Projekt OR.NET in der Medizintechnik Wie offene Standards dem vernetzten Operationssaal helfen können
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Die vernetzte Welt macht auch vor dem OP-Saal nicht halt, denn bietet doch eine vernetzte Infrastruktur Vorteile für die Anwender. Das Projekt OR.NET zeigt, wo der Weg hingehen kann.

Dank des medizinischen und technischen Fortschritts sind immer kompliziertere operative Eingriffe möglich. Dahinter stehen Medizingeräte und medizinische Systeme, die über eine entsprechende Leistung verfügen müssen. Damit der Arzt während eines Eingriffs die komplexen Systeme beherrschen und steuern kann, müssen die Daten zwischen den einzelnen Geräten ausgetauscht werden. Doch hier liegt ein Problem: Der Informationsaustausch zwischen den Geräten, und das vor allem herstellerübergreifend, ist fast unmöglich. Lediglich große Hersteller bieten sogenannte integrierte OP-Säle an, um die Medizingeräte untereinander zu vernetzen. Ein weiterer Nachteil ist, dass die Vernetzung der Geräte nur proprietär auf Hard- und Softwareebene erfolgt. Damit Geräte in ein solches System integriert werden können, sind hohe Investitionen notwendig.
Zudem führt die mangelnde Vernetzung zu einem erheblichen Mehraufwand für das Personal in einer Klinik. So müssen etwa Patientenstammdaten auf diversen Geräten eingegeben werden. Das ist nicht nur zeitaufwendig, sondern auch anfällig gegenüber Fehlern. Für die Mitarbeiter der Klinik ist es wünschenswert, wenn die Identifikation eines Patienten bereits vor Beginn der OP erfolgt und alle relevanten Daten direkt aus dem Klinikinformationssystem (KIS) automatisch auf die Geräte geladen werden. Dazu ist es notwendig, die IT des Krankenhauses und die Geräte im OP miteinander zu vernetzen.
Auch während einer Operation führt die fehlende Vernetzung der OP-Systeme zu Problemen. Beispielsweise werden medizinisch relevante Messdaten nur von dem Gerät angezeigt, das sie aufgenommen hat. Hier besteht das Problem, dass die Messdaten nicht allen Akteuren zur Verfügung gestellt werden, die sie auch benötigen. Hinzu kommt, dass die Anwender eines Gerätes aus Gründen der Sterilität oder eingeschränkter Bewegungsfreiheit oftmals nicht in der Lage sind, entsprechende Parameter selbstständig einzustellen. Dann muss weiteres OP-Personal hinzugerufen werden, welche die Parameter einstellen. Das ist nicht nur zeitaufwendig, sondern auch fehleranfällig.
Damit Alarmmeldungen nicht ignoriert werden
Eine weitere bekannte Fehlerquelle ist die Flut von oftmals irrelevanten Alarmen, welche die verschiedenen Geräte im OP produzieren. Das führt zum Phänomen der sogenannten Alarmmüdigkeit. Es werden Alarmmeldungen ignoriert oder deaktiviert, so dass wirklich relevante Alarme zu spät oder gar nicht erkannt werden. Das stellt ein erhebliches Gefährdungspotenzial für die Patienten dar. Medizinische Geräte sollten daher in der Lage sein, die Relevanz ihrer Alarmmeldungen im Vorfeld zu validieren. Allerdings ist das nur möglich, wenn Messdaten und Parameter anderer Geräte im OP sowie weitere Informationen, wie Laborbefunde und Voruntersuchungen, herangezogen werden können. Ohne eine Vernetzung ist dies nicht möglich.
Ebenso wünschenswert wäre ein Plug-and-play-Verhalten medizinischer Geräte. Dabei werden die Geräte beispielsweise dynamisch im Laufe der OP in das medizinische Geräteensemble eingegliedert. Das ist erforderlich, wenn der OP-Workflow außerplanmäßig verläuft und entsprechend reagiert werden muss. So könnte ein Gerät im Fall eines Defekts zügig durch ein Ersatzgerät ausgetauscht werden, wobei dieses auch von einem anderen Hersteller kommen kann.
Nach dem Ende der Operation beginnt für die beteiligten Anwender der zeitraubende Prozess der Dokumentation. Mit erfassten Gerätedaten und entsprechenden Assistenzfunktionen kann hier viel Zeit eingespart werden, was wiederum den Patienten zugutekommt. Bereits an diesen wenigen Beispielen ist abzulesen, welches Potential in einer herstellerübergreifenden Medizingerätevernetzung steckt, um die Sicherheit der Patienten zu erhöhen sowie das OP-Personal zu entlasten.
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