Aufbruch in die digitale Zeitenwende Eine neue Qualität der Zusammenarbeit

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Sachsen ist in diesem Jahr Gastgeberland des 15. eGovernment Summits. Unter dem Motto „Aufbruch in die digitale Zeitenwende“ diskutieren wieder Experten aus Politik und Verwaltung, aus Wirtschaft und Wissenschaft den aktuellen Stand von eGovernment.

Der Schirmherr des eGovernment Summits 2022, der Beauftragte der Bundesregierung für Informationstechnik, Staatssekretär Dr. Markus Richter, sieht in der Digitalisierung eine Daueraufgabe, die den Einsatz aller Beteiligten erfordert
Der Schirmherr des eGovernment Summits 2022, der Beauftragte der Bundesregierung für Informationstechnik, Staatssekretär Dr. Markus Richter, sieht in der Digitalisierung eine Daueraufgabe, die den Einsatz aller Beteiligten erfordert
(© Vogel IT-Medien GmbH)

Corona und Krieg, die aktuellen Krisen haben die Notwendigkeit einer raschen digitalen Transformation einmal mehr unterstrichen – darin sind sich alle Teilnehmer des diesjährigen eGovernment Summits einig. So meint etwa Guido Massfeller, Direktor Vertrieb öffentliche Auftraggeber bei Google Deutschland: „Die pandemiebedingten Einschränkungen haben definitiv als Katalysator von Veränderungsprozessen gewirkt und erneut verdeutlicht, wie wichtig die Beschleunigung der digitalen Transformation der Öffentlichen Verwaltung ist.“

Herausforderung Krisenmanagement

Massfeller weiter: „In kürzester Zeit musste ein Weg gefunden werden, wichtige Dienstleistungen für Bürger, Unternehmen und Organisationen digital bereitzustellen und die Gesellschaft und Wirtschaft am Laufen zu halten.“

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Gleichzeitig habe der russische Angriffskrieg gezeigt, wie sensibel der Umgang mit IT-Landschaften und Daten sei und wie unabdingbar es ist, diese Ressourcen entsprechend zu sichern. Seit Kriegsbeginn warne das Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) vor einer noch weiter steigenden Bedrohung durch Cyberangriffe. Davon seien insbesondere kritische Infrastrukturen sowie Anbieter von digitalen Netzen und Diensten auch innerhalb der Öffentlichen Verwaltung betroffen.

Dazu Massfeller abschließend: „Der Schutz der kritischen Infrastrukturen bei gleichzeitiger einfacher Verfügbarkeit für Bürger und Gemeinden ist somit eine zentrale Herausforderung.“

Auch der Kollege von Capgemini, Marc Reinhardt, stimmte dieser Analyse zu: „Die Corona-Krise war ein klarer Weckruf für die Öffentliche Verwaltung. In der Pandemie war Digitalisierung der einzige Weg, wie unsere Gesellschaft weiter funktionieren konnte. Deshalb war auch die Verwaltung gezwungen, dort ernst zu machen, wo sie vorher noch zögerlich – manchmal sogar halbherzig – agierte. Daraus hat sich heute eine ganz neue Intensität ihrer Digitalisierung ergeben. Jetzt geht es vor allem darum, diesen Antrieb nicht zu verlieren, sondern fortzusetzen und das Gelernte effektiv zu nutzen.“

eGovernment Summit 2022 - Aufbruch in die Digitale Zeitenwende
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Marc Reinhardt weiter: „Die Ukraine-Krise hat uns dann noch einmal den Spiegel vorgehalten, wo wir in Deutschland im Verhältnis zu anderen Ländern stehen – wie problemlos etwa digitaler Unterricht für geflüchtete ukrainische Schulkinder organisiert wurde, und zwar von Lehrern aus der Ukraine heraus. Dieser Vergleich sollte für Deutschland ein Ansporn sein, mit mehr Mut nachzuziehen.“

Daneben habe der Krieg in der Ukraine aber noch einen weiteren Aspekt vor Augen geführt: Die Frage nach unserer Souveränität und bestehenden Abhängigkeit von einzelnen Akteuren. Das gelte natürlich vor allem für Energieimporte, lasse sich aber bis zu einem gewissen Grad auch auf die digitale Infrastruktur übertragen. „Wir müssen die Frage stellen“, so Marc Reinhardt, ob wir mit den bestehenden Abhängigkeiten leben können oder welche eine Gefahr für unsere digitale Souveränität sein können.“

