Arbeitskreis GovTech des NEGZ Wie GovTech-Start-ups – potenziell – den öffentlichen Sektor transformieren

Ein Gastbeitrag von Luca T. Bauer & Prof. Dr. Dr. Björn Niehaves Lesedauer: 6 min

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Eine funktionierende Demokratie braucht eine funktionierende Verwaltung. Um eine ­technologische Unabhängigkeit und Resilienz zu wahren, wenden sich Verwaltungen ­zunehmend an Start-ups im öffentlichen Umfeld.

Start-ups sind oft Vorreiter
Start-ups sind oft Vorreiter
(© master1305 - stock.adobe.com)

Die heutige schnelllebige Welt ist geprägt von Unsicherheiten. Innovationszyklen werden kürzer, der Bedarf an kurzfristig verfügbaren Lösungen für auftretende Probleme steigt. Dies erzeugt Unsicherheiten, auch in technologischer Hinsicht. Wir verbringen im Schnitt 6 Stunden und 58 Minuten am Tag aktiv verbunden mit dem Internet. So sind wir privat und beruflich abhängig von einer Vielzahl digitaler Systeme. Dies gilt für uns, für Unternehmen und unseren Staat. Dabei braucht eine funktionierende Demokratie eine funktionierende Verwaltung. Diese ist zunehmend auf technologische Unabhängigkeit und Resilienz angewiesen.

Government Technology

Um dies gewährleisten zu können, wenden sich Verwaltungen zunehmend an innovative Startups im öffentlichen Umfeld, sogenannte „GovTech“-Start-ups (Abkürzung von „Government Technology“) oder kurz „GovTechs“. GovTechs bieten bereits heute Services und Produkte in einer Vielzahl an digitalen Themenbereich an. Exemplarisch gibt es Lösungen der inneren Verwaltung, Bürgerdienste, ­Sicherheit, Gesundheit und Sozialem, Smart City und viele mehr.

Mehrere bemerkenswerte deutsche GovTech-Initiativen haben bereits heute einen bedeutenden Beitrag geleistet. Unternehmen wie Summ.AI, GovRadar, LiveEO, Polyteia und viele mehr haben sich als Vorreiter erwiesen und bieten der Öffentlichen Hand neuartige Lösungen für eine bessere Governance, eine nachhaltige Weiterentwicklung bestehender Handhabung und verbesserte Bürgerdienste.

Sollte jede der ca. 30.000 Vergabestellen Deutschlands nur eine Vergabe an ein Start-up durchführen, hätte dies beachtliche Implikationen für die Diversifikation des öffentlichen Anbieterportfolios

Diese Erfolgsgeschichten verdeutlichen das Potenzial von GovTech, die Arbeit von Behörden zu revolutionieren. Der europäische GovTech-Markt ist in den letzten Jahren von einem stetigen Anbieterwachstum geprägt. Die Datendienstleister PUBLIC und GovMind zählen aktuell über 2.000 Start-ups in Europa und ca. 400 in Deutschland. Im Jahr 2022 stand Deutschland weltweit bereits auf Platz sechs der Länder mit den meisten GovTech-Neugründungen. Sollte jede der ca. 30.000 Vergabestellen Deutschlands nur eine Vergabe an ein Start-up durchführen, hätte dies beachtliche Implikationen für die Diversifikation des öffentlichen Anbieterportfolios. Eine Zunahme von GovTech-Mandaten sowie die Einrichtung von verwaltungsinternen GovTech-Einheiten (wie z.B. GovTecHH) versprechen eine deutlich erhöhte Nutzung in den kommenden Jahren.

Bereits 2016 haben öffentliche Einrichtungen weltweit jährlich über 551 Milliarden Euro für technologische Lösungen ausgegeben. In 2023 steigt dieser Trend um weitere 38 Milliarden auf 589 Milliarden Euro an. Es liegt im staatlichen Interesse der Autonomie und auch der regionalen Wirtschaftsförderung, sich weniger von Einzelanbietern abhängig zu machen und stattdessen eigene Lösungen prägend mitzugestalten. Hier ­bieten GovTech-Start-ups der ­Öffentlichen Hand potenziell technologische Autonomie und Unabhängigkeit von einschlägigen Großunternehmen mit häufig umfassenden eigenen Policy-Interessen.

Hindernis Vergabe

Der Aufstieg von GovTech lässt sich u.a. auf die Nachfrage nach externem Fachwissen und innovativen Lösungen zurückführen. Um GovTechs effizient und gewinnbringend einsetzen zu können, bedarf es jedoch innovativer Ver­gabeprozesse. Laut einer Studie geben über 80 Prozent der Start-ups staatliche Zahlungsziele und weitere ca. 60 Prozent die Struktur von Vergabeverfahren generell als Hindernisse in der Bewerbung auf öffentliche Ausschreibungen an. Wenn Verwaltungen innovative Lösungen einkaufen wollen, müssen sie erst innerhalb ihrer Vergabeabteilungen unternehmerisch denken und in Innovations-Vorleistung treten. Wenn dies gelingt, bietet die Einbeziehung von GovTech-Start-ups zahlreiche Vorteile, die sich von traditionellen Beschaffungspraktiken unterscheiden. GovTech-Start-ups können durch agile Methoden innovative Lösungen liefern, was intern oft nicht gleichermaßen möglich wäre.­ Darüber hinaus bieten sie kosteneffiziente Alternativen und fördern die Mitgestaltung von Projekten, sodass Behörden ihre Produkte gemeinsam entwickeln können und trotzdem einen geringeren Grad an strukturellen Ausgestaltungen benötigen. Transparenz, Effizienz und Beschleunigung können Ergebnisse einer GovTech-Kooperation sein.

Auf der nächsten Seite: GovTech als Verbündeter einer bürgernahen, effizienten Verwaltung.

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