Dataport Föderale IT-Kooperation mit Phoenix
Die Digitale Souveränität des Staates sichern und Abhängigkeiten von einzelnen Herstellern vermeiden. Nichts weniger plant Dataport mit seinem Projekt Phoenix. eGovernment Computing sprach mit dem Dataport-Vorstand Johann Bizer über die Hintergründe.
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Herr Bizer, worum handelt es sich beim Projekt Phoenix, und was ist seine Zielsetzung?
Bizer: Ich fange mal mit der Zielsetzung an. Das Thema Digitale Souveränität rückt ja immer mehr in den Mittelpunkt der Verwaltungsdigitalisierung. Die Schlussfolgerung aus dieser Diskussion ist für mich, dass wir uns als Öffentliche Verwaltung nicht von einem einzigen Dienstleister abhängig machen können. Wir begeben uns in Abhängigkeiten, in dem Moment, in dem wir faktischen oder rechtlichen Monopolen begegnen. Das gilt auch für den Fall, wenn Softwarehersteller ihr Geschäftsmodell ändern, und ihre Software nicht mehr on premise, sondern über eine Cloud-Only-Strategie aus ihren eigenen Rechenzentren vertreiben beziehungsweise als Service anbieten.
Hinzu kommt der Trend, Daten und Services immer mehr zum Handelsgut zu machen. Und natürlich hat der „Trump-Faktor“ zu einer nicht geringen Verunsicherung geführt – auch in den Öffentlichen Verwaltungen. Das muss man an der Stelle jetzt aber nicht weiter ausführen. Aus diesen Trends haben wir bei Dataport eine Hybrid-Strategie für alle Bereiche, in denen wir tätig sind, abgeleitet.
Kurz gesagt ist unser Ziel die Entwicklung eines webbasierten IT-Arbeitsplatzes für den öffentlichen Sektor, der auf Open Source basiert und eine Alternative zu Produkten marktbeherrschender Hersteller bietet, die Digitale Souveränität der Verwaltung schützt und sich in Schulen, in Öffentlichen Verwaltungen, Universitäten und Kultureinrichtungen sowie allen anderen öffentlichen Bereichen einsetzen lässt.
Uns schwebt ein alternativer digitaler Arbeitsplatz für die Verwaltung vor, der auf den gängigen Tools für die tägliche PC-Arbeit basiert – Mail, Kalender, Textverarbeitungsprogramme, Chat, Videokonferenz –, aber eine Integration in bestehende Infrastrukturen ermöglicht, also zum Beispiel die Anbindung von Fachverfahren.
Ist das denn angesichts der Marktmacht globaler Anbieter eine realistische Option?
Bizer: Wir haben bei Dataport in den vergangenen Jahren gelernt, wie wichtig es ist, immer auch eine Alternative zur Hand zu haben. Gleiches gilt für die Digitale Souveränität – sowohl bei uns selbst, wie bei unseren Auftraggebern und Kunden. Das ist der strategische Wert des Phoenix-Projektes. Hinzu kommt, dass wir eben auch Auftraggeber haben, denen es wichtig ist, nicht von einem Hersteller abhängig zu sein.
Was nun die die wirtschaftlichen und technischen Rahmenbedingungen betrifft, so haben wir uns seit Beginn des vergangenen Jahres intensiv mit der Frage beschäftigt, wie der Open-Source-Markt aussieht und ob es möglich ist, auf einem Webclient die Funktionalitäten einer OfficeSuite zu bündeln. Wir sind zu dem Schluss gekommen, dass das problemlos möglich ist.
Hinzu kommt, dass es inzwischen auch einen Markt an Software-Anbietern gibt, die ein solches Vorhaben mittragen können und wollen. Es gibt mittlerweile einen Markt an Anbietern, die ein solches Vorhaben nicht nur aktiv unterstützen,sondern uns auch einen Second- und Third-Level-Support geben. Damit liefern sie uns – was uns auch die klassischen Softwarehersteller anbieten – nämlich eine kontinuierliche Weiterentwicklung der Produkte und Unterstützung bei möglichen Problemen. Und es handelt sich dabei um deutsche beziehungsweise europäische Anbieter.
Dennoch, kann Phoenix wirklich zu einem Modell der föderalen Zusammenarbeit werden? Oder ist das Ganze nicht doch eine Neuauflage der deutschen Kleinstaaterei mit digitalen Mitteln?
Bizer: Ob Phoenix ein Erfolg wird, muss zunächst einmal die Zukunft zeigen. Den Einwand der Kleinstaaterei greife ich aber nicht nur gerne auf, ich möchte die Frage sogar noch zuspitzen. Denn man muss das ja wirklich ernsthaft hinterfragen, weshalb wir jetzt Geld ausgeben für etwas, das es schon gibt. Die Antwort darauf lautet: Ja, das sollte man nicht tun, es sei denn, man befindet sich in einer Situation der Abhängigkeit, aus der man sich befreien muss.
Dass wir damit nicht so falsch liegen, zeigt sich für mich auch in der positiven Resonanz, die unser Projekt erfährt. Es gibt in der Tat viele öffentliche Einrichtungen auf allen Ebenen, die uns sagen: Das wollen wir! Dabei erweist sich gerade der Open-Source-Gedanke immer wieder als wirksamer Hebel, da die entwickelten Produkte eben nicht nur allen zur Verfügung stehen, sondern wir auch alle einladen, an der Pflege und Weiterentwicklung mitzuarbeiten. Dieses Angebot trifft auf eine große Bereitschaft, die mich oft selbst überrascht.
Wir haben zudem eine Ausschreibung angestoßen, über die wir Dienstleistungsunterstützung einkaufen, um unseren Kunden einen reibungslosen Support bieten zu können. Das ist gerade im Open-Source-Umfeld und der öffentlichen Hand enorm wichtig. Das wird dem Projekt nochmals Schwung geben. Da bin ich mir sicher. Hinzu kommt, dass jeder entscheiden kann, ob er die Phoenix-Produkte im Dataport- oder über ein anderes Rechenzentrum betreibt. An dieser Stelle öffnet sich dann auch der Bogen zur deutschen Verwaltungs-Cloud, die ja auch der IT-Planungsrat vorantreiben will. Also ein Verbund von Rechenzentren, in denen die gleichen Anwendungen laufen. Damit ließe sich die Basis für eine gleichberechtigte föderale IT-Kooperation legen.
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