Geodaten als kommunaler Wirtschaftsfaktor Kommunen wollen bei GIS mehr Mitspracherecht

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Eine Studie des Deutschen Städtetags, des Deutschen Landkreistages und des Deutschen Städte- und Gemeindebundes belegt, dass die Kommunen in Deutschland längst die Bedeutung und Notwendigkeit von Geo­informationssystemen erkannt haben und sie diese Systeme zum Teil bereits umfassend nutzen. Doch es gibt Probleme.

Wissen wo's langgeht! Kommunen entdecken den Wert von GIS-Anwendungen
Wissen wo's langgeht! Kommunen entdecken den Wert von GIS-Anwendungen
(Foto: Iakov-Kalinin - Fotolia.com)

So sind die Verfasser der Studie überzeugt davon, belegen zu können, dass die Kommunen bislang die Hauptlast beim Aufbau eines künftigen landesweiten Geoinformationssystems getragen haben. Entsprechend fordern sie weitreichendere Mitspracherechte als ihnen bislang zugestanden werden.

eGovernment Computing sprach mit Kay Ruge vom Deutschen Landkreistag über die aktuelle Situation in den Kommunen und die Möglichkeiten sie in den INSPIRE-Prozess und andere GIS-Initiativen besser einzubinden.

Herr Ruge, die Kommunen in Deutschland schneiden beim Einsatz von Geoinformationen in ihren Verwaltungen erstaunlich gut ab. Worauf führen Sie dieses gute Ergebnis zurück?

Ruge: Mithilfe hochwertiger Geo­informationen lassen sich kommunalpolitische Zielsetzungen, inte­grative Planungsprozesse sowie strategische Entscheidungen anschaulich erläutern. Viele Kommunen haben die Mehrwerte von Geoinformationen als wichtiges Kommunikations- und Informationsinstrument für Bürger, Politik und Wirtschaft bereits erkannt und sind auch angesichts der gestiegenen Erwartungen an die Servicequalität auf diesem Gebiet tätig geworden.

Die hohe Umfragebeteiligung von 1.018 Kommunen ist neben dem erheblichen Umfang der internen und öffentlichen Geodatenbereitstellung ein Indiz für die vielseitigen kommunalen GDI-Aktivitäten. So stellen 288 von 300 (etwa 95 Prozent) an der Umfrage teilnehmenden Kreise und kreisfreien Städte Geoinformationen intern und/oder öffentlich bereit.

Veröffentlicht werden vorrangig Bauleitpläne sowie Geobasis-, Umwelt-, Tourismus- und Wirtschaftsdaten. Diese Aktivitäten sind bisher nicht analysiert worden – weder in den Geo-Fortschrittsberichten der Bundesregierung noch in Veröffentlichungen der Länder-GDIen.

Dr. Kay Ruge, Beigeordneter für Verfassung, Europa und Neue Medien beim Deutscher Landkreistag
Dr. Kay Ruge, Beigeordneter für Verfassung, Europa und Neue Medien beim Deutscher Landkreistag
(Foto: Deutscher Landkreistag)

Angesichts dessen haben die kommunalen Spitzenverbände – initiiert durch ihr Kommunales Koordinierungsgremium GDI (KoKo GDI-DE) unter Einbindung des „Runder Tisch GIS“ – Anfang 2012 eine bundesweite kommunale Umfrage durchgeführt.

Wo sehen Sie noch Verbesserungsbedarf?

Ruge: Die derzeit veröffentlichten Geoinformationen bilden nur einen vergleichsweise geringen Anteil, gemessen an den behördenintern zur Verfügung gestellten Geoinforma­tionen. Die momentane Zurückhaltung der Veröffentlichung dieser Daten resultiert insbesondere aus datenschutzbedingten Unsicherheiten sowie möglichen kommerziellen Interessen.

Geodienste in Form von Web-Diensten stellen momentan nur wenige Kommunen bereit – die Durchdringung der Geodatentechnologie in den Kommunen beinhaltet demzufolge noch erhebliches Ausbaupotenzial. Zudem sind weitere Einsatzmöglichkeiten von Geoinformationen denkbar, etwa in den Bereichen Bürgerservice, Ordnungswesen, Bildung, Kultur, Gesundheit, Verbraucherschutz, Soziales, Jugend, Schule, Umwelt und Planung sowie Wirtschaft, Energie und Verkehr.

Viele technische Herausforderungen lassen sich nur im regionalen GDI-Verbund lösen. Regionalinitiativen und Kooperationen auf Kreis­ebene haben sich mittlerweile als geeignete Kommunikationsplattformen bewährt. Erfahrungen und Strategien werden ebenso ausgetauscht wie neue Ideen und Vorschläge zu weiteren Projekten. Zudem sind auch eine stärkere technische und organisatorische Verzahnung der Kommunal- und Landesaktivitäten wünschenswert sowie weitere Projekte zur flächendeckenden, regional einheitlichen Bereitstellung von Geoinformationen.

Mithilfe von Wissensdatenbanken, Dokumentenmanagement- und Vorgangsbearbeitungssystemen sowie Zuständigkeitsfindern soll das kommunale Dienstleistungsangebot ausgeweitet und organisatorische Abläufe optimiert werden. Obwohl viele dieser Projekte mit Geoinformationen verknüpft werden können, ist de facto bisher nur ein Teil anschaulich als Bürgerinformationen aufbereitet oder zur internen Steuerung politischer Prozesse herangezogen worden.

Föderales Geodatenmanagement muss auch hier ansetzen und eine weitere Verzahnung mit den anderen eGovernment-Projekten auf Kommunal- und Landesebene umsetzen. Zudem liegt es auf der Hand neben Wirtschafts-, Verbands-, Landes- und Bundesvertretern auch die Kommunen verstärkt in den Prozess der nationale Geoinformationsstrategie mit einzubeziehen und das Thema im IT-Planungsrat zu behandeln.

Wie ließe sich Ihrer Meinung nach Geoinformation mit Open Data verknüpfen?

Ruge: Grundsätzlich fordert die Open-Data-Bewegung eine unentgeltliche und lizenzfreie Bereitstellung der Informationen. Angesichts diverser Initiativen (zum Beispiel NRW-Landtag, der Hamburger Bürgerschaft oder der Stadt Berlin) stellen sich in der Tat Fragen der Einbeziehung der kommunalen Geoinformationen. Die GDI-Umfrage hat gezeigt, dass bereits viele Kommunen Geoinformationen öffentlich unentgeltlich zur Verfügung stellen.

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Geodaten stellen allerdings mitunter einen erheblichen wirtschaftlichen Wert dar. In den Geodatenzugangsgesetzen sind keine allgemeingültigen Rechtsgrundlagen über die Kostenpflicht in Form von Nutzungsbestimmungen und Lizenzregelungen festlegt. Nicht zuletzt deshalb ist das Vorgehen von Bund, Ländern und kommunalen Spitzenverbänden sinnvoll, Geldleistungsregelungen für die Nutzung zu überprüfen und Empfehlungen für einheitliche Geldleistungsmodelle zu entwickeln, die Anreize zur Nutzung liefern. Zudem ist zu berücksichtigen, dass eine möglichst kostenfreie Abgabe von Daten deren Weiterverarbeitung fördern und über Innovationen sowie den Aufbau von Geschäftsmodellen wirtschaftliche Impulse setzen kann.

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