Risiken und Chancen der Verwaltungsdigitalisierung Weniger Prozesse, mehr Veränderungskultur
Im Dickicht der Digitalisierung verliert so manche Verwaltung ihr Ziel aus den Augen. Die Autorin des folgenden Beitrags sieht die Ursache in einer Überbetonung des Prozessgedankens. Sie fordert stattdessen mehr Veränderungskultur.
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Der „Prozess“: Glaubt man Sprachkritikern, so handelt es sich bei ihm um eines dieser nichtssagenden Wörter. Ein Blähwort, das vielfach als zwanghaftes Anhängsel an Wörter dient, die per se prozesshaft sind. Mehr noch, hat der Duden das Wort in die Liste der „rechtschreiblich schwierigen Wörter“ aufgenommen. Und doch gehört der Prozess zum Jargon von Technokraten, dem Management und in Verwaltungsstuben – alleine 34.000.000 Treffer bei Google deuten auf die Beliebtheit des Wortes hin. Gleichzeitig kämpfen Organisationen mit den eigenen Prozessen – von der freien Wirtschaft bis zum öffentlichen Sektor.
Bei Letzterem reden die Beteiligten gerne und viel von der „Behörde 4.0“, von mehr Digitalisierung und einer zunehmenden Vernetzung. Doch die Realität offenbart eher ein „Prozessleben 1.0“. Diese Diskrepanz mit schwachen Prozessausprägungen birgt gleichzeitig Risiken. Ein Blick hinter die Verwaltungskulissen verrät mehr.
Sorgen und Aufgaben
„Kleine Firma, kleine Sorgen. Wachsende Firma, wachsende Sorgen.“ Das war in den Nullerjahren. Was es damit auf sich hat? Start-ups müssen permanent ihre Struktur anpassen, sich entwickeln, verändern. Im Umkehrschluss heißt das: Je größer die Organisation, umso mehr müssen die Verantwortlichen darüber grübeln, wie sie in immer bessere Prozessabläufe und deren Funktionieren investieren. Was es heißt, wenn Organisationen nicht mit den Aufgaben wachsen und (Geschäfts-)Prozesse schleifen lassen, verdeutlichen gescheiterte Unternehmen und Projekte fast im Tagestakt. Sei es, dass Lieferketten nicht funktionieren, Großprojekte in den Sand gesetzt werden oder die Informationssicherheit im Unternehmen nicht mit der zunehmenden Digitalisierung und Vernetzung Schritt halten kann.
Und was für Wirtschaftsunternehmen mit ihren wachsenden Sorgen ein Übel, ist für den öffentlichen Sektor eine doppelte Last. Einerseits möchte der moderne Staat im Modus der „Behörde 4.0“ reibungslos funktionieren und andererseits wachsen die Aufgaben in den Verwaltungen ins Unüberschaubare.
Das Dilemma: Die Öffentliche Verwaltung schwankt zwischen Daseinsvorsorge und einer stärkeren wirtschaftlichen Ausrichtung mit knappen Budgets. Infolge dessen werden beispielsweise Lösungen zur besseren Datenverwaltung in Städten und Kommunen eingeführt – von Dokumentenmanagementsystemen bis zu neuen Internet- und Intranetportalen.
Die Krux: Diese Lösungen sollen Verwaltungen gleichzeitig transparenter machen, nach innen und außen stärker öffnen (Stichwort: eGovernment). Viele Mitarbeiter können mit diesen Veränderungen nicht Schritt halten, Verwaltungsorganisationen ebenso wenig. Hinzu kommt, dass in vielen Kommunen eine digitale Agenda und Gesamtstrategie fehlt.
Ein Knackpunkt, da die Informationstechnologie die Öffentliche Verwaltung immer stärker durchdringt. Das heißt, die Schritte hin zu mehr IT-Unterstützung müssen klar analysiert, geregelt und überwacht und in eine Gesamtstrategie eingebunden werden.
Ein Blick in das E-Government-Gesetz zeigt, weshalb das notwendig ist. Nach § 9 „Optimierung von Verwaltungsabläufen und Information zum Verfahrensstand“ sollen Behörden des Bundes „Verwaltungsabläufe, die erstmals zu wesentlichen Teilen elektronisch unterstützt werden, vor Einführung der informationstechnischen Systeme unter Nutzung gängiger Methoden dokumentieren, analysieren und optimieren.“
Und weiter heißt es: „Dabei sollen sie im Interesse der Verfahrensbeteiligten die Abläufe so gestalten, dass Informationen zum Verfahrensstand und zum weiteren Verfahren sowie die Kontaktinformationen der zum Zeitpunkt der Anfrage zuständigen Ansprechstelle auf elektronischem Wege abgerufen werden können.“
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