Bitkom Digital Office Index 2022 Aufholbedarf bei der Digitalisierung der Öffentlichen Hand

Von Natalie Ziebolz

Die Öffentliche Verwaltung spricht sich klar für die Digitalisierung aus. Wäre da nur nicht das fehlende Personal. Der aktuelle Digital Office Index deckt Herausforderungen und Versäumnisse auf dem Weg zu modernen Kommunen auf, macht jedoch auch Fortschritte sichtbar.

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Ob ERP-Lösung oder eRechnung – 85 Prozent der Öffentlichen Verwaltungen verfolgen eine Digitalisierungsstrategie
Ob ERP-Lösung oder eRechnung – 85 Prozent der Öffentlichen Verwaltungen verfolgen eine Digitalisierungsstrategie
(© Alexander Limbach – stock.adobe.com)

Die Öffentliche Verwaltung befindet sich im digitalen Wandel und trägt damit maßgeblich zur Modernisierung der Kommunen bei. So zumindest die Theorie. In der Realität fehlt vielen Institutionen jedoch schlichtweg das nötige Personal. Während 74 Prozent der Wirtschaftsunternehmen davon ausgehen, über ausreichend Beschäftigte mit den erforderlichen Kompetenzen zu verfügen, um die Digitalisierung voranzutreiben, sehen dies nur 45 der befragten Verwaltungen so. Zu diesem Ergebnis kommt der Digital Office Index des Bitkom.

Dabei, so die Studie, stehen die Verwaltungen der Digitalisierung durchaus offen gegenüber (69 Prozent). 85 Prozent der Befragten gaben an, eine Digitalisierungsstrategie zu verfolgen. Damit liegt die Öffentliche Verwaltung weit vor anderen Branchen wie dem „Transport und Logistik“-Bereich (63 Prozent) oder der Chemie-, Pharma- und Lebensmittelindustrie (71 Prozent). Koordiniert wird das Thema Digitalisierung dabei in rund zwei Drittel der Fälle bereichsübergreifend von einer Person. Aus den Daten geht zwar nicht hervor, wie genau die Strategie aussieht, deutlich wird jedoch: Das Thema Digitalisierung ist in der Öffentlichen Verwaltung angekommen.

Verwaltungen setzen auf ERP-Lösungen

Das zeigt sich auch an der Nutzung unterschiedlicher Programme und Geräte in den Behörden. So nutzen mittlerweile 73 Prozent der Angestellten in der Öffentlichen Verwaltung im Arbeitsalltag mobile Geräte mit Internetzugang. Zum Vergleich: 2020 waren es lediglich 40 Prozent – hier dürfte wohl die Pandemie und das damit verbundene Homeoffice die Entwicklung maßgeblich beeinflusst haben.

Doch auch ECM-Lösungen (59 Prozent) und CRM-Lösungen (52 Prozent) kommen zum Einsatz. Bei den Institutionen der Öffentlichen Hand am beliebtesten sind jedoch ERP-Lösungen. Sie kommen mittlerweile in 94 Prozent der befragten Behörden zum Einsatz. Damit hat sich ihre Nutzung in den vergangenen zwei Jahren nochmals um sechs Prozentpunkte erhöht.

Elektronische Rechnung? Ja, bitte!

Die Öffentliche Verwaltung war dazu angehalten, bis 2020 die elektronische Rechnung einzuführen. Zahlen aus der privaten Wirtschaft zeigen auch, welch extremes Einsparpotenzial hier dahintersteckt: Demnach können durch das elektronische Rechnungsverfahren jährlich bis zu 11 Millionen Euro und etwa 5850 Tonnen CO2 eingespart werden. Aufgrund der Pflicht ist es nicht verwunderlich, dass die Öffentliche Hand bei diesem Punkt der Digitalisierung absoluter Spitzenreiter ist: 94 Prozent erstellen mindestens die Hälfte ihrer Rechnungen digital. Die anderen Branchen liegen hier im Schnitt bei 72 Prozent, absoluter Nachzügler ist die „Informationstechnologie und Beratung“ mit 65 Prozent.

Dementsprechend sprechen die Befragten Verwaltungen dem Austausch strukturierter Rechnungsdaten auch die größte Relevanz zu (83 Prozent). Der Austausch strukturierter elektronische Belegdaten, also Katalogdaten, Aussschreibungen oder Lieferscheine, ist hingegen nur für 54 Prozent von Bedeutung.

Hier sehen sich Verwaltungen in fünf Jahren

Doch auf den kleinen Erfolgen ausruhen wollen sich die Verwaltungen nicht. 51 Prozent planen in diesem Jahr sogar noch mehr in die Digitalisierung investieren. Bei 35 Prozent bleiben die Investitionen hingegen auf Vorjahresniveau, während lediglich 7 Prozent weniger Ausgaben für diesen Zweck vorsehen. Dabei spielt sicherlich die OZG-Umsetzung eine große Rolle. Stichtag hierfür ist schließlich der 31. Dezember 2022.

Den anderen Branchen voraus sehen sich die Verwaltungen in fünf Jahren dennoch nicht. Die Befragten gehen vielmehr davon aus, zu diesem Zeitpunkt einen Digitalisierungsgrad von 3,7 zu erreichen, wobei „1“ für„überhaupt nicht digitalisiert“ und „5“ für „vollständig digitalisiert“ steht. Damit sehen sich die Verwaltungen in fünf Jahren auf der gleichen Stufe wie der Handel oder Banken und Finanzdienstleister.

Wenn das gelingen sollte, lägen sie vielleicht auch nicht mehr abgeschlagen auf dem letzten Platz mit einem Indexwert von 52 von 100. Immerhin liegt der Handel hier heute bereits bei 59, die Banken sogar bei 61.

Weiterbildungen sind nicht überall Standard

Das Problem: Damit die Digitalisierung in den Verwaltungen auch ihre gesamte Wirkung entfalten kann, müssen auch die Mitarbeiter, also diejenigen, die mit den Programmen und ähnlichem arbeiten müssen, mitgenommen werden. Schulungen und Weiterbildungen für die Angestellten gibt es jedoch nur bei 56 Prozent der Befragten. Hier muss in den kommenden Jahren dringend nachgebessert werden, damit die positiven Effekte der Digitalisierung nicht verpuffen.

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