Studie der Bertelsmann Stiftung Ist Dr. Google Konkurrenz für die Götter in Weiß?

Autor Ira Zahorsky

Patienten suchen aus diversen Gründen Rat im Internet. Mit den Ergebnissen ist die Hälfte immer oder meistens zufrieden. Ein Drittel der Befragten verschweigt dem behandelnden Arzt jedoch die Kontaktaufnahme zu Dr. Google. Aus gutem Grund?

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Patienten suchen immer häufiger Rat im Internet. Ärzte sollten auf seriöse Quellen verweisen
Patienten suchen immer häufiger Rat im Internet. Ärzte sollten auf seriöse Quellen verweisen
(Bild: Pixabay / CC0 )

Nach Gesprächen mit Ärzten oder Angehörigen und Freunden ist das Internet eine wichtige Informa­tionsquelle für Patienten. Eine ­Untersuchung der Bertelsmann Stiftung zeigt auf, wie sich die Bevölkerung online über Gesundheitsthemen informiert, ob sie mit den Ergebnissen zufrieden sind und wie die Ärzte dazu stehen.

Gründe für die Internet-Recherche

Die Befragten suchen aus verschiedenen Gründen Rat im Internet. Manche wollen sich auf einen Arzttermin vorbereiten oder die Empfehlungen des Arztes überprüfen. Andere wollen Therapien vergleichen, sich über Behandlungsalternativen informieren oder sich mit anderen Betroffenen austauschen. Der letztgenannte Grund stellt klar, dass es den Patienten nicht nur um Fakten geht. Sie suchen bei Mit-Patienten Zerstreuung oder Trost – ein Qualitätsmerkmal, das der Arzt aus Zeitgründen selten bieten kann.

„Anders als vielfach behauptet, ist das Internet ein geschätzter Ratgeber. Patienten finden, wonach sie suchen“, so Brigitte Mohn, Vorstand der Bertelsmann Stiftung. Demnach sind 52 Prozent der Befragten mit den Ergebnissen ihrer Suche „immer“ oder „meistens zufrieden“. 44 Prozent sind „teils, teils zufrieden“.

Bildergalerie

Qualität der Ergebnisse

Zahlreiche, reichweitenstarke Portale bieten den Suchenden Informationen von solider bis sehr guter Qualität, wie die Universität Frankfurt am Main 2017 für das Magazin „Ökotest“ ermittelte. Doch auch unseriöse und falsche Informationen sind im Internet weit verbreitet. „Um Patienten vor gezielten Falschinformationen zu schützen, muss im Sinne einer Marktwächterfunktion konsequent dagegen vorgegangen werden. Bislang gibt es dafür wenig Konzepte und Verantwortlichkeiten. Die Entwicklung erfolgversprechender Strategien ist daher eine Aufgabe, die dringend angegangen werden muss“, so Mohn.

Einschätzung der Ärzte

Hier sind auch die Ärzte gefragt. Immerhin 40 Prozent der befragten Mediziner geben ihren Patienten gute Informationsquellen an die Hand. Im Umkehrschluss tun dies 46 Prozent aber nicht und weitere 14 Prozent raten ihren Patienten sogar davon ab, sich im Internet zu informieren.

Rund ein Drittel der befragten Patienten erzählen ihrem Arzt auch nicht von ihren Recherchen, unter anderem, weil sie befürchten, der Arzt würde sich darüber ärgern. Dies tun zwar lediglich zehn Prozent, weitere 20 Prozent jedoch ärgern sich immerhin teilweise, wenn ihre Patienten sie zu ihren eigenen Nachforschungen befragen (s. Grafik in der Bildergalerie). Einige Patienten verstehen auch die Fachsprache des Arztes nicht, andere haben schlicht wenig Vertrauen und haben Angst vor einer falschen Behandlung. Die Ärzte könnten hier mit etwas mehr Zeit und Verständnis das Vertrauensverhältnis stärken.

„In den Praxen wird das Potenzial von Dr. Google häufig noch verschenkt. Patienten sollten offen über selbst gefundene Informationen sprechen, Ärzte und Therapeuten verlässliche Websites oder Apps empfehlen können“, so Marion Grote-Westrick, Gesundheitsexpertin der Bertelsmann Stiftung.

Potenziale nutzen

Um bessere Behandlungsergebnisse zu erzielen, empfehlen die Studienmacher:

  • Alle Akteure im Gesundheitssystem sollten die Vielfalt von Gesundheitsinformationen anerkennen: Sie erfüllt die unterschiedlichen Bedürfnisse der Patienten. Darüber hinaus sollten die in Entstehung befindlichen Elektronischen Patientenakten als Plattform in Betracht gezogen werden, um Gesundheitsinformationen für Patienten bereitzustellen.
  • Ärzte sollten Patienten bestärken, sich selbst zu informieren. Zudem sollten Ärzte gute Informationsquellen kennen und empfehlen, um Praxisbesuche und Krankenhausaufenthalte gezielt vor- oder nachzubereiten.
  • Patienten sollten offen mit ihrem Arzt über eigene Rechercheergebnisse sprechen.

Über die Studie

Die Untersuchung der Bertelsmann Stiftung setzt sich aus zwei Teilen zusammen:

1. Tiefeninterviews: Das Rheingold-Institut befragte 18 Frauen und 18 Männer im Alter von 16 bis 78 Jahren in zweistündigen Interviews, wie sie nach Gesundheitsinformationen suchen. Ihre gesundheitlichen Beschwerden reichten von akuten, leichten Erkrankungen oder unspezifischen Symptomen über chronische, leichte Erkrankungen bis hin zu akuten, schweren und chronischen, schweren Erkrankungen. Zwei bis drei Monate vor den Interviews haben die Probanden mindestens zwei dieser Quellen genutzt:

  • Arzt, Apotheker oder anderes Fachpersonal
  • Internet
  • Printmedien, Zeitschriften, Broschüren
  • TV, Radio, Mediatheken,
  • YouTube oder Podcasts

2. Telefonische Befragung: Kantar Emnid befragte im Oktober 2017 1.074 Personen im Alter von 18 bis 80 Jahren.

Eine Zusammenfassung der Ergebnisse bietet die Publikation „Spotlight Gesundheit“ der Bertelsmann Stiftung.

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