Digitale Transformation ohne Datensouveränität nicht vorstellbar Die Hoheit über die eigenen Daten behalten

Redakteur: Manfred Klein

eGovernment-Angebote werden sich nur dann durchsetzen, wenn die angebotenen Verwaltungsdienstleistungen vertrauenswürdig sind. Dafür muss der Bürger jedoch Souverän seiner eigenen personenbezogenen Daten sein. Patrick von Braunmühl, Leiter der Abteilung Public Affairs bei der Bundesdruckerei, erläutert in einem Meinungsbeitrag, warum das Prinzip der Datensouveränität für die Verwaltungsmodernisierung so bedeutsam ist.

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Garant der Daten­souveränität: Über ein Privacy-Cockpit sollen Bürger ihre Daten zentral verwalten
Garant der Daten­souveränität: Über ein Privacy-Cockpit sollen Bürger ihre Daten zentral verwalten
(© Bundesdruckerei)

Die zahlreichen Datenskandale im Umfeld sozialer Netzwerke haben das öffentliche Bewusstsein für den Datenschutz stark gesteigert. Viele Bürger lehnen die Weitergabe ihrer Daten durch Facebook & Co. an dritte Parteien ab.

Die europäische Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) hat einen richtungsweisenden gesetzlichen Rahmen für den Umgang mit personenbezogenen Daten geschaffen. Jetzt gilt es, darauf aufzubauen und das Recht auf informationelle Selbstbestimmung in Richtung Datensouveränität weiter zu entwickeln.

Dieser Begriff bedeutet: Der Bürger ist befähigt, selbstbestimmt, informiert und umfassend über die Verwendung seiner Daten zu entscheiden. Transparenz und Kon­trolle sind die zentralen Eckpfeiler der Datensouveränität. Die Bürger müssen jederzeit wissen, wer, zu welchen Zwecken und wie lange ihre Daten verarbeitet. Mit diesem Wissen können sie dann ihre digitalen Kontroll- und Interventionsrechte aktiv wahrnehmen, also der Datenverarbeitung zustimmen oder widersprechen.

Welche Konsequenzen ergeben sich daraus für das eGovernment? Eine funktionierende digitale Verwaltung wird viele personenbezogene Daten der teilnehmenden Bürger speichern und verarbeiten. Das sind grundlegende Identitätsdaten wie Name, Geburtsdatum und Meldeadresse. Hinzu kommen Dokumente wie Geburts- und Heiratsurkunden oder Grundbucheinträge sowie die Korrespondenz mit den Behörden. Die Bürger werden nur dann die neuen digitalen Dienste nutzen, wenn sie darauf vertrauen können, dass ihre Daten nicht missbraucht werden und sie immer die Kontrolle über den Einsatz ihrer Daten behalten. Mit dem Prinzip der Datensouveränität baut der Staat Vertrauen auf und erfüllt die hohen Erwartungen der Bürger an den Datenschutz und die Datensicherheit.

„Once only“-Ansatz sicherstellen

Ein weiterer Erfolgsfaktor für die Verwaltungsmodernisierung sind nutzerfreundliche Produkte und Services. Die Bundesregierung will deshalb den „Once only“-Ansatz in der digitalen Verwaltung verankern. Bürger sollen ihre Daten grundsätzlich nur einmal eingeben und ihre Dokumente nur einmal hochladen. Verschiedene Behörden dürfen dann nach vorheriger Erlaubnis der Bürger auf diese Daten und Dokumente zugreifen. Auf diese Weise könnten zum Beispiel Leistungsansprüche sogar antragslos und proaktiv gewährt werden.

Denkbar ist auch, bereits vorliegende Daten aus der Wirtschaft wie Mietverträge und Versicherungsunterlagen in die Verwaltungsprozesse einzubeziehen. Die dabei entstehenden Datenflüsse zwischen staatlichen Stellen, Unternehmen und Bürgern sind verantwortungsvoll zu gestalten. Wenn der Staat eine konsequente Datenweitergabe zwischen Öffentlichen und Privaten ermöglichen soll, muss er gleichzeitig eine neue Qualität bei Transparenz und Nutzungskontrolle bieten.

All dies zeigt: Die digitale Transformation der Verwaltung ist ohne das Prinzip der Datensouveränität nicht vorstellbar.

Auf nationaler und europäischer Ebene sind die politischen Weichen für einen souveränen Umgang der Bürger mit ihren Daten gestellt. Der Koalitionsvertrag von CDU, CSU und SPD sieht die Einführung eines Bürgerkontos vor und erwähnt als dessen wesentliches Kennzeichen das Prinzip der Datensouveränität: „In dem (...) Bürgerkonto hat der Bürger Einblick, welche Daten beim Staat vorliegen, welche Behörde darauf Zugriff genommen hat und kann den Umgang mit seinen persönlichen Daten steuern.“

In der „Tallinn Declaration on eGovernment“, die von 32 EU- und EFTA-Staaten vereinbart wurde, ist das Prinzip der Datensouveränität ebenfalls ausdrücklich erwähnt. Bürger sowie Unternehmen sollen demnach ihre bei der Verwaltung gespeicherten Daten selbst online verwalten können. Das heißt, es muss ihnen möglich sein, auf die Daten von jedem Endgerät aus zuzugreifen, sie zu überprüfen, ihre Verwendung nachzuvollziehen, bei Bedarf zu berichtigen und ihre Verarbeitung zu autorisieren.

Den gesetzlichen Rahmen für die Datensouveränität der Bürger legen die EU-Datenschutz-Grundverordnung (EU-DSGVO) und das Onlinezugangsgesetz (OZG). Dort sind wichtige Betroffenenrechte beschrieben und definiert.

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