Koalitionsvertrag in Hessen Eine Milliarde für Digitalisierung und ein Ministerium

Autor / Redakteur: Franz-Reinhard Habbel / Manfred Klein

Schon sehr früh wurden in Hessen die Weichen in Richtung Modernisierung gestellt. Das Land hatte den ersten CIO und war Impulsgeber beim einheitlichen Behördenruf 115 oder bei der Organisation von Schwertransporten durch ganz Deutschland. Nun liegt für die 20. Legislaturperiode ein weiterer Koalitionsvertrag vor. Franz-Reinhard Habbel hat einen genaueren Blick auf den Vertrag geworfen.

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Der Koalitionsvertrag ist umfangreich, bietet aber wenig Neues. Auch in Hessen gilt es, erst einmal den Digitalisierungsrückstand aufzuholen
Der Koalitionsvertrag ist umfangreich, bietet aber wenig Neues. Auch in Hessen gilt es, erst einmal den Digitalisierungsrückstand aufzuholen
(© dietwalther – stock.adobe.com)

In einem eigenen Kapitel werden auf rund zehn Seiten alle Maßnahmen zur Digitalisierung dargestellt. Neben der Zieldarstellung, dass die Digitalisierung kein Selbstzweck ist, sondern den Menschen zu dienen hat und einer gewünschten Effizienzsteigerung der Verwaltung, geht es um die Arbeitswelt 4.0, Künstliche Intelligenz – die in dem Vertrag einen großen Raum einnimmt –, um digitale Bildung, Energieversorgung, digitale Mobilität für Stadt und Land und eGovernment. Ausführlich beschrieben werden auch die Chancen der Digitalisierung.

Die Digitalisierungspolitik soll stärker gebündelt, die Strategie Digitales Hessen weiter umgesetzt und kontinuierlich weiterentwickelt werden. Im Rahmen einer Digitalisierungs-Offensive sollen insgesamt 1 Milliarde Euro zur Verfügung gestellt werden. Das Land will die Erfahrungen der „Digitalen Stadt“ Darmstadt nutzen und sie in ihrer Modellwirkung weiter stärken. Hessen will bei der großen Aufgabe der Digitalisierung der Verwaltung vorrangig die Zusammenarbeit mit anderen Ländern suchen, die gleiche Ziele verfolgen.

Langfristiges Ziel ist ein möglichst flächendeckendes 5G-Netz und ein Ausbau der WLAN-Verfügbarkeit in Hessen. In einem ersten Schritt soll außerdem in allen öffentlichen Gebäuden des Landes freier Zugang zum Internet ermöglicht werden. Bürgerinnen und Bürger sowie Unternehmen in Hessen sollen in Zukunft rund um die Uhr online, barrierefrei und auch mobil auf Verwaltungsdienstleistungen zugreifen können. Ein gemeinsames Bürgerportal mit dem Bund hat dabei Priorität.

Zwischen Land und Schulträgern soll ein „Hessischer Digitalpakt Bildung“ geschaffen werden. Er verfolgt das Ziel, die Themen Digitalisierung und Medienbildung in einem abgestimmten Konzept unter Berücksichtigung der Qualifizierung von Lehrkräften, der Schaffung der entsprechenden Infrastruktur, der Entwicklung pädagogischer Leitlinien und der Einbeziehung der digitalen Bildung in alle Fächer in den Schulen zu verankern. Die Anbindung der Schulen an das schnelle Internet und eine zeitgemäße IT- und Medienausstattung sind Voraussetzung für das neue digitale Lernen.

Im Bereich Breitband will man bis 2025 das Land flächendeckend mit gigabitfähigen Infrastrukturen versorgen. Der Großteil des Ausbaus muss und soll privatwirtschaftlich erfolgen. „Wir wollen als Land den Prozess insbesondere im ländlichen Raum beschleunigen und die Landesmittel für den Breitbandausbau erheblich steigern“, heißt es dazu im Koalitionsvertrag.

Bei der digitalen Mobilität für Stadt und Land ist es das Ziel der Koalitionäre, ein voraus­schauendes, dynamisches, verkehrsträgerübergreifendes Verkehrsmanagement mit KI für die koordinierte Steuerung täglicher Verkehrsströme aufzubauen. Die Digitalisierung und insbesondere die Künstliche Intelligenz eröffnen große Chancen, Verkehre zu steuern und miteinander zu verbinden. Um diese Möglichkeiten optimal zu nutzen, sollen innovative Mobilitäts- und Logistikkonzepte im Rahmen der digitalen Vernetzung gefördert und auch die Reduzierung des gesetzlichen Regelwerks bei der Zulassung von plattformbasierten Angeboten vorangetrieben werden.

Die neue Regierung will ebenfalls neue Mobilitätsformen in Stadt und Land unterstützen. Dazu sollen die Möglichkeiten des Verkehrsmittel-Sharings genauso wie Modelle für Autonomes Fahren nicht nur innerstädtisch, sondern auch auf Überlandverbindungen und auf dem Land vorangebracht werden. Beim der Digitalisierung der Öffentlichen Verwaltung ist es das Ziel, die Dienstleistungen der Verwaltungen einfacher, bequemer, zügiger und aufwandsärmer sowie möglichst orts- und zeitunabhängig in Anspruch genommen werden können.

Hessen will sich auch für ein gemeinsames Bürgerportal mit dem Bund einsetzen, Geobasisdaten weitgehend kosten- und lizenzfrei bereitstellen sowie die Kommunen dabei unterstützen, landesweite elektronische Baugenehmigungsverfahren zu etablieren. Auch das Once-only-Prinzip, das heißt der Verzicht auf unnötige Mehrfacheingaben, von Daten soll verwirklicht werden. Bemerkenswert ist auch die Einrichtung eines eigenen Digitalministeriums. Es wird von der CDU besetzt.

Fazit

Die 196 Seiten des Koalitionsvertrages, damit einer der längsten in Deutschland, geben der Digitalisierung breiten Raum. 70 mal kommt allein der Begriff Digitalisierung vor. Die digitale Bildung zählt zu den Fokusthemen, auch der künstlichen Intelligenz wird breiten Raum gewidmet. Angesprochen werden dabei auch ethische Fragestellungen. Das klassische eGovernment wird weitgehend nur beschreibend dargestellt. Viel Neues findet sich hier nicht. Geht es auch zunächst darum, den großen Nachholbedarf in ganz Deutschland zu bewältigen.

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