Verwaltungsdigitalisierung E-Akte: Too big to fail?

Von Johannes Kapfer Lesedauer: 5 min

Anbieter zum Thema

Deutschlandweit bremsen tausende Regalkilometer an Altlasten den Fortschritt in Sachen E-Akte. Am Beispiel Berlin zeigt sich: Anlassbezogenes Scannen ist immer noch State-of-the-Art und trotz mehr als einem Jahrzehnt der Vorbereitung biegen sich nach wie vor die Tische der Verwaltungsangestellten unter der immensen Last der Aktenberge. Wie realistisch ist es also, dass nach Jahren des Müßiggangs plötzlich der „Digitalisierungs-Turbo“ gezündet wird? Und ist die E-Akte „too big to fail“?

Die E-Akte hat in den vergangenen zehn Jahren viel mediale Präsenz erfahren und tritt dennoch seit langem auf der Stelle.
Die E-Akte hat in den vergangenen zehn Jahren viel mediale Präsenz erfahren und tritt dennoch seit langem auf der Stelle.
(© mnirat - stock.adobe.com)

Die Bürgermeisterin von Berlin Mitte untersagt bis auf Weiteres den Einsatz der E-Akte innerhalb ihres Hauses. Diese Meldung schlug ein wie ein Paukenschlag. Berlin – als größte Kommune Deutschlands und in der Doppelrolle als Stadt und Land – gilt nach wie vor als eine Art Testballon und Gradmesser für die Verwaltungsdigitalisierung in Deutschland.

Man könnte sich also fragen, an welcher Stelle sich die Öffentliche Verwaltung auf dem Weg der Verwaltungsdigitalisierung verlaufen hat.

Der ursprüngliche Anforderungskatalog an die E-Akte

Das Organisationskonzept elektronische Verwaltungsarbeit wurde im Mai 2012 vom Bundesministerium des Innern (BMI) veröffentlicht und ist bis zum heutigen Tag in unveränderter Form gültig.

Um diesen Zeitpunkt einmal in Relation zu setzen:

  • Zum ersten Mal seit 1998 verkaufte Nokia – weltweit betrachtet – nicht mehr die meisten Mobiltelefone.
  • Das Betriebssystem der Wahl war Windows XP.
  • Die Drogeriekette Schlecker musste Insolvenz anmelden.

All diese Gegebenheiten klingen sehr weit entfernt, da sich insbesondere die technischen Möglichkeiten innerhalb der letzten Dekade rasend – um nicht zu sagen exponentiell – weiterentwickelt haben und die Anforderungen von damals heutzutage hochgradig antiquiert anmuten. In der ursprünglichen Fassung dieses Konzepts war vorgesehen, dass zunächst diejenigen Akten digitalisiert werden, die für die alltägliche Verwaltungsarbeit benötigt werden. In einer idealen Welt sollten die restlichen Regalkilometer – im laufenden Betrieb und quasi nebenbei – peu à peu veraktet, verschlagwortet und je nach Aufbewahrungsfrist früher oder später der thermischen Verwertung zugeführt werden. Abschließend hätte die Zusammenführung der Scans mit einer (neuangelegten) digitalen Akte auf der Agenda gestanden. So weit der Plan. Doch wie sieht die Umsetzung in der Realität aus?

E-Akte: Der Stand der Dinge

Das aktuelle Prozedere bei der Digitalisierung von Bestandsakten ist bis dato verhältnismäßig aufwändig und nur mäßig reglementiert. Jede Behörde und Kommune verfolgt dabei – je nach Stärke der Personaldecke – ein differenziertes Vorgehen. Die Berliner Verwaltung beispielsweise verfügt über mehr als 80 Behörden und diese wiederum teilweise über dutzende Außenstellen. Jede dieser Behörden erhält auf täglicher Basis hunderte Briefe, Formulare und sonstige Schriftstücke, die jedoch nicht immer einer normierten Form entsprechen. Manche davon sind – laut Mitarbeitern der Berliner Stadtverwaltung – zudem entweder per Hand verfasst und/oder derart unleserlich gestaltet, dass die händische Bearbeitung dieser einen enormen Zeitaufwand nach sich zieht. Aus diesem Grund wurde bereits vor einigen Jahren pro Behörde eine zentrale Bearbeitungsstelle für eingehende Post und Schriftverkehr im Allgemeinen eingerichtet. In diesen Zentralstellen werden diese Dokumente gesammelt und anlassbezogen gescannt und dann im weiteren Verlauf den jeweiligen Sachbearbeiterinnen und Sachbearbeitern zugewiesen. Was wie ein solide geplantes System klingt, entpuppt sich auf den zweiten Blick jedoch als verwaltungstechnische Mammutaufgabe.

Auf der nächsten Seite: Welche Probleme konkret vorliegen und wie diesen begegnet werden kann.

(ID:49681787)

Jetzt Newsletter abonnieren

Wöchentlich die wichtigsten Infos zur Digitalisierung in der Verwaltung

Mit Klick auf „Newsletter abonnieren“ erkläre ich mich mit der Verarbeitung und Nutzung meiner Daten gemäß Einwilligungserklärung (bitte aufklappen für Details) einverstanden und akzeptiere die Nutzungsbedingungen. Weitere Informationen finde ich in unserer Datenschutzerklärung.

Aufklappen für Details zu Ihrer Einwilligung