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Welches Budget ist für die Umsetzung der Digitalstrategie vorgesehen?
Baier: Zur Umsetzung der vorherigen Digitalstrategie stand ein mehrjähriges fixes Budget von ca. 135 Millionen Euro für fünf Jahre zur Verfügung. Hinzu kamen ca. 40 Millionen Euro aus dem Konjunkturpaket. Die Mittel werden bis Ende 2024 aufgebraucht sein. Für neue Themen wie Künstliche Intelligenz, die Fachverfahrensmodernisierung, die weitere Einführung der eAkte oder die Registermodernisierung stehen für 2023 und Folgejahre weitere Mittel zur Verfügung. Da das IT-Budget des Landes nicht zentral verwaltet wird und jedes Jahr nach Bedarf neu justiert wird, kann ich keine genaue Zahl für die Umsetzung der vielen Maßnahmen nennen. Bislang hat die Landesregierung und der Landtag nachvollziehbare Bedarfe aber immer bewilligt. Unser Problem sind eher die fehlenden Personalkapazitäten zur Umsetzung der Projekte.
Wie werden die niedersächsischen Kommunen bei der Digitalisierung unterstützt?
Baier: Das Land hat ein umfangreiches Paket zur Unterstützung der Kommunen umgesetzt. Wir stellen diverse Basisdienste wie ein Servicekonto, ein Unternehmenskonto oder Software bereit. Hinzu kommt die Bereitstellung eines Entwicklungstools für Onlinedienste (NAVO). Die Kommunikation ist uns angesichts der hohen Komplexität für Kommunen sehr wichtig. Wir bieten eine Vielzahl von Informationsveranstaltungen und ein eigenes Internetportal unter dem Label niedersachsen.online an. Dort gibt es einen geschützten Bereich mit Informationen und Austauschmöglichkeiten. Das Land stellt kostenlos Onlinedienste mit dem Schwerpunkt auf den in der Single-Gateway-Verordnung der EU (SDG) genannten Leistungen zur Verfügung.
Für 2024 ist die Übernahme der Betriebskosten für alle Onlinedienste in den Kommunen geplant. Darüber hinaus wurden die Baubehörden finanziell bei der Digitalisierung unterstützt. Das Land bietet den Kommunen derzeit einen kostenlosen Cybersicherheitscheck und eine Strategieberatung zur Digitalisierung an. Ansonsten werden diverse Pilotprojekte in Kommunen und Fortbildungsangebote vom Land finanziert. Durch eine Beteiligung des Landes an der GovConnect GmbH und der GovDigital sind wir auch in der Lage, alle verfügbaren Onlinedienste den Kommunen über das Konstrukt einer Inhousevergabe unkompliziert zur Verfügung zu stellen.
Im Rahmen der OZG-Umsetzung (EfA) ist Niedersachsen federführend für das Themenfeld „Gesundheit“ verantwortlich. Wie ist hier der Status quo?
Baier: Die 15 von Niedersachsen verantworteten Onlinedienste sind wie zugesagt bis Ende 2022 fertiggestellt worden. Die Anzahl der Implementierung im Land und den Kommunen steigt stetig an. Diese wachsende Anzahl an abgewickelten Onlineanträgen zeigt uns, dass die Resonanz der Bürgerinnen und Bürger gut ist. Auch haben wir seit einem Jahr ein Rollout-Team mit dem Auftrag im Einsatz, Verträge mit anderen Bundesländern zur Nachnutzung abzuschließen und die konkrete Umsetzung in den Kommunen einschließlich der Schnittstellen in die Fachverfahren zu begleiten. Das Interesse an unseren Onlinediensten ist sehr hoch. In Niedersachsen nutzen beispielsweise schon 70 Prozent aller Gesundheitsämter die Infektionsschutzbelehrung. Dieser Onlinedienst spart den Kommunen im Übrigen viel Aufwand und ist bei den Nutzern wegen des leichten Zugangs sehr beliebt.
Wie bewerten Sie die Digitalisierungsbemühungen für die öffentliche Verwaltung auf Bundesebene?
Baier: Die Digitalisierung der öffentlichen Verwaltung auf allen staatlichen Ebenen ist ein mühsamer, von vielen kleinen Schritten gekennzeichneter Prozess. Wir kommen insgesamt in vielen Feldern voran, allerdings nicht in der notwendigen Geschwindigkeit. Ein Blick auf Länder wie Estland, Finnland oder Dänemark lassen ein Erfolgsmuster für eine erfolgreiche Digitalisierung erkennen. Sie haben weniger föderale Strukturen, zentrale Vorgaben und Angebote von Fachverfahren und technischen Basiskomponenten, zentrale Finanzierungen, intensive Nutzung privater IT-Dienstleister, digitaltaugliche Gesetze und eine digital affine Bevölkerung mit hohem Vertrauen in den Staat und den Umgang mit den Daten.
Vor dem Hintergrund unserer Rahmenbedingungen und komplizierter Abstimmungsprozesse zwischen Bund, Ländern und Kommunen sind wir dennoch nach meiner Einschätzung gut vorangekommen. Die bestehenden Hürden und Probleme werden mit einer meist konstruktiven Zusammenarbeit aller staatlichen Ebenen sukzessive gelöst. Es gehen immer mehr Onlinedienste an den Start. Die nächsten Schritte einer Binnendigitalisierung und einer Registermodernisierung werden folgen. Auch wächst das Bewusstsein in den Verwaltungen, dass die Digitalisierung mit Blick auf den Fachkräftemangel die einzige Chance bietet, um die Verwaltungen in Zukunft funktionsfähig zu halten. Insofern bin ich optimistisch, dass Deutschland im Ranking des Digitalisierungsgrades sich nach vorne arbeiten wird.
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