Prägnant brachte die Situation Klaus Poensgen von der Telekom auf den Punkt: „Die zentrale Herausforderung lautet: Etablierung der digitalen Resilienz.“

Digitale Resilienz und Souveränität

Damit wird auf dem eGovernment Summit auch zu diskutieren sein, wie sich die Ziele digitale Resilienz und digitale Souveränität am besten erreichen lassen. Klaus Poensgen sieht die Antwort auf diese Frage vor allem in einer verkürzten Reaktionszeit der Öffentlichen Verwaltung.

„Die aktuellen Krisen haben eindeutig gezeigt, dass die IT der deutschen Verwaltung agiler auf neue, kurzfristig auftretende Ereignisse reagieren können muss. Dazu sollte sie insbesondere aus den positiven Erfahrungen der Coronakrise lernen, das Erlernte verstetigen und nicht wieder in den tradierten Modus zurückkehren“, so Poensgen. Entscheidend sei hier die Verbindung von modernen agilen Projekt- und Entwicklungsmethoden, wie zum Beispiel Scrum und Safe, mit modernen Integrations- und Entwicklungsplattformen.

In diesem Zusammenhang seien vor allem die sogenannten Low-Code-Plattformen zu nennen, so Poensgen. Diese eigneten sich besonders gut, um agil geführte Projekte direkt mit lauffähigen Prototypen und Betriebskomponenten zu versorgen.

Durch die Etablierung von agilen Projekt- und Entwicklungsmethoden in Verbindung mit modernen Low-Code-Plattformen und skalierbaren Cloud-Ansätzen mache sich die deutsche Verwaltung krisensicher im Sinne einer Resilienz, da sie bei Eintreten einer Krise sehr schnell auf die dann notwendigen, oft nicht voraussehbaren, speziellen Anforderungen an digitale Unterstützungsprozesse zur Bewältigung der Krise reagieren könne, so Poensgen abschließend.

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Auf die Bedeutung der Infrastruktur weist man auch bei Amazon Web Services hin. „Cloud Computing ermöglicht Funktionalität auf Knopfdruck. Und das braucht Verwaltung in dieser turbulenten Welt. Ob beim Organisieren von Impfzentren, beim Managen von Flüchtlingsströmen oder wenn man plötzlich Millionen Schüler online bringen muss“, so Dr. Philipp Müller.

Ralf Schneider, Geschäftsführer der CONET ISB GmbH, unterstrich in diesem Zusammenhang noch die Bedeutung von Cybersicherheit und Datenschutz. Gerade vor dem Hintergrund des Ukrainekrieges sei eine erhebliche Forcierung aller Bemühungen zum Schutz kritischer Infrastrukturen unverzichtbar.

Vergleichbares gelte für den Datenschutz, so Schneider. „Datenschutz ist ein hohes schützenswertes Gut in der Demokratie. Autokratische Staaten zeigen aktuell, wie Menschen überwacht und gegängelt werden, wenn diesem Aspekt zu wenig Aufmerksamkeit geschenkt wird. Aber: Datenschutz darf auch nicht zum Selbstzweck werden. „Zu Tode gefürchtet ist eben auch gestorben“, so Schneider abschließend.

OZG-Umsetzung – und dann?

Ein weiteres Thema, das in Dresden sicher intensiv diskutiert werden wird, ist der Stand der OZG-Umsetzung. Auch wenn viele Teilnehmer den derzeitigen Stand der Umsetzung durchaus kritisch bewerten, so kritisierte etwa Werner Achtert aus der Geschäftsleitung Public Sector bei der msg systems ag, dass die Abstimmungs- und Beschaffungsprozesse zu lange dauerten, ist man sich über die Richtigkeit des eingeschlagenen Weges aber durchaus einig.

