nPA-Projektleiter Andreas Reisen zieht Zwischenbilanz Ein Jahr neuer Personalausweis

Redakteur: Gerald Viola

Seit 1. November 2010 wird der neue Personalausweis ausgestellt. Seine Einführung war mit dem Ziel verbunden, den bisherigen Personalausweis durch ein neues hoheitliches Dokument abzulösen, das den heutigen wie zukünftigen Anforderungen im Reiseverkehr ebenso gerecht wird, wie den Anforderungen an eine sichere Identifikation im eGovernment und im eBusiness. Inzwischen wurden rund 8,7 Millionen neue Personalausweise ausgestellt. Ende des Jahres werden es etwa 10 Millionen sein. Andreas Reisen, Leiter des Referates „Pass- und Ausweiswesen; Identifizierungssysteme“ im Bundesministerium des Innern, hat das Projekt von seinem Beginn an geleitet. Für eGovernment Computing zieht er eine Bilanz der ersten zwölf Monate nach dem Tag der Erstausgabe.

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In den letzten Tagen wurde ich oft gefragt, ob ich zufrieden mit dem Erreichten sei, oder ob der neue Personalausweis und die verwendete Technik noch in den „Kinderschuhen steckten“. Die Antwort darauf ist nicht einfach, da sich die Frage stets auf die neue Funktion des „Sich-Online-Ausweisens“ bezog. Ich möchte die Frage daher weiter fassen, im Folgenden etwas ausführlicher beantworten und dabei diesen Artikel dazu nutzen, einige mit den neuen Funktionen des Ausweises verbundene Aspekte darzulegen, die in der Diskussion der letzten Monate nicht genug Beachtung gefunden haben.

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Am 23. Juli 2008 hat das Bundeskabinett die Einführung des neuen Personalausweises mit dem erklärten Ziel beschlossen, den bisherigen Personalausweis durch ein neues hoheitliches Dokument abzulösen, das den heutigen und zukünftigen Anforderungen gerecht wird. Es sollte zum einen die Sicherheit im Reiseverkehr verbessern und zum anderen eine sichere Identifikation des Ausweisinhabers in der digitalen Welt ermöglichen. Insbesondere sollte der Personalausweis auch im eGovernment, im eBusiness und in Verbindung mit Offline-Systemen, wie beispielsweise an Automaten, genutzt werden können.

28 Monate später wurde der erste neue Personalausweis wie geplant ausgegeben. Vier Behörden waren beteiligt: das Bundesministerium des Innern (BMI), das Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI), das Bundeskriminalamt (BKA) und das Bundesverwaltungsamt (BVA). Die Bundesdruckerei (BDr) war und ist der Systemlieferant. In den ersten Wochen nach dem 1. November 2010 mussten technische Anfangsschwierigkeiten bewältigt werden, die zu Verzögerungen führten.

Derartige Probleme lassen sich bei Projekten dieser Größenordnung trotz sorgfältiger Planung, Vorbereitung und Durchführung von Tests nicht völlig ausschließen. Zudem erschwerte die sehr heterogene IT-Infrastruktur in den Städten und Kommunen die technische Umsetzung. Inzwischen laufen Beantragung, Produktion und Auslieferung der neuen Ausweise stabil. Im Schnitt werden rund 200.000 Ausweise pro Woche in der Bundesdruckerei hergestellt, die für den neuen Ausweis eigens eine hochmoderne Produktionsstraße aufgebaut hat. Die durchschnittliche Produktionszeit beträgt jetzt 6,3 Tage.

Online-Ausweisfunktion

Obschon vor und während der gesamten Projektlaufzeit das innovative Potenzial einer staatlichen Sicherheitsinfrastruktur für das Internet von der Wirtschaft ebenso wie von der Verwaltung attestiert wurde, steigt die Zahl der Anwendungsmöglichkeiten für die Online-Ausweisfunktion nicht so schnell wie erwartet. Offenbar handelt es sich hier um das Problem von Henne und Ei. Ist die Anzahl der potenziellen Nutzer zu gering, wird nicht in die Entwicklung von Angeboten investiert. Fehlen die Angebote, sehen die Bürgerinnen und Bürger keinen Nutzen in der Online-Ausweisfunktion und lassen sie abschalten.

Vor diesem Hintergrund ist es bemerkenswert, dass sich trotzdem im Bundesdurchschnitt ein gutes Drittel der Inhaber des neuen Ausweises für eine Nutzung der neuen Funktionen entscheidet. Das sind heute schon etwa drei Millionen Bürger. Allerdings gibt es hier große regionale Unterschiede. In Städten und Kommunen, die Anwendungsmöglichkeiten für die eID-Funktion anbieten, ist die Prozentzahl deutlich höher. Ingolstadt steht – soweit mir derartige Zahlen bekannt sind – mit 65 Prozent an der Spitze, weitere gute Beispiele sind die Städte Hagen und Münster.

Wichtiger Treiber von Innovationen

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