Von Netzwerken, Fellowships und Co-Working: Digitalisierung in den Kommunen Gemeinsam ist man schneller digital
Anbieter zum Thema
Das Perfekte ist der Feind des Guten: Digitalisierung ist ein Entwicklungsprozess. Für erfolgreiche Projekte braucht es vor allem Mut zum ersten Schritt, Austausch und Gemeinschaft, das zeigen auch die Erfahrungen in den kommunalen Verwaltungen.

Wenn Kommunen mit der Verwaltungsdigitalisierung nicht im gewünschten Tempo vorankommen, liegt es zum einen an der Fülle der Aufgaben. Vorgaben nach OZG und DSGVO müssen umgesetzt, Daseinsvorsorge soll gewährleistet werden. Zum anderen mangelt es aber auch an Ressourcen und Know-how. Wie lässt sich Digitalisierung effizient und nachhaltig umsetzen, welche Ansätze haben sich bewährt? Diese Fragen beschäftigen Verantwortliche in den Kommunalverwaltungen.
Die Suche nach Best Practices führt oft zu den europäischen Nachbarn. Aus gutem Grund: Estland, Finnland, Malta und die Niederlande sind laut DESI-Index (Digital Economy and Society Index) der EU-Spitzenreiter bei der Umsetzung digitaler öffentlicher Dienste, während Deutschland auf Platz 18 liegt.
Der Blick in die Nachbarländer zeigt, welche Möglichkeiten und Chancen die Digitalisierung bietet, wie sich dadurch nicht nur das Leben der Menschen verbessern, sondern auch die Arbeit in den Verwaltungen erleichtern lässt. Nur agieren die Verwaltungen anderer Länder eben unter anderen Rahmenbedingungen. Und nicht selten erweisen sich gerade diese Bedingungen, die auf Entscheidungen höherer, meist staatlicher Ebene, beruhen, als die eigentlichen Best Practices.
Es wäre sicher auch hierzulande leichter etwa mit einer Umsetzung der Datenschutzvorgaben in nationales Recht wie in Estland, mit Zentralregistern oder mit einer bestehenden Handysignatur wie in Österreich, das hilft den einzelnen Kommunen jedoch nicht weiter. Denn die Verwaltungen müssen jetzt und unter den gegebenen Bedingungen die Digitalisierung gestalten.
Insellösungen und Teilförderungen
Aktuelle Einblicke in die Arbeitsbedingungen und Herausforderungen, mit denen die örtlichen Verwaltungen konfrontiert sind, vermittelte der hybride Kongress „Digitalisierung der Bayerischen Kommunen“ im November, organisiert von Bayern Innovativ.
Die bayerische Staatsministerin für Digitales, Judith Gerlach, rief bereits in ihrer Begrüßung zu mehr Erfahrungsaustausch auf – entgegen der verbreiteten Tendenz, an den eigenen Insellösungen zu arbeiten und „das Rad neu zu erfinden". Solche punktuellen Ansätze setzen sich aber bis in die Ebene der Projekte selbst fort: So werden bei Digitalisierungsprojekten für die Öffentlichen Verwaltungen häufig Teilaspekte gefördert – und zwar durch unterschiedliche Ministerien.
Prof. Diane Ahrens, wissenschaftliche Leiterin des Technologie Campus Grafenau, Technische Hochschule Degendorf, verdeutlichte das in ihrer Keynote am Beispiel des Projekts „Digitales Dorf Bayern“. Ist die Förderlandschaft für die einzelnen Kommunen ohnehin schon kaum zu überblicken, kommt die Koordination dieser unterschiedlichen Förderungen in einem einzelnen Projekt dann erschwerend hinzu. Gefördert werde zudem meist nur die erste Projektphase – das bekräftigten auch mehrere Teilnehmer der anschließenden Podiumsdiskussion. Ergebnis: Viele kleine Pilotprojekte statt ganzheitlicher Umsetzung. Wie also die PS auf die Straße bekommen? Neben Forderungen an die Politik, verstärkt Umsetzungen zu fördern und nicht nur Innovationen, teilten die Diskussionsteilnehmer auch Lösungsansätze, die sich bewährt haben:
- Netzwerke und Verbünde für Projekte und regelmäßigen Austausch etablieren zum Beispiel in Form regionaler Initiativen, über die Prof. Christian Schachtner, (CDO) IU Internationale Hochschule und Stadt Kempten berichtete.
- Um einen Kern herum ein „Ökosystem“ aufbauen und dabei anknüpfen an bestehende Gemeinschaften/Akteure vor Ort – wie es etwa Regensburg, das über eine ausgeprägte Kultur- und Kreativwirtschaft verfügt, mit dem „Labor der kreativen Köpfe“ umgesetzt hat. Darüber berichtete Franziska Meier, Smart City Koordinatorin der Stadt Regensburg.
- Für ländliche Gebiete kommen dafür auch Co-Working-Projekte in Frage, in deren Umfeld weitere Dienstleistungen und Versorgungsangebote angesiedelt werden können.
- Synergieeffekte nutzen: Prof. Ahrens beschrieb, wie Weiterbildungsangebote für Senioren, digitale Mobilitätslösungen und Telemedizinprojekte ineinandergreifen können.
- Digitale Zwillinge nutzen und mit Einrichtungen und Verwaltungen zusammenarbeiten, die diese bereits einsetzen – auch auf internationaler Ebene. Als Vorbild wurden Projekte in den Niederlanden und in Singapur beschrieben.
Eine Kernbotschaft ist letztlich: Nicht nach der perfekten Lösung suchen, sondern anfangen und iterativ verbessern – denn Digitalisierung ist ein Prozess.
(ID:48955323)