KI-basierte Anwendungen im Unterricht „Wir brauchen klare Regeln“
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Die Software ChatGPT kann Aufsätze schreiben und Matheaufgaben lösen. In den USA haben viele Schulen ihren Einsatz daher bereits untersagt. Hierzulande soll es bisher kein Verbot geben, es braucht jedoch die richtigen Rahmenbedingungen für den Einsatz Künstlicher Intelligenz, erklärt Jürgen Böhm, Erster Vorsitzender des brlv, im Interview.

Herr Böhm, welche Möglichkeiten bietet Künstliche Intelligenz in der Schule?
Böhm: Der Einsatz von Künstlicher Intelligenz (KI) an unseren Schulen steckt aktuell noch in den Kinderschuhen, aber ich bin mir sicher, dass diese in Zukunft zahlreiche faszinierende und ergänzende Möglichkeiten sowohl bei der Unterstützung der Lehre als auch beim Lernen bietet. Versperren dürfen wir uns der Entwicklung auf jeden Fall nicht. Am Beispiel des Chatbots ChatGPT haben wir gesehen, wie schnell eine KI-basierte Technologie Eingang in unsere Lebensrealität und somit auch in unsere Schulen findet. Kinder und Jugendliche sind „Early Adopter“, kennen und nutzen Technologien oftmals lange vor den älteren Semestern – letztere dürfen hier nicht den Anschluss verpassen. Die Regierung in Bayern hat die Notwendigkeit der Thematisierung von KI an den Schulen als erstes Bundesland erkannt und Ende letzten Jahres einen Schulversuch zum Einsatz Künstlicher Intelligenz an 15 ausgewählten Schulen gestartet, darunter auch an drei Realschulen. Das ist ein Anfang, auch wenn es in Bayern immerhin mehr als 6.000 Schulen gibt! Das großflächig auszurollen, wird jedenfalls eine Mammutaufgabe. Ich bin gespannt, welche Erkenntnisse dieser Modellversuch hinsichtlich der Einsatzmöglichkeiten von KI bringt.
Wo sehen Sie die Grenzen der KI?
Böhm: Grenzen sehe ich ganz klar dort, wo die Quelle einer Information nicht nachvollziehbar und transparent gemacht wird. Es muss eben in der modernen Bildung immer um „digitale Aufklärung“ gehen. Letztlich sind analoge Kulturtechniken gefragt: Textverständnis, Textanalyse, Quellenkritik und Kritikfähigkeit, die auf Wissen basiert. Die KI denkt nicht – kann aber manipulieren. Den Schülern müssen die Missbrauchsmöglichkeiten vor Augen geführt werden. Es ist davon auszugehen, dass KI-Tools in Zukunft Texte erstellen werden, die von Menschen verfassten Inhalten kaum beziehungsweise überhaupt nicht mehr unterscheidbar sind. Die Nachvollziehbarkeit der Ursprungsquelle ist also besonders wichtig, sonst wird gezielter Manipulation und Betrug Tür und Tor geöffnet. Auch sehe ich eine Grenze, wenn Nutzer sich zu hundert Prozent auf die KI verlassen, dieser blind vertrauen und beispielsweise Antworten eins zu eins übernehmen, ohne diese zu überprüfen – KI sollte immer ergänzendes Tool und Hilfsmittel sein, aber niemals eigenständiges, kritisches Denken ersetzen! Das gilt nicht nur für die Schule, sondern für alle Lebensbereiche, in denen KI nutzbar ist.
KI macht Fehler, trifft eventuell falsche Entscheidungen mit fatalen Folgen. Jede KI ist nur so gut, wie die Hand, die sie programmiert. Darin liegt eine weitere Gefahr: Was, wenn die Erfinder eine bestimmte Ideologie implementieren? Auch der Datenschutz darf an dieser Stelle nicht unerwähnt bleiben. Es muss seitens des Gesetzgebers klar reguliert sein, was mit unseren Daten passiert und für welche Zwecke diese genutzt werden. Eine weitere große Herausforderung für die Politik.
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