Steuerrecht Stolperstein „Tax Compliance“
„Ich habe in meinen Aufgabenbereichen manchmal eine andere Meinung als mein Chef. Dennoch muss ich nach Anweisung handeln – und ich bin die Person, die dann haftet. Was soll ich in diesen Fällen tun?“ Mitarbeiter von Einrichtungen der Öffentlichen Hand kennen dieses Dilemma. Zukünftig werden sie vermehrt zur Verantwortung gezogen. Daher ist es wichtig, sich schnell mit wichtigen Neuerungen zu beschäftigen und Prozesse anzupassen.
Anbieter zum Thema

Einrichtungen und Unternehmen der Öffentlichen Hand haben es mit großen Schwierigkeiten zu tun: Der Verwaltungsaufbau ist komplex, Abgrenzungsregelungen zwischen steuerpflichtigen und nicht-steuerpflichtigen Bestätigungsbereichen sind unscharf und in vielen Fällen fehlt die Fachkompetenz im Bereich Steuern.
Künftig wird es wohl kaum noch möglich sein, im Tagesgeschäft ohne Tax-Compliance-Systeme zu arbeiten. Es werden voraussichtlich deutlich mehr Institutionen durch eine Betriebsprüfung in die Pflicht genommen. Mit Tax Compliance können Ungereimtheiten im Vorhinein abgewendet werden – ansonsten droht eine persönliche Haftung mit einer Geldstrafe von bis zu einer Million Euro oder sogar einer Freiheitsstrafe.
Steuerhinterziehung?
Potenziell kann sich jeder Mitarbeiter einer Verwaltung oder öffentlichen Einrichtung sehr leicht strafbar machen. Ein Organisationsverschulden kann schnell zur Haftung einer Einzelperson führen. Und Delegation vermeidet weder Verantwortung noch Strafe. Um Klarheit und Sicherheit in die eigene Arbeit zu bringen, lohnt es sich, so viel wie möglich zu dokumentieren. Unterschriften vom Chef und von Kollegen sollten zu einzelnen Aufgabenteilen eingeholt werden. Im Ernstfall ist diese ständige Absicherung neben der Nutzung einer Kontrollsoftware von großem Vorteil.
Was ist ein TCS?
Ein Tax Compliance System (TCS) ist ein innerbetriebliches Kontrollsystem für kommunale Einrichtungen und Unternehmen. Es stellt sicher, dass alle steuerrelevanten Prozesse organisiert sind. Fallstricke bei Kommunen sind vor allem die Abgrenzung von unerkannten Betrieben gewerblicher Art (BgA) und hoheitlicher Tätigkeit, Anwendungsprobleme bei der Neuregelung der Umsatzbesteuerung (seit 2016 gültig) oder die korrekte Erstellung und Übertragung von E-Bilanzen. Tax-Compliance-Systeme helfen dabei, diese Problembereiche zu klären und eine vollständige und inhaltlich sowie formal richtige Steuererklärung abzugeben.
Tax Compliance ist in bestehende Prozesse zu integrieren. Folgende Vorgehensweise eignet sich dafür: An erster Stelle steht die Risikoidentifizierung inklusive Kategorisierung und Priorisierung. Anschließend sollte diese in einem Steuerhandbuch dokumentiert werden. Für die Umsetzung müssen Zuständigkeiten zur Beachtung steuerlicher Vorschriften organisiert und IT-Prozesse etabliert beziehungsweise angepasst werden. Um Schwachstellen zu vermeiden, ist eine Kontrolle innerhalb der Prozesse und auch über die gesamten Abläufe hinweg notwendig. Diese Funktion kann am besten ein in diesem Bereich ausgebildeter Tax-Compliance-Beauftragter, der das Wissen in die Einrichtung hereinträgt, übernehmen.
Funktionsweise
Nach der ordnungsgemäßen Einrichtung erfasst und dokumentiert das Tax Compliance System alle Prozesse, die für die Steuer relevant sind. Das Steuerhandbuch, das auch in die bestehenden Prozesse integriert werden kann, beschreibt die Aufbau- und Ablauforganisation der Kommune. Außerdem werden alle Aufgaben, die für die Erfüllung der steuerlichen Pflichten wichtig sind, bestimmten Abteilungen zugewiesen. Das System berücksichtigt Zuständigkeiten, Vertretung, Vier-Augen-Prinzip und interne oder externe Kontrolle. Die konkreten Aufgaben werden automatisch in die Arbeitsabläufe und die ERP-Software integriert.
Zudem identifiziert und bewertet eine Matrix steuerliche Risiken und schlägt Maßnahmen zu deren Vermeidung vor. Dazu gehört auch die Vorgabe regelmäßiger Fortbildungen der Verantwortlichen für steuerrelevante Prozesse.
Datenspeicherung
Hinzu kommt noch eine zweite regulatorische Neuerung, die die Situation verschärft. Ab 25. Mai 2018 wird die EU-Datenschutz-Grundverordnung unmittelbar in jedem EU-Mitgliedsstaat gelten. Für die Öffentliche Hand bedeutet dies, dass noch mehr Wachsamkeit nötig ist – sowohl bei neuen als auch bei bereits gespeicherten personenbezogenen Daten sowie deren Verarbeitung. Bei fahrlässigem Handeln drohen künftig bis zu 20 Millionen Euro statt zuvor bis 300.000 Euro Geldstrafe. Auch dieses Risiko muss entsprechend gemanaged werden.
Ganz knapp heruntergebrochen, lässt sich die Situation am besten mit folgender Vorgehensweise klären: Durchführung einer Gefährdungsanalyse bezüglich bestehender datenschutzrechtlicher Risiken, Modifizierung bzw. Implementierung eines Datenschutz-Management-Systems und anschließend eine Anpassung der bisherigen Strukturen und Prozesse an die neuen Vorgaben. Grundsätzlich ist zu beachten, dass Datenerhebung und -verwendung verboten sind, es sei denn, es liegt eine Einwilligung oder gesetzliche Ermächtigungsgrundlage vor.
Fazit
Die meisten Personen, die im öffentlichen Sektor tätig sind, hatten jahrelang keine Berührung mit Tax Compliance. Für viele Personen mit Entscheidungsbefugnis ist dieses Thema jedoch unumgänglich geworden: Die eigenen Prozesse müssen unter die Lupe genommen und an die Neuerungen angepasst werden. Eine Beratung ist dabei hilfreich, denn Leichtsinnigkeit und Nichtbeachten müssen häufig teuer bezahlt werden.
Infoveranstaltung
Das Stammhaus Koblenz der Wirtschaftsprüfungs- und Steuerberatungsgesellschaft DORNBACH hat im November 2017 den Thementag „Kommunales DORNBACH Forum“ zu steuerlichen Änderungen veranstaltet, die kommunale Einrichtungen sowie gemeinnützige Organisationen betreffen. Der Fokus lag dabei auf Tax Compliance und der neuen EU-Datenschutz-Grundverordnung. Am 16. November 2018 findet das nächste „Kommunale Forum“ statt. Weitere Informationen finden Sie auf der Website von DORNBACH.
*Der Autor: Helmut Loch, vereidigter Buchprüfer und Steuerberater am Stammsitz Koblenz der Wirtschaftsprüfungs- und SteuerberatungsgesellschaftDORNBACH
(ID:45178532)