Open Data Vom fernen Land frei zugänglicher Daten
Verhält sich Deutschland bei Open Data wie ein Bibliothekar, der nicht lesen kann? Unsere Autorin beantwortet diese Frage mit einem klaren Ja und rät zu raschen Entscheidungen, wenn Deutschland von den übrigen europäischen Staaten auf diesem Gebiet nicht abgehängt werden will.
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„For the second year running, we’ve topped the World Wide Web Foundation’s Open Data Barometer. Last year we were number one in the Global Open Data Index. But I want us to go further. It’s not enough just to be open. Openness is a means to an end.“
Diese ambitionierte Haltung, die Matt Hancock, Minister for the Cabinet Office in England, auf dem Open Data Summit im November 2015 in London zu erkennen gegeben hat, ist das Eine. Das Andere ist, dass es dazu eine sehr praxisnahe Strategie gibt, wie die Nutzung von Daten den künftigen wirtschaftlichen Erfolg Großbritanniens herbeiführen kann.
Aus der Perspektive des Landes, das im Global Open Data Index gerade mal Platz 26 belegt und über 1,5 Sollstellen im Bundesinnenministerium verfügt, um das Thema „Open Data“ voranzutreiben, mag die britische Haltung geradezu exotisch erscheinen. Denn in Deutschland ist die systematische Nutzung von Daten bislang weder als Chance für mehr Verwaltungseffizienz, eine verbesserte Zusammenarbeit der Verwaltung mit Bürgern noch als Eckpfeiler für ökonomische Konkurrenzfähigkeit verstanden worden.
Öffentliche Verwaltung im Datenzeitalter
Heute sind Daten ganz unterschiedlicher Art und Quelle einfach und kostengünstig zugänglich. Manche frei und offen, manche mit Beschränkung, andere exklusiv. Diese Entwicklung hat unseren Alltag, die Wirtschaft und in gewisser Weise auch die Politik verändert. In der Wirtschaft hat sie Giganten entstehen lassen und etablierte Unternehmen vom Markt verdrängt. Viele andere zwingt sie zu grundlegenden Reformen. Die Verwaltung lässt sich nicht vom Markt verdrängen, denn sie ist keiner Marktlogik unterworfen. Daher muss der Innovationsdruck hier aus einer anderen Richtung kommen. Idealerweise vom Anspruch, die Grundlage für eine lebenswerte Gesellschaft zu schaffen. Die sehr auf Stabilität ausgerichtete Verwaltungskultur braucht dafür eine Strategie, die sie den Anschluss an digitale Innovation finden lässt.
Daten spielen dabei eine herausragende Rolle. In einer Zeit, in der Unternehmen die Qualität ihrer Dienstleistungen und die Zufriedenheit ihrer Kunden in Echtzeit analysieren und entsprechende Schlüsse daraus ziehen, kann sich die Verwaltung nicht darauf beschränken, eine jährliche Umfrage zur Bürgerzufriedenheit durchzuführen. Noch weniger kann es dabei bleiben, dass Entscheidungen über die Ausgabe von Milliarden Euro öffentlicher Gelder ohne auf Daten basierte Evidenz getroffen werden. Das wissen auch die Verantwortlichen in Politik und Verwaltung, die sich regelmäßig darüber ärgern, dass sie insbesondere in Krisensituationen tagelang darauf warten müssen, bis ihnen die zu wichtigen Entscheidungen notwendigen Informationen per Handakte oder auf einem Datenträger endlich zur Verfügung gestellt werden. Ein entschlossenes Vorgehen zur systematischen Verbesserung der Situation ist bislang dennoch nicht erkennbar.
Lernen vom Vorreiter Großbritannien
Ganz anders in Großbritannien. Hier war (und ist) der erste Schritt die Verbesserung des Datenangebots. In den letzten Jahren haben die Briten 20.000 Datensätze veröffentlicht. Inzwischen arbeitet man einerseits verstärkt daran, die Qualität der veröffentlichten Daten zu verbessern.
Außerdem soll eine kohärente „National Information Infrastructure“ geschaffen werden. Hier geht es darum, dass Daten der Verwaltung besser organisiert werden. Dann sind sie für die Verwaltung selbst sowie von außen einfacher zugänglich und kombinierbar. Die Themen Datenstandards, Dateninfrastruktur und Verbesserung der Zugänglichkeit innerhalb und außerhalb der Verwaltung treibt eine „Ministerial Group on Digital Transformation“ voran.
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