CRO Joachim Astel im Interview „Ausprobieren ist nicht möglich“
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Unternehmen verlassen sich schon lange auf sie, doch auch in der Öffentlichen Verwaltung spielen externe Rechenzentren eine immer größere Rolle. Joachim Astel, Executive Board, Chief Regulatory Officer (CRO) bei noris network, kennt die Vorteile externer Dienstleister und erklärt, worauf IT-Verantwortliche bei der Auslagerung von Prozessen achten müssen.

Das Rechenzentrum Nürnberg Süd von noris network ist das einzige deutsche Colocation-Rechenzentrum, das nach TÜViT Trusted Site Infrastructure Level 4 zertifiziert ist. Was genau heißt das?
Astel: In einem Colocation-Rechenzentrum wird Rechenzentrumsfläche für Kunden bereitgestellt. Er kann dort beispielsweise seine eigenen Server aufstellen, aber auch seine eigenen Serverschränke mitbringen. Für Strom und Klimatisierung sorgt der Dienstleister.
Hinsichtlich der Zertifizierung muss ich etwas weiter ausholen: In Deutschland gibt es unterschiedliche Standards, etwa vom TÜV und anderen Institutionen. Ich behaupte aber, dass der TÜViT Trusted Site Infrastructure (TSI)-Standard wegen seines granularen Aufbaus der „Mercedes“ unter den Standards ist. Er geht auch über den europäischen EN50600-Standard hinaus. So ist in den Kriterien etwa der Abstand zur nächsten Bundesstraße geregelt, um bestimmte Gefährdungen wie einen explodierenden Tanklaster im Voraus auszuschließen. Falls die Vorgaben nicht eingehalten werden können, gibt der Standard Kompensationsmöglichkeiten vor. Das Level 4, das höchste Level, hat zudem einige darüber hinausgehende, spezielle Anforderungen. Beispielsweise müssen Laufwege und Arbeitsbereiche von Technikern und ITlern streng voneinander getrennt sein. Zudem sollten die Serverschränke die Möglichkeit bieten, das Rack nur für autorisierte Personenkreise zugänglich zu machen – etwa durch die Authentifizierung per SmartCard. Eine Kompensation der Vorgaben ist bei Level 4 nicht möglich.
Welche Vorteile bieten entsprechende Rechenzentren für die Öffentliche Hand?
Astel: In vielen Behörden sind die Räumlichkeiten noch für Rechenzentren der 90er Jahre ausgerichtet, und die Klimaanlage hält mit den heutigen Anforderungen nicht mehr mit, seinerzeit wurde oftmals ein ungenutzter Lagerraum umfunktioniert. Ein Neubau ist allerdings auch nicht immer realisierbar oder wirtschaftlich. Ein Rechenzentrum zu bauen und zu betreiben, ist in den letzten Jahren immer aufwendiger geworden. Es müssen immer mehr baurechtliche Aspekte und Vorgaben berücksichtigt werden. Rechenzentrumsplaner, die so etwas im kleinen Stil für Behörden umsetzen, sind zudem rar gesät. Aus Kosten-Nutzen-Sicht spricht daher vieles für externe Rechenzentren. Ein weiterer Vorteil: Die EU-weite Ausschreibung kann gegebenenfalls entfallen, wenn lediglich ein Rechenzentrumsplatz gemietet wird. Dieser kann wie eine normale Immobilie gemietet werden. So erhalten Behörden vergleichsweise unkompliziert einen hohen Leistungsstandard, der vielleicht nicht unbedingt der billigste ist, aber die Qualität auf lange Sicht garantiert. Auf der anderen Seite steht das Thema Eigenständigkeit. Bei den Rechenzentren erhält die einzelne Behörde die Möglichkeit, den genauen Umfang der Dienstleistung vorab selbst zu definieren und ist nicht auf das Wohlwollen übergeordneter Institutionen angewiesen.
Wie stark setzen ihrer Erfahrung nach IT-Verantwortliche des Public Sector bisher auf das Auslagern von Prozessen und Anwendungen?
Astel: Neben der eigentlichen Anmietung von Rechenzentrumsflächen steckt natürlich sehr viel Aufwand im Betrieb der Systeme. Im Zeitalter immer häufiger werdender Ransomware- und Malware-Attacken ist es wichtig, alle Systeme in Rechenzentren stets auf dem aktuellen technologischen Stand zu halten. Noch setzen IT-Verantwortliche der Öffentlichen Hand nur vereinzelt auf das Outsourcing. Die meisten beobachten das Geschehen erstmal. Es ist immerhin ein großer Schritt, sich in externe Hände zu begeben, da gehört Vertrauen dazu. In den letzten Jahren ist jedoch bereits zu beobachten gewesen, dass genau dieses Vertrauen zunimmt, da einige Behörden den Schritt bereits gewagt und gute Erfahrungen gemacht haben.
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