Nordrhein-Westfalen Baustelle Schulministerium: Nach IT-Pannen mehr Ärger zu befürchten
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Kaum ist die Aufregung über das verspätet gestartete NRW-Abi aus den Schlagzeilen, wird schon eine neue IT-Panne bekannt. Im Landtag überrascht Schulministerin Feller mit unheilvollen Ankündigungen: „Es kann immer in nächster Zeit sein, dass irgendwo was aufploppt.“

Nach der Abitur-Panne und einer gerade bekannt gewordenen Datensicherheitslücke muss im Bereich des nordrhein-westfälischen Schulministeriums mit weiteren Problemen gerechnet werden. Schulministerin Dorothee Feller (CDU) erklärte am Mittwoch im Fachausschuss des Düsseldorfer Landtags: „Das sage ich hier ganz offen: Es kann immer in nächster Zeit sein, dass irgendwo was aufploppt.“
Den Vorwurf, dass sie nicht transparent informiere – wie gerade über das Daten-Leck beim Landesschulinstitut Qualis – wies die Ministerin in ungewöhnlich emotionaler Form zurück. „Ich finde im Ministerium Baustellen vor, da kann ich nur mit dem Kopf schütteln“, verteidigte sich Feller, die das Ressort im Juni 2022 von ihrer Amtsvorgängerin Yvonne Gebauer (FDP) übernommen hatte. „Ich muss da einmal echt deutlich werden: Ich kann nicht alle Baustellen gleichzeitig beheben. Die sind inhaltlicher Art, die sind organisatorischer Art – ich kann es nur peu à peu machen.“
„Das ist schon ein dickes Ding“
SPD-Vizefraktionschef Jochen Ott warnte Feller, sich „Prügelknaben“ zu suchen, um von eigenem kommunikativen Versagen und mangelnder Problemlösungskompetenz abzulenken. Fellers vage Andeutungen über weitere Baustellen seien „schon ein dickes Ding“, bemerkte der Oppositionspolitiker.
Kern der Debatte in der Aktuellen Viertelstunde des Schulausschusses war eine am Montag vom Ministerium bekannt gemachte Datensicherheitslücke bei Qualis. Mit den Aufgaben für das Zentralabitur habe der davon betroffene Server aber nichts zu tun, versicherte der IT-Experte des Schulministeriums Christoph Gusovius. Ein im Internet veröffentlichtes Bildschirmfoto mit dem Titel „Abitur Download“ sei eine Fälschung.
Durch Manipulation und Übernahme eines einzelnen Benutzerkontos sei es einer sachkundigen Person ermöglicht worden, Einsicht in die Dokumente dieses „gehijackten Benutzers“ zu nehmen, erklärte Gusovius. Die auf diesem Server gelagerten Dokumente seien aber inhaltlich nicht kritisch gewesen. Allerdings konnte die noch unbekannte Person Nutzerdaten einsehen, etwa Namen und E-Mail-Adressen – nicht aber Passwörter. Alle Nutzer des betroffenen Servers seien informiert worden.
Am Montag hatte das Ministerium veröffentlicht, es gehe um 500 Nutzerdaten. Er habe diese Angaben von Qualis mehrfach angezweifelt, räumte Schulstaatssekretär Urban Mauer ein. Trotz wiederholter Nachfragen habe es aber keine weiteren belastbaren Daten gegeben. „Die Zahl 500 ist falsch.“ Die kursierende Zahl 16.000 Betroffener könne das Ministerium aber auch nicht bestätigen. Dies gehöre zum Teil des Prüf-Auftrages, den externe Experten für Cybersicherheit nun übernommen hätten.
„Das geht so nicht, was wir erlebt haben“
Erstmals sei die Fachabteilung des Ministeriums vergangenen Donnerstag über eine Schwachstelle bei Qualis informiert worden, berichtete Feller. Die Dimension des Problems habe ihr aber nicht gleich klar werden können. „Wenn ich immer nur auf Nachfrage scheibchenweise Infos bekomme, stimmt was in der Struktur nicht“, klagte die Ministerin. „Das geht so nicht, was wir erlebt haben.“
Sie gehe davon aus, dass es die Schwachstelle bei Qualis auch schon vor ihrer Amtszeit gegeben habe, sagte Feller. Die Ursachen lägen in dem Institut. Sie befinde sich jedoch gerade in dem Dilemma, dass sie dort noch nicht mit allen Mitarbeitern gesprochen habe, gleichzeitig aber schon Parlament und Öffentlichkeit informieren müsse. Früher – wie von den Oppositionsfraktionen gefordert – sei das nicht möglich gewesen. „Man muss mir auch die Zeit geben, dass wir da Struktur reinbringen.“
Während die drei Oppositionsfraktionen mehr und zügigere Informationen anmahnten, hoben die Regierungsfraktionen hervor, die Ministerin habe den Schulausschuss und die Öffentlichkeit unterrichtet, sobald sich erste Hinweise konkretisiert hätten. Es sei nicht sinnvoll, „den zu verprügeln, der Baustellen aufarbeitet“, nahm die CDU-Abgeordnete Claudia Schlottmann die Ministerin in Schutz.
Salami-Taktik
Die FDP-Abgeordnete Franziska Müller-Rech beklagte hingegen eine „Salami-Taktik“. Auch der SPD-Abgeordnete Frank Müller unterstrich den Informationsanspruch der Parlamentarier: „Über den Wert der Informationen entscheidet der Ausschuss – nicht das Ministerium.“
Der Lehrerverband Bildung und Erziehung beklagte ebenfalls zu viele Daten-Pannen. „Die Schulen sind gefordert, mit den Daten aller Beteiligten sorgsam und sicher umzugehen“, hob die Landesvorsitzende Anne Deimel hervor. „Gleiches sollte für die Landesregierung auch gelten.“ Nun müsse sorgfältig aufgeklärt werden, damit die Lehrkräfte „in der Gewissheit arbeiten können, dass ihre Daten sicher sind“.
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