So erklärte Ralf Schneider: „Der mit dem Onlinezugangsgesetz (OZG) eingeschlagene Weg bleibt richtig. Für den Bürger ist es entscheidend, dass er möglichst viele – irgendwann vielleicht auch alle – Verwaltungsleistungen online beantragen und bearbeiten kann, so dass ein Besuch in der Behörde oder ein Telefonat mit dem zuständigen Amt obsolet wird.“

Durchaus kontrovers beurteilen die Teilnehmer jedoch die weitere Umsetzung, den OZG-Booster und das Digitalprogramm 2025 der Bundesregierung. Marc Reinhardt von Capgemini etwa meinte zur weiteren OZG-Umsetzung beziehungsweise zum OZG-Booster: „Grundsätzlich ist es sinnvoll, eine Priorisierung von Leistungen vorzunehmen. Allerdings besteht die Gefahr, dass damit eine der größten Errungenschaften der OZG-Umsetzung wieder aus der Hand gegeben wird: die breite Mobilisierung über alle föderalen Ebenen hinweg, die Verwaltungsdigitalisierung als prioritäre Aufgabe anzunehmen. Dies sollte bei einer Priorisierung mit bedacht werden, so dass keine entstandenen ‚Kräftezentren’ mangels Priorität ‚stillgelegt’ werden.“

Eine wichtige Maßnahme wäre es zudem, die Idee des „OZG-Marktplatzes“ als zentrale Plattform endlich mit Leben zu füllen, so Reinhardt. Das würde die Nachnutzung der Leistungen erheblich vereinfachen; eine Priorisierung wäre gegebenenfalls aus diesem Blickwinkel weniger dringend, vor allem, wenn zunehmend cloudbasierte Plattformen genutzt werden. Die Öffentliche Verwaltung habe die Vorteile der Cloud bereits erkannt – unter anderem die Möglichkeit der flexiblen Skalierung, die es auch vereinfachen würde, EfA-Leistungen anzubieten.

Nicht mit Kritik sparte man bei der Telekom. Hier wies man darauf hin, dass – falls der OZG-Booster bis Ende 2022 wirklich erfolgreich sein sollte, gerade einmal 6 Prozent der geplanten 575 OZG-Leistungen gesetzeskonform umgesetzt wären. Dazu Klaus Ponsgen: „Aus Sicht der Deutschen Telekom bedarf es deshalb eines neuen Gesetzes, welches die Inhalte und Ziele des OZG aufgreift, Dynamik, Innovation und Pragmatismus fördert und die Richtung für eine erfolgreiche Digitalisierung der Verwaltung klar aufzeigt und verfolgt. Es bleibt noch sehr viel zu tun, um in den kommenden Jahren die OZG-Ziele wirklich umzusetzen.“

Guido Massfeller von Google wies zum Abschluss darauf hin, dass die Arbeit an der digitalen Verwaltung nicht mit dem 31. Dezember 2022 getan sei, sondern eine Daueraufgabe für Bund, Länder und Kommunen darstelle. „Gerade in Zeiten immer schnellerer Veränderung“, so Massfeller, „kommt es darauf an, den technologischen Fortschritt verantwortungsvoll zu gestalten. Insbesondere für Kommunen und den öffentlichen Sektor bestehen vielfach Unsicherheiten, in welchem Umfang und unter welchen Voraussetzungen sie Angebote wie ‚Infrastructure as a Service’ oder ‚Software as a Service’ nutzen können, welche essentiell für die Digitalisierung der Verwaltung sind. Öffentlicher Sektor und Unternehmen müssen aus unserer Sicht verstärkt miteinander und voneinander lernen.“

Harald Felling von ]init[ war ganz der selben Meinung. „Um Bürger und Unternehmen von Bürokratie zu entlasten, ist es wichtig, nicht mehr nur in Einzelleistungen zu denken, sondern übergreifend und durchgehend zu digitalisieren. Den größten zusätzlichen Nutzen können Plattformen entfalten. Dabei geht es um Flächendeckung, Nachnutzung und die nutzerfreundliche Digitalisierung von Leistungen – und zwar Ende-zu-Ende vom Antrag bis zum Bescheid. Diese Fokussierung bietet die Möglichkeit, ganzheitlicher zu denken.“

