Open-Source-Plattformen als Schlüssel für den Aufbau von Smart Cities Offene Systeme für intelligente Städte

Autor / Redakteur: Christof Orth* / Susanne Ehneß

In Ballungsräumen und Städten stehen Verwaltungen vor enormen Herausforderungen. Die Bürger erwarten, dass die Behörden effizienter werden und die Anliegen und Wünsche der Zivilgesellschaft schneller aufgreifen. Dazu müssen Prozesse digitalisiert, Fachverfahren modernisiert und die IT konsolidiert werden.

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Standardbasierte, hochflexible Plattformen – basierend auf Open-Source-Lösungen – fordert unser Gastautor Christof Orth
Standardbasierte, hochflexible Plattformen – basierend auf Open-Source-Lösungen – fordert unser Gastautor Christof Orth
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An vielen Orten der Welt wird an der Umsetzung des Konzepts einer intelligenten Stadt („Smart City“) gearbeitet. Im Jahr 2016 hat beispielsweise der Branchen­verband Bitkom den Wettbewerb „Digitale Stadt“ gestartet, bei dem Darmstadt als Sieger hervorging. Und seit Anfang 2018 wird die südhessische Stadt, unterstützt durch eine Reihe von IT- und Telekommunikationsunternehmen, zu einer digitalen Modellstadt ausgebaut. Dazu sollen die Telekommunikationsnetze erweitert und verbessert werden. Zudem sollen die Verkehrsinfrastruktur, die Energieversorgung, die Schulen und das Gesundheitswesen mit neuesten digitalen Technologien ausgerüstet werden. Auf Basis einer modernisierten Infrastruktur soll die ­Öffentliche Verwaltung künftig ­innovative Online-Anwendungen anbieten können.

Die Smart City Valencia

Die spanische Metropole Valencia mit ihren rund 790.000 Einwohnern ist bereits einen Schritt weiter. In den letzten Jahren hat sich die drittgrößte Stadt des Landes zu einer Smart City gewandelt. Über die „AppValencia“ erhalten Bürger Echtzeit-Informationen über verfügbare Verkehrsmittel, Rechnungen, die online bezahlt werden können oder das Neueste aus der Stadt. Die Basis dafür stellt die Valencia-Ciudad-Inteligente (VLCi)-Plattform bereit. Das technologische Fundament bildet die Internet-of-Things (IoT)-Plattform von Telefónica mit der Cloud-Plattform Red Hat OpenStack als Herzstück, eine Cloud-Plattform, die auf dem Betriebssystem Red Hat Enterprise Linux basiert.

VLCi sammelt die zentralen Daten der kommunalen Dienste und verbessert deren Effizienz. Für die Entwicklung der Apps kommt eine mobile Applikationsentwicklung zum Einsatz. Der Datentransport erfolgt mit einer sogenannten Middleware, die den Austausch zwischen ansonsten isolierten Softwarekomponenten besorgt.

Ein Beispiel dafür ist die Verkehrssteuerung, bei der die Verantwortlichen in Echtzeit die Kontrolle über alles, was auf den Hauptstraßen von Valencia geschieht, erhalten. Zusätzlich verfügbar sind Informationen über Parkplätze, Straßenbeleuchtung und Mülltonnen. Letztere sind mit Sensoren ausgestattet, die via Internet ausgelesen werden. Damit ist eine deutlich ­effizientere Bewirtschaftung möglich.

Die Stadt und die Bürger von Valencia profitieren in vielerlei Hinsicht von dem Smart-City-Konzept: Mithilfe der verbesserten Verkehrssteuerung soll beispielsweise die Luftverschmutzung verringert werden. Angestrebt wird auch, dass die Kosten für Abfallentsorgung, Wasser und Strom durch intelligente Bewirtschaftung der Ressourcen reduziert werden können. Ein schnelles Breitbandnetz ist ein grundlegendes Element, damit Privathaushalte und Unternehmen effizient in die Informationsgesellschaft integriert werden können.

Open Source

Auf allen Ebenen der Öffentlichen Verwaltung – egal ob Bund, Länder, Städte oder Gemeinden – haben es die IT-Abteilungen mit ähnlichen Herausforderungen zu tun: Sie unterliegen einem starken Kosten- sowie einem beachtlichen technischen und organisatorischen Modernisierungsdruck. Der hohe Aufwand für den Betrieb, die Verwaltung und das erforderliche Maß an IT-Sicherheit ist für viele Organisationseinheiten in Anbetracht knapper Budgets kaum noch zu leisten.

