Sieben Regeln für die öffentliche Vergabe „Die Politik muss Vorreiter bei der Zusammenarbeit mit Start-ups werden“

Autor Julia Mutzbauer

Die Öffentliche Hand investiert jedes Jahr schätzungsweise mehr als 30 Milliarden Euro in IT und Kommunikation. Doch Start-ups bleiben dabei außen vor. Deshalb schlägt der Digitalverband Bitkom sieben Maßnahmen vor, um die Vergabe von öffentlichen Aufträgen an junge Unternehmen zu erleichtern.

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Um die Zusammenarbeit von Start-ups und der Öffentlichen Hand zu fördern, muss der Bürokratieaufwand im Vergabeverfahren gesenkt werden, meint der Bitkom
Um die Zusammenarbeit von Start-ups und der Öffentlichen Hand zu fördern, muss der Bürokratieaufwand im Vergabeverfahren gesenkt werden, meint der Bitkom
(© momius - stock.adobe.com)

Die aktuelle Krise zeige, „dass gerade die Öffentliche Verwaltung häufig noch zu sehr auf analoge Abläufe und zu selten auf digitale Technologien setzt“, so der Digitalverband. „Die Politik muss Vorreiter bei der Zusammenarbeit mit Start-ups werden. Wenn es gelingt, die Vergabe an Start-ups auszuweiten, dann profitieren davon ganz direkt die jungen, innovativen Unternehmen. Aber wir werden auf diese Weise auch unsere Verwaltung massiv modernisieren und ihr einen Digitalisierungsschub verleihen“, erklärt Bitkom-Präsident Achim Berg.

Um die Zusammenarbeit von Startups und der Öffentlichen Hand zu fördern, müssten Eignungsanforderungen und Bewertungsstrukturen von öffentlichen Aufträgen weg von einer vollständigen Risikoeliminierung hin zu einem angemessenen Risikomanagement und einer Wertschätzung technologischer Innovationen geführt werden. Auch der Bürokratieaufwand im Vergabeverfahren müsse deutlich gesenkt werden, heißt es im Maßnahmenpapier.

Damit Start-ups dauerhaft stärker an Vergabeverfahren beteiligt werden, empfiehlt der Bitkom folgende Maßnahmen:

  • Anwendung bestehender innovativer Vergabekriterien und -verfahren: Unter anderem soll die Anzahl der geforderten Projektreferenzen gesenkt sowie die Wirtschaftlichkeitskriterien verhältnismäßig angesetzt werden. Zudem sollen bestehende, aber nur selten genutzte Instrumente wie die Innovationspartnerschaft oder die Mittelstandsklausel häufiger angewendet werden.
  • Schaffung weiterer innovationsfreundlicher Vergabekriterien: Als generelles Eignungskriterium der Vergabe wird eine Innovationsprämie vorgeschlagen. So lässt sich laut Bitkom sicherstellen, dass der Zuschlag an denjenigen geht, der nicht nur eine preiswerte, sondern auch eine nachhaltige und zukunftsfähige Leistung bietet.
  • Harmonisierung des Rechtsrahmens: Für Start-ups mit begrenzten Ressourcen sind die Vielzahl an unterschiedlichen Vorgaben und der rechtliche Flickenteppich eine erhebliche Herausforderung – und ein Wettbewerbsnachteil gegenüber großen Playern. Aus diesem Grund muss der Rechtsrahmen laut Bitkom bundesweit harmonisiert werden.
  • Fachliche Professionalisierung und Stärkung der Beschaffungsverantwortlichen: Die Beschaffungsstellen sollen mit ausreichend Ressourcen und Fachwissen ausgestattet sein, um neue und im ersten Schritt aufwendigere Vergabeverfahren, wie etwa Markterkundungen, durchzuführen. Daneben soll es für Beschaffer einen bundesweiten Erfahrungsaustausch über Vorzeigebeispiele geben.
  • Gezielte Schulung, Unterstützung und Vernetzung von Startups: Start-ups, die häufig nur Kunden aus der Privatwirtschaft haben, müssen für die Beteiligung an Vergabeverfahren geschult und fortgebildet werden, und die Ausschreibungen müssen auch bei ihnen ankommen. Zudem sollen Verwaltungen und Start-ups besser vernetzt und der Austausch gefördert werden. Start-ups, die sich auf die Öffentliche Hand konzentrieren – sogenannte GovTechs – sollten mit einem eigenen Wagniskapitalfonds unterstützt werden.
  • Bürokratieabbau und Digitalisierung im Vergabeverfahren: Aktuell gibt es bei Bund und Ländern 22 Vergabeplattformen. Für Start-ups ist es nach Meinung des Verbands fast unmöglich, alle im Blick zu haben. Der angekündigte übergreifende eVergabe-Standard „XVergabe“, durch den die Unternehmen einen einheitlichen Zugang zu allen Ausschreibungen nutzen können, müsse deshalb mit hohem Tempo umgesetzt werden.
  • Vollständige Transparenz im Vergabeverfahren schaffen: Bislang führen Formfehler zu einem Ausschluss aus dem Vergabeverfahren. Gerade mit Blick auf Start-ups soll die Verwaltung Bieter auf offensichtliche Formfehler hinweisen können und ihnen die Möglichkeit zur Nachbesserung geben. Zudem wäre es gerade für Startups wichtig, ein Feedback bei nicht gewonnenen Ausschreibungen zu bekommen. Dadurch können sie ihre Angebote verbessern, aus Fehlern lernen und besser verstehen, welche Ausschreibungen für sie interessant sind.

Hier finden Sie die vollständige Version des Papiers „7 Punkte für mehr Start-ups in der öffentlichen Vergabe“ als PDF.

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