Der Weg in die Zukunft von eGovernment

Befragt, welche Technologien bei der weiteren Digitalisierung in der Verwaltung vermutlich in den nächsten Jahren zum Einsatz kämen, äußerte Marc Reinhardt folgende Vermutung: „Bereits durchgesetzt haben sich Container-Technologien und flexible, skalierbare Microservices mit den zugehörigen Technologien wie Kubernetes. Microservices können unabhängig voneinander mit unterschiedlichen Technologien entwickelt und bereitgestellt werden. Damit sind IT-Lösungen nicht nur flexibel und schneller einsetzbar, sondern auch in unterschiedlichen IT-Umgebungen lauffähig. Deshalb werden Microservices bereits häufig für die Umsetzung des EfA-Prinzips genutzt beziehungsweise vorgeschlagen.“

Viel diskutiert und evaluiert werde in der Verwaltung derzeit auch der Einsatz der Künstlichen Intelligenz. Zunehmend kämen KI-Lösungen auch schon zum Einsatz. Gleiches gelte für Cloud-Plattformen.

„Bund, Länder und Kommunen sind sich einig, dass der Cloud wie in der Industrie und in anderen Ländern die Zukunft gehört“ so Reinhardt. Derzeit sei man in der Bundesrepublik aber noch weit von einer flächendeckenden Nutzung entfernt.

Auch wenn viele Mitarbeiter in den Verwaltungen bei Cloud Computing und KI noch zögern, so sind sich die Vertreter der IT-Industrie darin einig, dass diesen Technologien die Zukunft gehören wird. Werner Achtert brachte das so auf den Punkt: „KI wird Mitarbeiter in der Verwaltung von Routinetätigkeiten entlasten. Cloud-Architekturen bieten die Chance für Standardisierung und Integration von Fachverfahren.“

Allerdings sind neue Technologien oft auch disruptiv. Die damit verbundene Veränderung der bisherigen Geschäftsprozesse stellt die Verwaltungen dann vor weitere Herausforderungen. Auf diessen Umstand wies auch Ralf Schneider hin: „Neue Technologien sind meist disruptiv. Sie eröffnen damit der Verwaltung ganz neue Möglichkeiten, zum Beispiel Softwareanwendungen via Low Code viel schneller als gewohnt zu realisieren, Routineprozesse und -entscheidungen mit Hilfe von KI zu automatisieren, die Bearbeitung von Anfragen zu unterstützen (Chatbots) oder eine höhere Transaktionssicherheit zu gewährleisten (Blockchain). Aber neue Technologien setzen auch viel voraus: eine hohe Bereitschaft, sich diese Technologien anzueignen, sich mit den Folgen auf alle Stakeholder auseinander zu setzen, eine Integration in die bestehende IT-Landschaft sicherzustellen und bisherige Prozesse grundlegend anzupassen.“ Es gelte also, die Technologie nicht zum Selbstzweck zu machen.

Fazit

Dazu erklärte Marc Reinhardt: „Neue Technologien bieten für die Verwaltung eine enorme Chance, die sie ergreifen muss – ihre Einführung und Nutzung bringt aber natürlich auch Herausforderungen mit sich, die entweder in der Technologie oder der Voraussetzungen bei den Anwendern liegen. Der eGovernment Summit ist eine hervorragende Plattform, um dies gemeinsam abzuwägen. Der vertrauensvolle Austausch bietet eine Chance, mutiger zu werden: Schließlich ist es leichter, gemeinsam neue Wege zu gehen, als allein – in der Argumentation gegenüber politischen Entscheidern, aber auch dadurch, dass man sich gegenseitig bestärkt und ermutigt Risiken kontrolliert einzugehen.“

Und Thomas Müller, Head of Public Sector bei Fujitsu Deutschland, erklärte dazu: „Der eGovernment Summit kann bei der Aufklärung helfen, Barrieren und Vorbehalte abbauen, Vertrauen schaffen und positive Beispiele und Signale senden. Das Format bietet eine gute Möglichkeit Kunden, Partner und Mitglieder aus der Verwaltung zu vernetzen – denn keiner schafft es alleine.“

Der eGovernment Summit bietet also auch in diesem Jahr beste Voraussetzungen, um eGovernment vorwärts zu bringen.

Einblicke in den eGovernment Summit 2022 bietet unsere Bildergalerie.

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