Künstliche Intelligenz und Distributed-Ledger-Technologie Die Verwaltung braucht Know-how und Kooperationen

Von Susanne Ehneß

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Mit dem Einsatz von KI und DLT im Public Sector hat sich das Büro für Technikfolgenabschätzung befasst. Demnach ist KI in der Verwaltung bislang nur ein Nischenthema.

Die Komplexität der Technologie erfordert Know-how
Die Komplexität der Technologie erfordert Know-how
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Welche Chancen und Herausforderungen gibt es beim Einsatz von künstlicher Intelligenz (KI) und Distributed-Ledger-Technologie (DLT) im öffentlichen Bereich? Diese Frage hat sich der Ausschuss für Bildung, Forschung und Technikfolgenabschätzung gestellt und das Büro für Technikfolgen-Abschätzung beim Deutschen Bundestag (TAB) mit der Beantwortung beauftragt.

KI wird laut dem nun vorgelegten Bericht derzeit auf Bundes-, Landes- und kommunaler Ebene auf vielfältige Weise genutzt, ist aber eher ein Nischenthema. Zudem würden viele Projekte als KI bezeichnet, seien de facto aber konventionelle IT-Anwendungen. DLT sei in der Öffentlichen Verwaltung gar „kaum verbreitet“.

Während ein Einsatz von DLT unter anderem die Automatisierung von Registern vorantreiben, den Nutzen von digitalen Bürgeridentitäten verstärken und bislang papierbasierte Prozesse optimieren könne, weise KI Potenzial vor allem in drei Kernbereichen auf:

  • Effizienzsteigerung durch Zeit- und Kosteneinsparung und die weitgehende Automatisierung von Routineaufgaben.
  • Erschließung neuer Interaktions- und Kommunikationswege zwischen Verwaltung und Bürgern und Unternehmen, beispielsweise Chatbots.
  • Detaillierte Prognosen als Entscheidungsgrundlage für Planungs- oder andere Verwaltungsprozesse: Auf Bundesebene beispielsweise in Bezug auf Sicherheit, Versorgung, Verbraucherschutz oder Migration, auf Landesebene für die Schul- und Kitaentwicklung oder staatliche Sozialtransferleistungen und auf kommunaler Ebene beispielsweise für nachhaltige Infrastrukturplanungen.

Praxisbeispiele: KI

Auf Bundesebene hat laut TAB-Analyse beispielsweise das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge verschiedene KI-Anwendungen erprobt, einige befinden sich im Regelbetrieb: das „Integrierte Identitätsmanagement“, die „Profilanalyse“ und „Ähnlichkeitssuche“ im „Migrations-, Asyl- und Reintegrationssystem“ (MARiS). Zudem hat die Bundesverwaltung im Zuge der Corona-Pandemie den ressortübergreifenden Chatbot „C-19“ für eine bürgernahe Kommunikation mithilfe lernender Technologie eingesetzt.

Das Bundesfinanzministerium nutzt KI-Methoden zum Beispiel in den Haushaltsverfahren zur Verbesserung von Effizienz, Qualität und Sicherheit; auch für den Steuerbereich ist der Einsatz von KI angedacht, um beispielsweise die Steuergestaltung zu analysieren. Die Zentralstelle für Finanztransaktionsuntersuchungen nutzt KI für die Bewertung von Verdachtsmeldungen – beispielsweise bei Geldwäsche oder Terrorismusfinanzierung, und das Bundesverteidigungsministerium testet eine automatisierte Mustererkennung für die Früherkennung von Krisen und Kriegen.

In Bezug auf den Einsatz KI-basierter Anwendungen befinden sich deutsche öffentliche Verwaltungen noch in der Erkundungsphase

aus dem Bericht des Büros für Technikfolgenabschätzung

Auch die Bundesländer erproben KI-Verfahren in der Öffentlichen Verwaltung, Schleswig-Holstein nimmt laut Bericht dabei eine Vorreiterrolle ein. So entwickelte die Landesregierung den Handlungsrahmen „Künstliche Intelligenz – Strategische Ziele und Handlungsfelder für Schleswig-Holstein“, wobei sich „KI@Verwaltung“ als eines von insgesamt acht Handlungsfeldern auf die strategische Entwicklung, Erprobung und Evaluation verschiedener KI-basierter Pilot- und Innovationsprojekte konzentriert. Die Stadtstaaten Berlin und Hamburg nutzen KI für die Verkehrssteuerung via Echtzeitauswertung von Kameraaufnahmen, etwa am Ernst-Reuter-Platz beziehungsweise am Hamburger Hafen. Und Hessen nutzt KI zur Auswertung von Steuerdaten im Rahmen der Steuerfahndung.

Auf kommunaler Ebene sind laut Bericht textbasierte KI-Dialogsysteme in Form von Chatbots recht verbreitet, und auch Bilderkennungssysteme zur Identifikation von Straßenschäden werden eingesetzt.

Potenzial von DLT

Die Potenziale von DLT – oft synonym zu „Blockchain“ verwendet – sehen die Autoren des Berichts vornehmlich in

  • Effizienzsteigerungen: Verwaltungsprozesse durch „Smart Contracts“ automatisieren und damit Bürokratie abbauen und Fehlerquellen reduzieren;
  • Zugewinnen bei der Datensicherheit: Steigerung der informationstechnischen Widerstandsfähigkeit durch kryptografisch sichergestellte Datenintegrität und eine dezentrale Netzwerkarchitektur;
  • Vertrauensvorschuss der Bürger und Unternehmen in öffentliche Institutionen durch transparenten Verwaltungsprozesse.

Dazu passend nennen die Autoren sechs Themenbereiche, in denen das Potenzial von DLT ausgespielt werden kann:

  • Öffentliche Registerführung,
  • digitale Bürgeridentitäten,
  • Dokumentenverifikation,
  • Dokumentation von Produktions- und Lieferketten,
  • Wahlen sowie
  • interorganisationale Zusammenarbeit.

Beispiel: Digitale Bürgeridentitäten

Der Bericht nennt ein Beispiel für „digitale Bürgeridentitäten“: In einem Projekt wurde das Potenzial von DLT für selbstverwaltete digitale Bürgeridentitäten auf Basis einer öffentlichen Ethereumblockchain ausgelotet. Dabei wurde jede Identität durch einen „Smart Contract“ repräsentiert sowie eine Webanwendung entwickelt, um den Nutzern Zugriff auf die Funktionalität zu geben und die persönlichen Daten zu verwalten.

Dabei wurden die persönlichen Merkmale nicht in der Blockchain abgelegt, sondern ein eindeutiger Hashwert – eine Art digitaler Fingerabdruck der Daten – hinterlegt. Dieser Wert kann dann von einer oder mehreren Parteien verifiziert werden.

Denkbar wäre beispielsweise, dass die Nutzer als persönliches Merkmal das Geburtsdatum wählen und für eine Verifikation mit ihrem Personalausweis zum Bürgeramt gehen. Das Bürgeramt würde dann als Nutzer des Systems ebenfalls den Hashwert des Geburtsdatums ermitteln, mit dem bereits in der Blockchain abgespeicherten Wert vergleichen und bei Gleichheit der Hashwerte eine Verifikation dieses Merkmals in der Blockchain hinterlegen. Die Eigentümer der Identität könnten Dritten ihre geprüfte Identität vorzeigen und sich somit sicher digital ausweisen.

Auf der nächsten Seite: Projekte aus dem Ausland.

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