Gleichzeitig sind die Anforderungen an die IT ständig gewachsen: neue gesetzliche Vorgaben gilt es zügig umzusetzen, Fachverfahren werden immer anspruchsvoller und die behördenübergreifende Kommunikation sowie eGovernment-Funktionalitäten sollen weiter ausgebaut werden. Mit den traditionellen, vielfach noch auf herstellerspezifischen Technologien beruhenden IT-Inseln lassen sich keine schlanken und flexiblen Entwicklungsprozesse umsetzen und lässt sich kein deutlich effizienterer IT-Betrieb implementieren. Dazu sind vielmehr standardbasierte, hochflexible Plattformen basierend auf Open-Source-Lösungen erforderlich.

Die Konsolidierung dezentraler IT-Ressourcen und Standardisierung von Architekturen spielen daher eine wichtige Rolle in den Rechenzentren. Als Ergebnis sollte dabei ein auf offenen und standardbasierten Komponenten bestehender Ressourcenpool entstehen, der den Mitarbeitern in den Verwaltungen, den einzelnen Dezernaten und ­Ämtern die benötigten Rechen-, Speicher- und Netzwerk-Services bereitstellt.

Verglichen mit herstellerspezifischen Lösungen haben Open-Source-­Lösungen Kostenvorteile. Im Unterschied zu proprietären Unix-Umgebungen bietet der Einsatz von Linux – unterstützt durch einen umfassenden professionellen Service und Support – die Möglichkeit, speziell im Datacenter auf kostengünstigere standardbasierte Hardware zu migrieren.

Unternehmen aus allen Branchen, aber auch Dezernate, Ämter und Institutionen aus allen Bereichen der Öffentlichen Verwaltung, haben sich von proprietären Platt­formen zugunsten einer durch ­Service und Support unterstützten Linux-Betriebssystemplattform verabschiedet, reduzieren ihre Gesamtbetriebskosten und erzielen einen beachtlichen Return on Investment.

Eine Vielzahl von Beteiligten aus Unternehmen, der Öffentlichen Verwaltung, Hochschulen und von Softwareherstellern treibt die Entwicklung von Open-Source-Lösungen in Community-Projekten voran. Sie leben von der Zusammenarbeit vieler, die aktuelle Themen rasch aufgreifen und in Software umsetzen und behalten damit einen Teil ihrer digitalen Souveränität; gemeint ist damit die Fähigkeit, Technologien zu entwickeln, zu verstehen und verantwortungsvoll einzusetzen. Dadurch entstehen schneller innovative Lösungen als bei herstellerspezifischen Anwendungen. Open-Source-Plattformen sind damit schneller auf neue Herausforderungen bei mobilen Applikationen, Big Data, Cloud Computing und Software-defined Storage vorbereitet.

Exemplarisch für das große Innovationspotenzial von Open-Source-Projekten ist das Cloud-Betriebssystem OpenStack. Es ist ­ursprünglich als experimentelle Infrastruktur von Hochschulen und Cloud-Providern gestartet, hat sich in der Zwischenzeit zu einem der größten Open-Source-Projekte entwickelt und wird heute von vielen Cloud-Providern als Basis ihrer Services für Unternehmen ­aller Branchen eingesetzt.

Ein Beispiel dafür, was sich aktuell in deutschen Städten in Bezug auf eGovernment tut, findet sich in Berlin. Das im Sommer 2016 in Kraft getretene Berliner eGovernment-Gesetz bildet die Grundlage für eine Ausweitung der elektronischen Verwaltungsabläufe. Ähnliche Gesetze finden sich auch in anderen Bundesländern wie Bayern, Baden-Württemberg und Sachsen.

In der Bundeshauptstadt fungiert das IT-Dienstleistungszentrum Berlin (ITDZ Berlin) als zentraler Dienstleister der Verwaltung. Im Rahmen seines Strategieprogramms 2020 plant das ITDZ Berlin mehrere Innovationsprojekte durchzuführen, zum Beispiel hinsichtlich einer weitgehenden Automatisierung der IT-Infrastruktur. Um diese Ziele zu erreichen, hat das ITDZ Berlin „Red Hat OpenShift Container Platform“ implementiert – eine Open Source Application Platform, die Organisationen bei der Entwicklung, Implementierung und Verwaltung Container-basierter Applikationen in physikalischen, virtuellen und Cloud-Umgebungen unterstützt.

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