eHealth-Gesetz und informationelle Selbstbestimmung Patienten müssen über ihre Gesundheitsdaten bestimmen können

Redakteur: Manfred Klein

In seinem Bericht zur Entwicklung des Gesundheitswesens hat sich der Patientenbeauftragte und Pflegebevollmächtigte der Bundesregierung, der Staatssekretär im Bundesgesundheitsministerium , Karl-Josef Laumann, unter anderem für eine weitere Verstärkung des Patientennutzens bei der Digitalisierung im Gesundheitswesen ausgesprochen.

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(Bild: iconimage – Fotolia.com)

Mit dem eHealth-Gesetz seien die Telematik und die elektronische Gesundheitskarte auf den richtigen Weg gebracht worden, so Laumann. Der praktische Mehrwert für die Patienten müsse aber noch weiter verbessert werden: „Es kann nicht sein, dass mündige Bürger nur unter Beaufsichtigung durch den Arzt Einsicht in ihre eigenen Daten nehmen können. Sie müssen – ähnlich wie beim Online-Banking – immer und überall, aber natürlich sicher auf ihre Behandlungsdaten selbst zugreifen können. Damit könnten sie beispielsweise jederzeit ihre Patientenakte einsehen – ein Thema, das trotz Patientenrechtegesetz nach wie vor immer wieder zu Streitigkeiten führt und auf diese Weise gelöst werden kann.“

In einem Positionspapier zu diesem Themenkomplex heißt es unter anderem: „Ob Online-Banking, Bezahl-Apps oder mobile Bordkarten beim Fliegen: In vielen Lebensbereichen ist die Digitalisierung weit fortgeschritten. Die von der Gematik geplanten Lösungen für den elektronischen Datenzugriff durch Patienten sind hier im Vergleich unzureichend. Deutschland sollte nicht den Anschluss an andere Länder wie etwa Österreich verlieren, in denen eine datenschutzsichere Patienteneinsicht in eine elektronische Patientenakte längst umgesetzt ist“.

Dazu Laumann im gleichen Positionspapier: „Für mich als Patientenbeauftragter der Bundesregierung ist klar: Das Zwei-Schlüssel-Prinzip unterläuft das Prinzip der Patienten auf informationelle Selbstbestimmung. Die Versicherten in Deutschland sollten die Telematik-Infrastruktur als sichere Datenautobahn selbstbestimmt nutzen können – wenn sie dies denn möchten. Schließlich sind sie es, zu deren Versorgung diese Infrastruktur dienen soll.“

Im Positionspapier heißt es weiter: „Sämtliche innovativen Anwendungen zum digitalen Austausch von Patientendaten müssen jedoch auf der Telematik-Infrastruktur als dem zentralen, sicheren Netz im Gesundheitswesen aufsetzen. Damit Patienten nur sichere Anwendungen zum Datenaustausch nutzen, muss die Telematik-Infrastruktur als Basis der Digitalisierung bekannt und von allen Nutzern akzeptiert sein.“

Dazu gehöre, dass die Datenhoheit der Patienten sichergestellt werde und Patienten die Telematik-Infrastruktur selbstbestimmt für eine sichere Kommunikation ihrer Gesundheitsdaten nutzen könnten. Schließlich könne das wichtige IT-Projekt langfristig nur dann erfolgreich sein, wenn auch die Patienten die elektronische Gesundheitskarte und ihre Anwendungen als Endnutzer in ihrem Alltag annähmen und spürbare Verbesserungen sehen könnten.

Einschränkend merkt das Positionspapier jedoch an: „Laut einem Bericht der Gematik an den Deutschen Bundestag vom 10. April 2017 (BT-Drucksache 18/11870) ist ein umfassender elektronischer Datenzugang für Patienten per eigenem Smartphone oder Tablet derzeit gesetzlich ausgeschlossen, wäre technisch aber umsetzbar.“

Um dennoch den Patientennutzen stärker in den Mittelpunkt der Digitalisierung stellen zu können, schlägt der Patientenbeauftragte Laumann im Positionspapier vor, folgende Schritte vor:

  • Patienten müssen jederzeit Einsicht in ihre eigenen elektronischen Daten haben. Das informationelle Selbstbestimmungsrecht ist ein ganz zentrales Grundrecht – erst recht in Zeiten der Digitalisierung. Es muss Leitbild der Digitalisierung sein. Die Patienten müssen deshalb ein jederzeitiges Leserecht für ihre eigenen Daten haben. Sie müssen ohne jegliche Einschränkung, insbesondere ohne dass dafür die Mitwirkung eines Dritten erforderlich ist, ihre persönlichen Daten einsehen können. Das gilt insbesondere für die elektronische Gesundheitskarte und Patientenakte, aber auch für alle anderen Anwendungen innerhalb der Telematik-Infrastruktur. Die Beschränkung des Datenzugangs für Patienten durch das ZweiSchlüssel-Prinzip muss aus dem Gesetz (§ 291 a Abs. 5 und 5a SGB V) gestrichen werden.
  • Ausschließlich die Patienten entscheiden, wer ihre Daten einsehen darf. Elektronische Anwendungen müssen der ausdrücklichen Zustimmung des Patienten bedürfen. Patienten müssen selbst Berechtigungen an gespeicherten Befunden und anderen Daten vergeben können. Nur die Patienten allein müssen bestimmen dürfen, wer wann und wozu auf ihre Daten zugreifen darf. Die Ablehnung einer Zugriffsberechtigung oder der freiwilligen Nutzung von elektronischen Mehrwertanwendungen darf nicht zu Sanktionen oder finanziellen Nachteilen für den Patienten führen. Dies sollte ausdrücklich gesetzlich im SGB V klargestellt werden.
  • Patienten müssen von unterwegs und zu Hause sicher auf ihre Daten zugreifen können. Die Telematik-Infrastruktur muss das zentrale, sichere Netz für die Kommunikation von Gesundheitsdaten für alle sein. Der Zugriff der Patienten zu ihren Daten innerhalb der Telematik-Infrastruktur muss technisch von überall möglich sein – sei es von zu Hause oder unterwegs, ob per Smartphone, Tablet oder PC. Beim Zugang ist ein praktikabler und zugleich höchstmöglicher Datenschutz sicherzustellen. Server der Telematik-Infrastruktur sollten deshalb nur in Deutschland betrieben werden dürfen. Die sog. „ELGA-Gesundheitsakte“ in Österreich sowie weitere elektronische Lösungen in anderen Ländern zeigen, dass ein datenschutzsicherer Zugang für Patienten technisch möglich ist. Das Recht der Versicherten auf einen gesicherten Zugang zu den eigenen Daten innerhalb der Telematik-Infrastruktur mittels mobiler oder stationärer Endgeräte in der eigenen Nutzerumgebung sollte gesetzlich im SGB V verankert werden.

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