Digitalisierung Die eGovernment-Pläne für Niedersachsen
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Niedersachsen hat eine Digitalstrategie bis 2030 vorgelegt. Im Interview erläutert Dr. Horst Baier, IT-Bevollmächtigter der Landesregierung, die Schwerpunkte und Zielsetzung dieser Strategie.

Niedersachsen hat mit einer neuen Digitalstrategie die Marschrichtung für die nächsten sieben Jahre festgelegt. Welche drei Punkte sind für die digitale Transformation der Verwaltung zentral?
Baier: Der zentrale Treiber für die weitere Digitalisierung sind der Fachkräftemangel und die gestiegenen Erwartungen von Bürgerinnen und Bürgern an gute digitale Serviceleistungen der öffentlichen Verwaltung. Vor diesem Hintergrund steht die konsequente Fortführung der Digitalisierung durch Onlinezugänge in die Verwaltung und die weitestgehende Automatisierung von Abläufen innerhalb der öffentlichen Verwaltung im Mittelpunkt unserer Strategie. Unser Ziel ist es, alle Verwaltungsleistungen einfach, intuitiv und mobil nutzbar online anzubieten und die Prozesse innerhalb der Verwaltung im Sinne einer Ende-zu-Ende-Digitalisierung vollständig elektronisch zu unterstützen. Ein weiterer Schwerpunkt ist die Nutzung moderner Technologien, um die IT wirtschaftlicher und leistungsfähiger aufzustellen. Dabei stehen derzeit der Einsatz von Künstlicher Intelligenz, Cloud-Technologie, Low-Code und Virtual Reality im Fokus. Hierzu sind entsprechende Projekte gestartet worden.
Als dritten Punkt möchte ich die Optimierung unserer IT-Organisation nennen. Das Land Niedersachsen hat in den vergangenen Jahren seine IT-Aufwendungen stark gesteigert. Derzeit ist die IT im Land durch eine stark dezentrale Ausrichtung mit ca. 30 IT-Betrieben geprägt. Hinzu kommen viele IT-Dienstleister der Kommunen und autarke IT-Bereiche in den Kommunen. Um die technischen und personellen Herausforderung in der IT in der Zukunft bestehen zu können, muss eine Bündelung von Kompetenzen und eine engere Zusammenarbeit aller IT-Betriebe stattfinden. In der IT-Strategie wurde eine Bündelung der IT-Kompetenzen als Maßnahme beschlossen. Auch hierzu haben wir ein Projekt gestartet.
Laut Strategie soll auch die behörden- und länderübergreifende Zusammenarbeit gestärkt werden. Wie soll das konkret aussehen?
Baier: Die Umsetzung des Onlinezugangsgesetzes hat allen aufgezeigt, wie heterogen die IT-Landschaft im öffentlichen Sektor in Deutschland ist. Das Land Niedersachsen bekennt sich klar zu der möglichst umfassenden Nachnutzung von bereits bestehenden Lösungen. Dies gilt für Onlinedienste nach dem Einer-für-Alle-Prinzip, aber auch für Fachverfahren oder sonstige IT-Lösungen. Ein gutes Beispiel sind die BundID und das gemeinsame Unternehmenskonto. Wichtig ist auch das Engagement in länderübergreifenden Verbünden zur gemeinsamen Entwicklung und dem Betrieb von Fachsoftware, beispielsweise bei der Polizei, der Steuerverwaltung oder der Justiz. Durch die Cloudtechnologie wird es in Zukunft einfacher sein, zentrale Angebote zu nutzen.
Zusätzlich müssen wir Bemühungen unterstützen, dass die Kommunen ihre IT stärker bündeln. Dies kann durch den gemeinsamen Betrieb der IT für mehrere Kommunen oder durch die stärkere Nutzung von IT-Dienstleistern erfolgen. Aber auch die vielen kommunalen IT-Dienstleister im Land müssen stärker kooperieren und Kompetenzen bündeln. Möglich ist auch eine bessere Kooperation zwischen dem Land und den kommunalen Dienstleistern. Beispiele wären der gemeinsame Betrieb einer zentralen Servicestelle für Verwaltungskunden oder für technische Probleme auf Verwaltungsarbeitsplätzen, die Bildung von Kompetenzzentren für Fachverfahren, einheitliche Plattformen für Open Data oder Smart City, die gemeinsame Nutzung von Rechenzentren oder ein gemeinsames Behördengedächtnis auf Basis von künstlicher Intelligenz.
Ihre neue Digitalstrategie wirkt extrem komplex. Ist der Zeitrahmen bis 2030 trotzdem realistisch?
Baier: Eine Digitalstrategie ist bei der schnellen technischen Entwicklung schnell überholt. Wir planen daher eine jährliche Überprüfung unserer Ziele und Maßnahmen. Aus der Strategie wird ein umfassender Handlungsplan mit konkreten Projekten abgeleitet, der Ende 2023 beschlossen werden soll. Die einzelnen Projekte werden dann zeitlich genau geplant und umgesetzt. Aus den Erfahrungen in der Vergangenheit kann ich den Optimismus herleiten, dass wir unsere Ziele auch umsetzen können. Vieles hängt aber auch von externen Faktoren wie der Verfügbarkeit von Personal, Finanzmitteln und bundesweiten Entscheidungen ab.
Eine große Herausforderung bei einer komplexen Digitalstrategie ist die Vermittlung in den politischen Raum. Das Thema Digitalisierung steht nicht im Fokus der politischen Debatten in Deutschland, wird aber immer mehr zu einem Erfolgsfaktor für einen funktionierenden Staat. Wir haben uns daher auch das Ziel gesetzt, zumindest die Landesgesetze einem Digitalcheck zu unterziehen und schon bei der Entwicklung von Gesetzen die Digitalisierung und technische Umsetzung mitzudenken.
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