Beispiele zeigen jedoch“, so Pechardscheck, „wo ein Ziel erreicht werden soll, findet sich auch eine Lösung.“
Dazu Westerfeld: „Es gibt einen Beschleuniger – und das ist die Schuldenbremse.“ Pechardscheck pflichtet ihm bei: „Bei meinen Gesprächen mit kommunalen Verbänden konnte ich immer wieder feststellen, dass die Bereitschaft zur Kooperation aufgrund von Haushaltsrestriktionen immer mehr gegeben ist.“
Fazit
Mit Grundgesetzartikel und IT-Planungsrat sind eindrucksvolle Werkzeuge zur Umsetzung einer IT-Steuerung auch im Föderalismus geschaffen worden. Trotzdem steht eine gemeinsame IT-Steuerung im föderalen System noch am Anfang. Es kommt jetzt darauf an, vorhandene Werkzeuge effizient und nachhaltig zu nutzen. Innovative und verwaltungsübergreifende Angebote des Staates müssen in der nächsten Legislaturperiode stärker vorangetrieben werden, um Verwaltungskosten zu reduzieren und den Austausch zwischen Bürgern und Wirtschaft auf der einen Seite und der Verwaltung auf der anderen Seite zu vereinfachen.
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