Schulturnhallen-Urteil betrifft auch eGovernment

Redakteur: Gerald Viola

Das Urteil des Bundesfinanzhofes vom 10. November 2011, das heute veröffentlicht wurde, wird die Juristen in Kommunen und kommunalen Rechenzentren schwitzen lassen. Dabei ging es eigentlich nur um den Vorsteuerabzug für die Errichtung einer Sport- und Freizeithalle.

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Bundesfinanzhof sieht Mehrwertsteuer-Pflicht bei kommunalen Rechenzentren
Bundesfinanzhof sieht Mehrwertsteuer-Pflicht bei kommunalen Rechenzentren
(Foto: arahan - Fotolia.com)

Der Bundesfinanzhof (BFH) hat nämlich entschieden (AZ: V R 41/10), dass nachhaltig und gegen Entgelt erbrachte Leistungen der Öffentliche Hand der Umsatzsteuer unterliegen, wenn diese Tätigkeiten auf zivilrechtlicher Grundlage oder - im Wettbewerb zu Privaten - auf öffentlich-rechtlicher Grundlage ausgeführt werden.

Der BFH: „Dabei reicht es aus, wenn die Nichtbesteuerung der Öffentlichen Hand zu einer nicht nur unbedeutenden Wettbewerbsverzerrung führen würde. Diese, auf einem EuGH-Urteil von 2008 beruhende, geänderte Sichtweise führt zu einer erheblichen Ausweitung der Umsatzsteuerpflicht für die Öffentliche Hand im Vergleich zur gegenwärtigen Besteuerungspraxis der Finanzverwaltung.“

Die Münchner Richter zum Komplex eGovernment: „Von allgemeinem Interesse ist die Klarstellung, dass auch sogenannte Beistandsleistungen, die zwischen juristischen Personen des öffentlichen Rechts wie zum Beispiel Gemeinden erbracht werden, steuerpflichtig sind, sofern es sich um Leistungen handelt, die auch von Privatanbietern erbracht werden können. Entgegen der derzeitigen Besteuerungspraxis können danach auch die Leistungen kommunaler Rechenzentren umsatzsteuerpflichtig sein.“

Mit dem Urteil setzt der BFH seine jüngere Rechtsprechung fort, nach der auch die privatrechtlich erteilte Erlaubnis zum Aufstellen von Automaten in Universitäten (BFH v. 15. April 2010 V R 10/09) oder die Überlassung von Pkw-Stellplätzen in Tiefgaragen durch eine Gemeinde auf hoheitlicher Grundlage als entgeltliche Umsätze der Umsatzsteuer unterliegen (BFH v. 1. Dezember 2011 V R 1/11).

Im eigentlichen Streitfall begehrte eine Gemeinde den Vorsteuerabzug für die Errichtung einer Sport- und Freizeithalle. Die Gemeinde nutzte die Halle für den Schulsport ihrer Schulen, überließ die Halle aber auch gegen Entgelt an private Nutzer sowie an eine Nachbargemeinde für den dortigen Schulunterricht.

Der BFH hat die Umsatzsteuerpflicht der Tätigkeiten mit Ausnahme der Nutzung für den eigenen Schulsport bejaht. Die Gemeinde ist deshalb zum anteiligen Abzug der Vorsteuer entsprechend der Verwendungsabsicht bei Errichtung der Halle berechtigt.

Das Urteil V R 41/10 steht im Volltext auf der Internetseite des BFH zur Verfügung.

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