Digitalisierung der Verwaltungen in Deutschland Die Menschen nicht vergessen
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Bei der Digitalisierung der Öffentlichen Hand zählen vor allem Zahlen, Daten, Fakten. Sie sollen den Fortschritt belegen. Vergessen werden dabei oftmals Mitarbeiter und Bürger. Dabei sind sie es, die mit den neuen Systemen arbeiten müssen und von ihnen profitieren sollen.

Plötzlich ist alles anders. Die Covid-19-Pandemie hat Deutschlands Behörden den Spiegel vorgehalten. Papierbasiertes Arbeiten, analoge Systeme und Vor-Ort-Termine im Bürgerbüro waren von heute auf morgen nicht mehr möglich. Eine mangelnde oder gar fehlende digitalisierte und cloudbasierte Arbeitsumgebung machte es für viele Mitarbeiter in Behörden anfangs unmöglich, aus dem Homeoffice heraus zu arbeiten. Verwaltungen mussten schnell handeln, um arbeitsfähig zu bleiben.
Digitale Services rückten daher in den Fokus vieler Kommunen. Sie wurden vereinfacht oder ausgebaut und stärker genutzt als zuvor. Laut einer Studie von next:public (2020) fielen die Erfahrungen viele Bürger dabei allerdings überwiegend negativ aus. Fast die Hälfte war nach der Nutzung unzufrieden und nur ein Fünftel zufrieden. Ein Jahr später hat die Nutzung der Online-Services nur leicht zugenommen. Die Unzufriedenheit unter den Befragten ist jedoch von 47 Prozent auf 65 Prozent gestiegen.
Die bisher angebotenen Online-Services müssen also dringend optimiert werden. Gleichzeitig darf der Ausbau der Services nicht ins Stocken geraten. Denn das Onlinezugangsgesetz (OZG) fordert, dass bis Ende 2022 rund 600 Verwaltungsdienstleistungen online angeboten werden müssen. Am Erreichen dieses Ziels gibt es jedoch Zweifel: Das aktuelle Gutachten der Expertenkommission Forschung und Innovation (EFI) legt offen, dass von den geforderten Verwaltungsdienstleistungen im September 2021 erst knapp 15 Prozent umgesetzt und verfügbar waren. Aber woran liegt das?
Es fehlt die passende Strategie
Vor der Pandemie haben viele Verwaltungen die Dringlichkeit der Digitalisierung nicht erkannt und sich daher eher unzureichend darauf vorbereitet. Eine Umfrage aus dem Jahr 2020 von kobaltblau Management Consultants unter 136 Behörden auf Bund-, Länder- und Kommunalebene bestätigte, dass zum damaligen Zeitpunkt über 90 Prozent der Befragten keine final abgestimmte Digitalstrategie hatten. Immerhin gut 80 Prozent arbeiteten an einer. Dabei sahen etwa drei Viertel die Digitalisierung als Aufgabe der Vorgesetzten und damit die Verantwortlichkeit klar verankert. Bei mehr als zwei Dritteln der befragten Organisationen war jedoch keine entsprechende Rolle auf Führungsebene etabliert.
Die Pandemie hat wachgerüttelt, doch die Digitalisierung geht nur schleppend voran. In vielen Institutionen fehlt es nach wie vor an Wissen rund um die digitale Transformation und die notwendige Organisationskultur, um den Digitalisierungsprozess zu starten. Sie stoßen auf internen Widerstand durch eine mangelnde Veränderungsbereitschaft. Darum braucht es Führungspersönlichkeiten, die überzeugen und Begeisterung dafür schaffen, neue Wege zu gehen. Sie müssen alle Mitarbeiter abholen und durch gezielte Weiterbildungen und effektive Motivation dafür sorgen, dass jeder die Veränderung mitgeht und mitträgt.
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