Interview mit dem Parlamentarischen Staatssekretär Dr. Jens Brandenburg DigitalPakt: Artikel 104c ist keine geeignete Grundlage
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Mit dem DigitalPakt Schule unterstützt der Bund die Länder und Gemeinden bei Investitionen in die digitale Bildungsinfrastruktur. Doch wie fällt das Fazit nach drei Jahren aus und wie geht es mit dem DigitalPakt nach dessen Ablauf weiter? Darüber spricht der Parlamentarische Staatssekretär Dr. Jens Brandenburg im Interview.

Drei Jahre DigitalPakt Schule – wie fällt Ihr Fazit aus?
Brandenburg: Wir haben direkt nach dem Regierungswechsel den DigitalPakt Schule mit Ländern und Kommunen beschleunigt. Der DigitalPakt Schule wird und wurde viel kritisiert. Zuerst muss man festhalten, dass die Schulen vor dem Pakt in der Kreidezeit steckten. Bis dahin war es nicht gelungen, den digitalen Wandel in die Schulen zu bringen. Nun sind zum Glück alle aufgewacht. Das ist positiv.
Der Bund hat sich bereit erklärt, 6,5 Milliarden Euro für die digitale Infrastruktur zur Verfügung zu stellen. Die Länder haben sich verpflichtet, die Qualität des digitalen Unterrichts zu verbessern, die Lehrkräfte fortzubilden und die Lehrpläne zu modernisieren. Seitens des Bundes erfüllen wir unseren Teil des Paktes. In der Vereinbarung zwischen Bund und Ländern wurde sich zum Ziel gesetzt, dass zur Hälfte der Laufzeit die Hälfte der Mittel gebunden sein soll. Das haben wir erreicht und lassen jetzt nicht locker. In seinem Urteil zu den Schulschließungen hat das Bundesverfassungsgericht den DigitalPakt Schule sogar zitiert und als Maßstab der Zumutbarkeit herangezogen. Denn auch den Digitalisierungsschub in der Corona-Pandemie verdanken wir den Bundesmitteln. Trotz aller immer noch bestehenden Defizite waren es vor allem Mittel aus dem DigitalPakt, die in zusätzlich beschaffte Landesserver für den Online-Unterricht geflossen sind und in Endgeräte für Schülerinnen und Schüler.
Der Bundesrechnungshof rät davon ab, den DigitalPakt Schule weiterzuführen, da unter anderem die erhofften Erfolge beim digitalen Lernen nicht nachweisbar sind. Was sagen Sie zu der Kritik?
Brandenburg: Bund und Länder hatten sich im Pakt zu verschiedenen Versprechen verabredet. Der Bund hat alles getan, damit seine finanziellen Mittel schnell und zielgerichtet in schulischen Infrastrukturen ankommen. Der Bundesrechnungshof stellt fest, dass der Bund sich an seine Paktverpflichtungen hält und den DigitalPakt im verfassungsrechtlichen Rahmen umsetzt. Er scheint aber nur eine geringe Bereitschaft der Länder zu erkennen, sich an ihre Paktverpflichtungen zu halten. Das lässt sich aber noch nicht abschließend beurteilen. Inwieweit die 16 Länder ihren Versprechungen nachgekommen sind, wird sich erst am Ende der Paktlaufzeit zeigen. Dann werden wir den DigitalPakt evaluieren und dabei auch die qualitativen Auswirkungen auf die Bildung messen.
Welchen Einfluss hat die Kritik des Bundesrechnungshofes auf das im Koalitionsvertrag vereinbarte Ziel, einen DigitalPakt 2.0 auf den Weg zu bringen?
Brandenburg: Für die Verhandlungen des DigitalPakts 2.0 sind die Feststellungen des Bundesrechnungshofs ein wichtiges Kriterium. Der Bundesrechnungshof stellt fest, dass der Bund den Ländern über den DigitalPakt Schule finanzielle Mittel gibt zur Erfüllung ihrer eigenen Aufgaben – und dass das nicht im Sinn der Verfassung sei. Alle Beteiligten des DigitalPakts Schule sind sich einig, dass der bisherige Artikel 104c des Grundgesetzes nicht die beste Verfassungsgrundlage für so ein komplexes Unterfangen ist. Das wird kein weiteres Mal funktionieren. Wir sind in Gesprächen mit den Ländern und ziehen unsere Lehre aus den Erfahrungen, die von vielen Seiten an uns herangetragen werden.
Welche konkreten Pläne gibt es denn bereits für den DigitalPakt 2.0?
Brandenburg: Gemeinsam mit den Ländern werden wir einen DigitalPakt 2.0 für Schulen mit einer Laufzeit bis 2030 auf den Weg bringen, der einen verbesserten Mittelabfluss und die gemeinsam analysierten Bedarfe abbildet. Dieser DigitalPakt wird auch die nachhaltige Neuanschaffung von Hardware, den Austausch veralteter Technik sowie die Gerätewartung und Administration umfassen. Neben der Technik muss der Fokus aber vor allem auf qualitativ gutem Unterricht im digitalen Zeitalter liegen, also pädagogische Konzepte und Fragen der Lehrkräfteaus- und weiterbildung. Mit einem DigitalPakt 2.0 wollen wir endgültig den digitalen Turbo für unser Bildungssystem zünden. Bund, Länder und auch die Kommunen, mit denen wir diskutiert haben, sind sich einig, dass der digitale Wandel für Schulen und Schulträger eine große Aufgabe darstellt. Es werden auf allen Ebenen mehr finanzielle Mittel, bessere Beratung und passende Konzepte benötigt. Es geht dabei nicht nur um Finanzierungsfragen, sondern vor allem auch um einen dauerhaft tragfähigen und pädagogisch sinnvollen Einsatz der IT im Unterricht.
Nicht nur von Seiten des Bundesrechnungshofs gibt es Kritik, immer wieder wird auch der bürokratische Aufwand für Schulen und Schulträger bemängelt. Wie lässt sich die Bürokratie abbauen beziehungsweise wie können Schulen und Schulträger bei dem Prozess unterstützt werden? Gibt es konkrete Pläne in diese Richtung?
Brandenburg: Es ist in unserem Staatsgefüge nicht vorgesehen, dass der Bund die Aufgaben der Länder finanziert. Über Art. 104c des Grundgesetzes wurde damals eine allenfalls passable Möglichkeit gefunden. Aber diese Norm setzt hohe verwaltungsrechtliche Bedingungen. Und das geht in unserem föderalen Bundesstaat genauso weiter auf Ebene der Länder und Kommunen. Das deutsche Bildungssystem ist sehr komplex aufgebaut. Wenn wir hier mit den Ländern eine bessere Lösung finden, würde das allen helfen. Dafür müssen alle Ebenen an einem Strang ziehen.
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