Digitalisierung im Behördeneinsatz Effizienzgewinn und höhere Zufriedenheit dank KI
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Spätestens seit der Corona-Pandemie weiß jeder, dass analoge Arbeitsweisen an ihre Grenzen geraten und dass Digitalisierung ein geeignetes Mittel sein kann, um die Arbeit von Behörden zu beschleunigen, transparenter und effizienter zu gestalten.

Wer am Stammtisch über den schlechten Zustand der Digitalisierung in Deutschland reden will, setzt gerne bei Ämtern und Behörden an. Diese sind oft nicht per eMail zu erreichen, die OnlineTerminvergabe funktioniert nicht und auch untereinander kommunizieren öffentliche Stellen häufig noch per Fax miteinander, anstatt auf moderne Formen des Datenaustauschs zurückzugreifen.
Die Digitalisierung soll das ändern. Wenn davon die Rede ist, ist Künstliche Intelligenz (KI) nicht weit. Denn es sind Algorithmen, durch die sich Prozesse automatisieren sowie Mitarbeiter bei Routinearbeiten entlasten lassen. Dies soll für eine höhere Zufriedenheit bei all denen sorgen, die mit einer staatlichen Institution in Interaktion treten.
Der wichtigste Ansatzpunkt hierbei ist das automatische Bearbeiten von Dokumenten. Die KI-Lösung wird durch Maschinelles Lernen (ML) darauf trainiert, Informationen aus Dokumenten zu validieren. Physische Dokumente werden dabei anhand von Computer Vision gescreent und erkannte Inhalte werden mithilfe von NLP-Fähigkeiten extrahiert und interpretiert. Die KI vermag so aus unstrukturierten Dokumenten wie formlosen Anträgen die relevanten Informationen zu exzerpieren, aber auch Formulare auszulesen. Auf diese Weise lassen sich zeitaufwändige händische Prozesse wie das Abtippen von Informationen aus Dokumenten komplett abschaffen.
Drei Schritte zur Digitalisierung
Die gute Nachricht zuerst: nicht überall wird abgetippt. Das Einscannen und elektronische Bearbeiten von Formularen ist bereits auf dem Vormarsch. Dennoch ist für eine automatisierte Dokumentenbearbeitung das Einscannen von Dokumenten zwingend erforderlich, sollten diese nicht bereits digital vorliegen, beispielsweise als PDF.
Im ersten Schritt gilt es, die Dokumente so vorzubereiten, dass die KI sie weiterverarbeiten kann. Eingescannte Dokumente sind für die Texterkennung oftmals nicht optimal dargestellt – sie sind schief, es sind Schatten zu sehen oder das Papier wurde gefaltet. Im sogenannten Preprocessing werden die Bilddateien daher mithilfe diverser Bildverarbeitungsfilter zunächst für den nächsten Verarbeitungsschritt optimiert und „lesbar“ gemacht.
Im nächsten Schritt wird Optical Character Recognition angewendet, um die Symbole und Wörter auf dem Bild zu erkennen und sie in Text umzuwandeln. In einem ersten Schritt ermittelt die Texterkennung dabei die Positionen im Dokument, an denen sich Text befindet. Dann erfolgt die Mustererkennung. Der aus dem Bild extrahierte Text wird – jetzt als reiner Textblock – in maschinenlesbarer Form weitergeleitet und dem System so verfügbar gemacht. Dies ist bei Formularen wesentlich einfacher als bei formlosen Schreiben.
Im dritten Schritt erfolgt die semantische Analyse. Was steht im vorliegenden Dokument? Ist es ein Antrag? Was wird von wem beantragt? Bei formlosen Anträgen geht es darum, vordefinierte Entitäten, also solche, die notwendig sind, um den Vorgang zu bearbeiten, zu extrahieren. Dieser Prozess wird als Named Entity Recognition (NER) bezeichnet. Mögliche zu erkennende Entitäten sind Name und Anschrift des Antragsstellers oder Betreff und Gegenstand des Antrags.
Sind die einzelnen Entitäten ermittelt, beginnt ein Algorithmus damit, die zusammengehörigen Entitäten anhand der Koordinaten der Positionen der Entitäten in verschiedene Cluster (z. B. Adresse des Antragsstellers, Antragsdatum) zu gruppieren. So lernt die KI, an welcher Stelle eine Postleitzahl oder eine Adresse zugeordnet werden muss.
