Interview mit Markus Richter „Wir stehen gemeinsam unter Erfolgsdruck“
Staatssekretär Dr. Markus Richter ist der neue Bundes-CIO und derzeit auch Vorsitzender des IT-Planungsrates. eGovernment Computing sprach mit dem Nachfolger von Klaus Vitt über seine Ziele und die Herausforderungen in seinem neuen Job.
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Herr Richter, vor wenigen Wochen haben Sie die Nachfolge von Klaus Vitt angetreten. Natürlich möchten unsere Leser da wissen, welche persönlichen Ziele Sie mit dieser neuen Funktion beziehungsweise als CIO des Bundes und derzeitiger Vorsitzender des IT-Planungsrates verbinden.
Richter: Es muss gelingen, den digitalen Zugang zur Verwaltung in jeder Lebenslage zu erleichtern. Denn letztlich ist ja das Ziel all unserer Bemühungen, Bürgerinnen und Bürger sowie Unternehmen dabei zu unterstützen, digitale Leistungen leicht und bequem in Anspruch nehmen zu können. Dabei geht es nicht nur um Verwaltungsleistungen, sondern auch um den allgemeinen Rechtsverkehr, den ich erleichtern möchte. Darauf zielt unsere ganze Arbeit ab. Zur Umsetzung haben wir im Haus ein 9-Punkteprogramm entwickelt, das sich besonders auf drei Kernbereiche: digitale Gesellschaft, digitale Verwaltung und Sicherheit im Cyber- und Informationsraum konzentriert.
Das sind jetzt nach außen gerichtete Zielsetzungen. Wie sieht es mit den Zielsetzungen nach innen aus?
Richter: Ein ganz wesentlicher Punkt bei der Umsetzung ist natürlich, dass wir die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Verwaltung mitnehmen. Das nötige Rüstzeug möchte ich über eine Digitalakademie vermitteln, in der wir unsere Kolleginnen und Kollegen einbeziehen und befähigen, die digitale Transformation für sich und andere umzusetzen. Wichtig ist mir dabei, dass wir alle mitnehmen, denn Digitalisierung geht alle an. Im Arbeitsbereich Verwaltungsmodernisierung werden auch bisherige Arbeitsabläufe unter die Lupe zu nehmen sein. Aber das wird nur mit den Fachseiten gelingen. Digitalisierung ist weniger eine Frage der IT, als der Prozessmodernisierung. Die Digitalakademie soll die Vermittlung von digitalen Fähigkeiten unterstützen.
Kommen wir zur OZG-Umsetzung. Das Corona-Konjunkturpaket der Bundesregierung sieht im Zuge der Verwaltungsdigitalisierung und der OZG-Umsetzung ganz explizit weitreichende Maßnahmen vor. In seiner aktuellen Sitzung hat der IT-Planungsrat bereits über eine mögliche Umsetzung diskutiert. Hat der IT-Planungsrat schon bestimmte Umsetzungsmaßnahmen beschlossen? Wie ist der Stand der Dinge?
Richter: Zunächst einmal gilt: Geld ist nicht alles. Es geht jetzt vor allem darum, die OZG-Umsetzung zu beschleunigen. Darüber herrscht im IT-Planungsrat übrigens breite Zustimmung. Wir stehen hier gemeinsam unter großem Erfolgsdruck. Denn Digitalisierung kann nicht von einer Seite aus aufoktruyiert werden, sondern jeder ist in seinem Verantwortungsbereich entscheidend für den gemeinsamen Erfolg. Mir ist die Zusammenarbeit mit den Bundesländern und den Kommunen daher besonders wichtig.
Einigkeit herrscht auch darüber, dass die OZG-Umsetzung eine kritische Wegmarke erreicht hat. Nochmal: Das angestrebte Ziel, bis Ende 2022 alle Verwaltungsdienstleistungen zu digitalisieren, ist eine große Herausforderung, die wir nur meistern werden, wenn wir gemeinsam deutlich schneller werden. Ganz konkret heißt das, dass wir das Prinzip ‚Einer-für-alle' unbedingt stärken müssen. Jede Lösung muss sich auch in anderen Bereichen einsetzen lassen. Dazu brauchen wir ein Ökosystem der Plattformen. Denn in den Ländern sind ja teilweise Plattformen entstanden, über die auch Kommunen angeschlossen sind. Hilfreich ist, dass das auch bundeslandübergreifend funktioniert. Bei alle dem hilft die finanzielle Unterstützung durch das Konjunkturpaket natürlich sehr.
Der Bund plant den Einsatz der Mittel über noch zu schließende Vereinbarungen mit den Bundesländern zu steuern, damit gewährleistet ist, dass die Mittel in den Ländern und Kommunen Wirkung zeigen können. Grundlage dafür wird ein Bundesinteresse sein, das rechtlich begründet sein muss. Konkret reden wir zum Beispiel über Verwaltungsleitungen aus Bundesgesetzen, die in der Umsetzungsverantwortung der Länder liegen.
Spricht man mit Vertretern der kommunalen Spitzenverbände beziehungsweise mit den Entscheidern in den Kommunen, dann bekommt man von dort immer wieder zu hören: Ja, die OZG-Umsetzung, schön und gut! Aber wir wissen eigentlich gar nicht, was da auf uns zukommt und was von uns erwartet wird. Gibt es Planungen und Überlegungen wie man die Kommunen verstärkt in das OZG-Boot holen kann?
Richter: Also ich teile diesen Befund tatsächlich, jedenfalls in Teilen. Denn auch mir wurde gespiegelt, dass sich einzelne Kommunen nicht wirklich mitgenommen fühlen. Wir tragen an der Stelle die gemeinsame Verantwortung von Bund und Ländern, die Kommunikation immer weiter zu verbessern und Kommunen in die anstehenden Entscheidungsprozesse eng mit einzubeziehen. Wir haben mit dem IT-Planungsrat ein Format, in dem auch kommunalen Spitzenverbände einbezogen sind. Dennoch müssen wir permanent an der Kommunikation arbeiten. Das heißt, wir müssen Informationen an zentraler Stelle bereitstellen, sodass jeder weiß, wo er die aktuellen Sachstände und Hilfen finden kann. Denn letztlich sind wir darauf angewiesen, dass die Digitalisierung dort stattfindet, wo auch die Leistungen erbracht werden – also vor allem in den Kommunen.
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