Informationsgesellschaft Wider die digitale Sorglosigkeit

Redakteur: Manfred Klein

Die wachsende Digitalisierung verunsichert alle Gesellschaftsbereiche. Allen Bereichen gemeinsam ist die Frage nach der Sicherheit von IT-Systemen – das ist bei eGovernment nicht anders als im Wirtschaftsleben und in der Politik nicht anders als im Privaten. Wie aber lässt sich die Verunsicherung vernünftig umgehen?

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(Bild: © Andy Ilmberger - Fotolia)

eGovernment Computing sprach darüber mit der SPD-Bundestagsabgeordneten Saskia Esken und dem Leiter Public Affairs & New Technologies von Check Point Software Technologies, Dirk Arendt.

Die umfassende Digitalisierung von Wirtschaft und Gesellschaft ist in aller Munde, doch immer wieder wird beklagt, Deutschland sei viel zu zögerlich. Woran liegt das?

Arendt: Der digitale Wandel verlangt Menschen und Organisationen viel Mut zur Veränderung ab, und sie brauchen die Zuversicht, daran teilzuhaben zu können, ohne Schaden zu nehmen. Neue Kommunikationsformen und Dienstleistungen und die allzeit verfügbaren Informationen werden zwar genutzt, doch cyberkriminelle Angriffe wie gestohlene Kundendaten und Identitäten hinterlassen ebenso wie die offenbar allgegenwärtige Überwachung ein diffuses Gefühl der Verletzbarkeit.

Esken: „Digitale Sorglosigkeit“ gibt es nicht – die Menschen erwarten vom Staat die Durchsetzung ihrer Rechte und den Schutz vor Diskriminierung, vor Datenmissbrauch und Spionage. Doch nur wenige schützen sich selbst, kommunizieren verschlüsselt oder wenden sichere Passwörter an, aus Unkenntnis oder aus dem fatalistischen Glauben, man könne sich ohnehin nicht wirksam schützen.

Die fortschreitende Digitalisierung der Gesellschaft macht auch vor der Verwaltung nicht halt – warum geht es beim eGovernment kaum voran?

Arendt: Natürlich sieht auch die Verwaltung sich diesem digitalen Wandel gegenüber, und wegen der hohen Fluktuation und einem immensen Rückgang der Stellen ist ein Wandel ja auch dringend notwendig. Bis heute haben wir es aber leider kaum geschafft, die Politik auf allen Ebenen von der digitalen Modernisierung der Verwaltung zu überzeugen. Auf der anderen Seite verlangt so ein Kulturwandel den Mitarbeitern einer Verwaltung ja auch viel Mut zur Veränderung ab, und dafür braucht es auch hier Vertrauen. Deshalb darf diese Modernisierung nicht immer nur als Mittel zur Stelleneinsparung daher kommen, sondern muss auch in den Fokus nehmen, was die Mitarbeiter der Verwaltung für eine positive Motivation brauchen.

Esken: Für die Motivation und für neue Kompetenzen der Mitarbeiter und insbesondere der Führungskräfte braucht es eine veränderte Aus- und Weiterbildung. Organisationsentwicklung heißt das Zauberwort, wenn Verwaltung sich neu erfinden soll, sich vom Kunden her betrachten und von seiner Zufriedenheit, aber auch die Arbeitszufriedenheit der Mitarbeiter im Blick haben. Feedback und Beteiligung sind dabei wichtige Erfolgsfaktoren.

Arendt: Vom Kunden her betrachten ist genau richtig, dafür wurden ja die Lebenslagen entwickelt. Die darf man aber nicht nur für die Benutzer-Oberfläche definieren, man muss sie auch mit durchgängig digitalisierten, medienbruchfreien Prozessen hinterlegen. Dazu kommen Transparenz und die Offenlegung von Datenbeständen, die die Akzeptanz verbessern und Innovation ermöglichen. Und wir müssen die offene Regelungswut eindämmen. Nicht alle Regelungen, die früher einmal hilfreich oder zumindest unschädlich waren wie das Schriftformerfordernis, müssen heute aufrechterhalten bleiben.

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