Automatisiertes Bearbeiten von Formularen und Anträgen
Wenn alles erfasst und aufbereitet ist, kann die KI die Dokumente bearbeiten. Das reicht vom Bewilligen oder Ablehnen eines Antrags bis hin zum Verfassen von Antwortschreiben. Hierfür benötigt sie vorgefertigte Antwortblöcke, aus denen sie die Antwort zusammenstellt. Die KI muss also darauf trainiert sein, zu welcher Art Vorgang in welchem Fall welche Antwort passt. In einem weiteren Schritt lassen sich sogar Zahlungen automatisiert anstoßen.
Mit vorgefertigten Antwortbausteinen wird bereits gearbeitet. Eine KI ist jedoch in der Lage, diesen Auswahlprozess zu automatisieren und zu beschleunigen. Dass die KI kein Bauchgefühl besitzt, kann ein Nachteil bei Entscheidungen und Bewilligungen mit einem gewissen Ermessensspielraum sein. Andererseits orientiert sich eine KI streng nach den Vorgaben, auf die sie trainiert wurde. Damit lassen sich nicht nur einfache Anträge wie für Ausweisdokumente schnell automatisiert beantworten, auch komplexe Vorgänge wie Baugenehmigungen lassen sich so teilautomatisiert signifikant beschleunigen.
Automatisierte Interaktion
Viele Unternehmen bieten auf ihren Webseiten Chatbots, mit denen sie Anfragen von möglichen Kunden oder Bewerbern entgegennehmen können. Ähnliches bietet sich für die Interaktion zwischen Bürgern und Behörden an. Letztere sind theoretisch zwar telefonisch erreichbar, aber es ist schwierig, durchzukommen. Hier können Chatbots Abhilfe schaffen und einfache Fragen direkt beantworten. Sie können auch eigenständig zu bestimmten Formularen und Anträgen verlinken. Erst wenn Kontaktsuchende mit den Chatbots nicht weiterkommen, können sich menschliche Mitarbeiter einschalten und die Konversation übernehmen.
Bei solchen Chatbots fallen, im Unterschied zur Dokumentenerkennung die Schritte Prepocessing und Optical Character Recognition weg. Einzig die semantische Analyse sucht nach bestimmten Schlüsselwörtern in den Chat-Botschaften und kann darauf basierend die richtigen Antworten geben. Hierfür muss die KI darauf trainiert sein, diese Worte und Sätze richtig zu interpretieren, um dann aus vorgefertigten Antwortblöcken eigenständig die richtige Antwort auswählen zu können. Dieser Vorgang wird als Intent-Erkennung bezeichnet.
Solche Chatbots können zur Zufriedenheit der Bürger beitragen, die mit einer Behörde interagieren, weil ihre Anfragen beantwortet werden, ohne dass sie lange warten müssen. Im Zweifel schaltet sich ein echter Mensch in den Chat ein.
Dieses Vorgehen ermöglicht eine enorme Zeitersparnis, was die Bearbeitung von eingehenden Dokumenten angeht. Dadurch haben Behördenmitarbeitern Freiräume, in denen sie sich direktem Bürgerkontakt widmen und so die Servicequalität optimieren können. Zudem ist die automatisierte, maschinelle Abwicklung wesentlich weniger fehleranfällig als die manuelle Bearbeitung durch Mitarbeiter.
Nicht von der Stange
KI-Lösungen für den Behördeneinsatz gibt es nicht von der Stange. Behörden, die sich entscheiden, ihre Prozesse zur Dokumentenverarbeitung und Bürgerinteraktion zu digitalisieren, sind daher gut beraten, sich an einen Anbieter von Individualsoftware zu wenden, der über die notwendige Erfahrung im Umgang mit Künstlicher Intelligenz und der automatisierten Dokumentenbearbeitung besitzt.
Der deutsch-österreichische Anbieter Cloudflight hat beispielsweise in einem Projekt für die Österreichischen Sozialversicherungen eine KI-gestützte Lösung für den Kostenerstattungsprozess entwickelt und implementiert, die formlos eingehende Rechnungen autonom auslesen und bearbeiten kann. Die Bearbeitungszeit eingehender Dokumente konnte mit dieser Anwendung um mehr als 90 Prozent verkürzt werden. Solche Lösungen sind skalierbar und auf andere Bereiche im öffentlichen Sektor anwendbar.
Um den Anforderungen der Bürger, aber auch der Behörden untereinander gerecht zu werden, wird eine schnellere und effizientere Datenbearbeitung immer wichtiger. KI- und Automatisierungslösungen helfen, Mitarbeiter in Behörden zu entlasten, ermöglichen durchgehend digitale Workflows und tragen zur Zufriedenheit aller beteiligter Personen bei.
*Der Autor, Anton Bayer, ist Industry Focus Leader Public Sector bei Cloudflight.
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