Johannes Rund vom österreichischen Bundesfinanzministerium im Interview „Grundlage bilden die zentralen Register“

Das Gespräch führte Natalie Ziebolz

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Österreich war nicht nur Partnerland der diesjährigen Smart Country Convention, auch Bundes-CIO Dr. Markus Richter steht im regen Austausch mit den Digitalisierungsverantwortlichen unseres Nachbarlandes. Ein Grund, die dortigen Entwicklungen unter die Lupe zu nehmen.

Ein Polizist scannt den generierten QR-Code
Ein Polizist scannt den generierten QR-Code
(© BMI/Karl Schober)

Herr Rund, seit kurzem gibt es in Österreich den digitalen Führerschein. Wie wird die Anwendung bisher angenommen?

Rund: Die Anwendung kommt gut an. Nach wenigen Tagen hatten wir bereits über 100.000 digitale Führerscheine im Feld. Anfänglich war der Zulauf so groß, dass das Bundesrechnungszentrum neue Serverkapazitäten bereitstellen musste.

Wie funktioniert der digitale Führerschein?

Rund: Grundlage bilden die zentralen Register in Österreich – in diesem Fall das Führerscheinregister. In der eAusweise-App kann der Nutzer die Informationen aus diesem Register freigeben und sich so den Führerschein auf das Smartphone holen. Vorausgesetzt wird die österreichische Staatsbürgerschaft beziehungsweise ein österreichischer Führerschein im Scheckkartenformat und die „Digitales Amt“-App, um die eAusweise-App und damit den digitalen Führerschein mit der ID Austria zu verbinden. Die „Digitales Amt“-App dient dabei als Identifier-App, mit der die Anwendung die Identität eines Users eindeutig überprüfen kann.

Der Clou: Bei einer Verkehrskontrolle wird weder der physische Führerschein noch ein Abbild dessen vorgezeigt, sondern ein QR-Code, den man in der eAusweise-App generiert hat. Dieser kann auch offline genutzt werden. Die Polizeibeamten scannen den Code mit der sogenannten MPK-App auf ihren Diensthandys und überprüfen das Vorliegen einer gültigen Lenkberechtigung im Führerscheinregister. Aber auch Personen außerhalb der Polizei können über den digitalen Führerschein die Identität oder den Status der Lenkberechtigung einer Person überprüfen. Dafür wird ein extra Code generiert, der nicht mit dem Register verknüpft ist. Gültig ist der digitale Führerschein aktuell jedoch nur in Österreich. Ausländische Polizisten können schließlich nicht auf das österreichische Register zugreifen. Es gibt jedoch auf europäischer Ebene Bestrebungen in diese Richtung.

Sie haben die ID Austria erwähnt. Was steckt dahinter?

Rund: Die ID Austria ist die Weiterentwicklung des Bürgerkartenkonzepts beziehungsweise der Handysignatur. Sie bietet auch jegliche Funktionalität dieser – mit einem Zusatz: Bürger und Bürgerinnen können Attribute aus Registern freigeben. Die erstmalige Freischaltung der ID können daher auch nur Behörden – allen voran Passbehörden und Finanzämter – vornehmen. Für die Registrierung benötigen die Interessenten lediglich ein gültiges Passbild und einen Ausweis zur Identifizierung. Ein Smartphone mit biometrischer Authentifizierung wäre der Idealfall. Den drei Millionen Nutzern der Handysignatur kann dieser Weg erspart bleiben, da ihnen die Migration erleichtert werden soll. Sie können, wenn eine behördlich registrierte Signatur vorliegt, diese über die „Digitales Amt“-App durch die zusätzliche Eingabe der Reisepass- oder Personalausweisnummer zur ID Austria mit der vollen Funktionalität aufwerten. Verlängert werden muss die Handysignatur beziehungsweise die ID Austria alle fünf Jahre, dann läuft das Zertifikat ab. Dafür müssen Bürger und Unternehmen allerdings nicht erneut beim Amt vorstellig werden, sondern können dies im Selfservice erledigen – vorausgesetzt, das letzte Zertifikat ist noch nicht abgelaufen.

Digitaler Führerschein und mehr als 200 digitalisierte Amtswege. Was kann Deutschland von Österreich lernen?

Rund: Auf der Smart Country Convention hat sich ein Hemmnis deutlich gezeigt: der starke Föderalismus. Da werden in den Bundesländern beispielsweise verschiedene IDs gebaut, die dann miteinander kompatibel sein müssen. Hier ist es schwer, die richtigen organisatorischen Prozesse zu finden. Bei uns hat man versucht, dieses Problem über Bund-Länder-Städte-Gemeinden-Arbeitsgruppen zu lösen, bei denen die Themen vorgestellt und Für und Wider diskutiert werden. Dabei wird darauf geachtet, die Bedürfnisse von Ländern, Gemeinden und Städten oder auch anderer Stakeholder zu berücksichtigen. Da ist viel Kommunikation notwendig. Auch zwischen den Ministerien: Hier braucht es, glaube ich, eine Koalition der Willigen, die das Ganze treiben. Das ist auch bei uns so. An den Projekten sind mehrere Ministerien beteiligt – bei der ID Austria etwa das Innenministerium für das Backend und das Finanzministerium für das Frontend. Da gibt es einen großen Abstimmungsbedarf. Bei Aspekten, wo diese allein nicht weiterkommen, wird die Entscheidung vom Lenkungsausschuss getroffen. Bei all den Zuständigkeiten sollte man zudem den Bürger nicht aus dem Blick verlieren. Wir versuchen daher auch Anwendungen zusammen mit der Privatwirtschaft zu entwickeln. Zudem sollen künftig deren persönliche Daten besser geschützt werden. Das Stichwort hier lautet Datenminimierung. Bei einem Clubbesuch ist für den Türsteher beispielsweise nur wichtig, dass ich alt genug bin, um dieses Recht zu haben. Dafür reichen Angaben wie „älter als 18“, der Name geht ihn nichts an. Die Bürger sollen nur so wenig persönlich Daten herzeigen wie möglich. Man muss auch sagen, dass uns die bereits vorhandene, zentrale und bundesweite Registerlandschaft in Österreich sehr entgegengekommen ist. Sie bildet die Basis der eGovernment-Maßnahmen.

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