Tiefbaukosten reduzieren DigiNetz-Gesetz: Praxiswissen für Kommunen

Autor / Redakteur: Andreas Windolph* / Susanne Ehneß |

Anschluss und Ausbau von Glasfasernetzen in deutschen Kommunen werden entweder eigenwirtschaftlich durch Telekommunikationsanbieter oder gemeinsam mit der Öffentlichen Hand im ­Rahmen einer Förderung realisiert. Die größte finanzielle „Baustelle“ sind die hohen Tiefbaukosten.

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Verlegung von Glasfaserleitungen
Verlegung von Glasfaserleitungen
(Bild: HELBIG/ stock.adobe.com)

Mit einem Anteil von durchschnittlich 80 Prozent der Investitionen summieren sich Tiefbaukosten oft schnell auf mehrere Millionen ­Euro. TÜV Rheinland hat zu diesem Thema nun eine Kurzstudie herausgegeben: „Kosten senken im Breitbandausbau mit dem DigiNetz-Gesetz“. Darin erläutern die Experten für intelligente Netze, wie Netzbetreiber und Kommunen den Breitbandausbau in Deutschland kostengünstiger vorantreiben ­können.

Rechte & Pflichten

Um die Kosten im Breitbandausbau zu senken, definiert das DigiNetzG teilweise neue Rechte und Pflichten für Eigentümer und Betreiber öffentlicher Versorgungs- und Telekommunikationsnetze ­sowie für Gebäudeeigentümer. Wird künftig eine Straße neu angelegt oder saniert, muss die Öffentliche Hand beispielsweise Lehrrohre mit Glasfaserkabeln mitverlegen.

Bei öffentlich finanzierten Bauarbeiten und bei der Erschließung von Neubaugebieten können Netzbetreiber eine Mitverlegung geeigneter passiver Netzinfrastrukturen und Glasfaserkabel erreichen und zahlen dafür ein Mitnutzungsentgelt – was in der Regel deutlich günstiger ist, als selbst zu buddeln. Deshalb haben sie auch Anspruch auf einen verbesserten Zugang zu Informationen über die tatsächliche Versorgungslage in einem bestimmten Gebiet. In der Kurzstudie erläutert TÜV Rheinland konkrete Anwendungsbereiche. Die Studie greift wichtige Aspekte aus der Praxis auf, darunter die Frage, unter welchen Voraussetzungen eine Mitnutzung überhaupt möglich ist, welche Rechtsgrundlagen für die Weitergabe von Informationen über vorhandene beziehungsweise geplante Infrastrukturen gelten und in welchen zeitlichen Spielraum die Kommunen für die Prüfung eines Antrags auf Mitnutzung haben.

Anhand zweier Fallbeispiele erläutern die Experten außerdem den Arbeitsprozess: von der Vorbereitung über die Vor-Ort-Inspektion bis hin zur Antragstellung.

Kooperation zwischen Stadtwerk und TK-Firma

In einem theoretischen Fallbeispiel wird eine Kooperation zwischen ­einem Telekommunikationsnetzbetreiber und einem Stadtwerk dargestellt: Weil noch keine Informationen des lokalen Stadtwerks für das Ausbaugebiet vorliegen, stellt das Telekommunikations­unternehmen einen Antrag auf ­Informationen direkt beim Eigentümer oder Betreiber des Netzes. Dieser kann dann wahlweise auf digitalem oder analogem Weg versendet werden.

Das Stadtwerk muss die abgefragten Daten (am besten direkt in ­digitaler Form) dem TK-Netzbetreiber innerhalb von zwei Monaten vorlegen.

Im nächsten Schritt kann der TK-Netzbetreiber eine Vor-Ort-Untersuchung durch das Stadtwerk beantragen. Aus dem Antrag muss hervorgehen, um welches Gebiet es sich handelt, welche Netzstrukturen betroffen sind und wie diese Mitnutzung zum Ausbau digitaler Hochgeschwindigkeitsnetze beiträgt.

Für die Entscheidung dieses Antrags hat das Stadtwerk einen Monat Zeit. Im Falle begrenzter Ressourcen können auch Dritte mit der Durchführung der Vor-Ort-Untersuchung beauftragt werden.

Die Informationen müssen ­digital aufbereitet und dem TK-Netzbetreiber übermittelt werden. Die Kosten der Untersuchung und die durch die Beeinträchtigung entstandenen Kosten werden aufgelistet und dem Telekommunikationsunternehmen in Rechnung gestellt.

Angemessenes Nutzungsentgelt

Entscheidet sich der TK-Netzbetreiber aus technischen und wirtschaftlichen Erwägungen dafür, die passiven Infrastrukturen des Stadtwerkes mit zu nutzen, ist der nächste Schritt ein weiterer Antrag beim Stadtwerk. Das Stadtwerk prüft innerhalb von zwei Monaten, ob die Mitnutzung zumutbar ist. Ein Wirtschaftlichkeitsvergleich unter Berücksichtigung der Folgekosten einer Mitnutzung (zusätzliche Material- und Wartungskosten, Geschäftsentwicklung) liefert die notwendigen Eckdaten.

Im Falle einer positiven Entscheidung unterbreitet das Stadtwerk dem TK-Netzbetreiber ein Angebot über ein angemessenes Nutzungsentgelt für die Mitnutzung der Leerrohre. Auf Basis einer Wirtschaftlichkeitsbetrachtung ist zu prüfen, ob sich die Mitnutzung rentiert oder das Entgelt nachverhandelt werden muss.

Entscheidet sich das Stadtwerk gegen die Mitnutzung oder das Nutzungsentgelt wird als unangemessen gering bewertet, können beide Seiten die Bundesnetzagentur (BNetzA) um eine erneute Prüfung ersuchen. Innerhalb von vier Monaten muss die BNetzA eine verbindliche Entscheidung fällen.

Tiefbaukosten reduzieren

Die TÜV-Rheinland-Studie erläutert auch, wie ein Mitnutzungsentgelt berechnet werden kann und welche festen Kennzahlen und beeinflussbaren Faktoren über die Höhe des Mitnutzungsentgeltes maßgeblich entscheiden können. Im Fallbeispiel prüft ein TK-Unternehmen im Zuge einer FTTC/FTTB-Netzplanung (siehe unten, Tabelle 1), ob passive Infrastruktur anderer TK-Netzbetreiber, Kommunen oder Versorgungsunternehmen, nutzbar wären. In einem theoretischen Beispiel für ein kommunales Netzausbauprojekt hat TÜV Rheinland das Synergiepotenzial berechnet. Die Infrastrukturanalyse und strategische Netzplanung zeigen, dass umfangreiche Leerrohre als Synergietrassen einbezogen werden können.

Ohne Berücksichtigung der vorhandenen Leerrohre müssten mehrere Kilometer Glasfaserkabel neu verlegt werden. Diese Baumaßnahmen erfordern entsprechende ­Tiefbauarbeiten.

Die Tiefbaukosten betragen in dem theoretischen Beispiel 78 Prozent der Gesamtinvestition (siehe unten, Tabelle 2). Würden Leerrohre des vor Ort aktiven Versorgungsunternehmens beim Ausbau mitgenutzt, ließen sich Tiefbaukosten theoretisch um nahezu eine Million Euro reduzieren. Allerdings entspricht das nicht unbedingt dem zu realisierenden Einsparpotenzial, da die Höhe des Mitnutzungsentgeltes erst berechnet und mit dem Eigentümer der Leerrohre verhandelt werden muss.

Ein solches Entgelt ist im Rahmen einer Wirtschaftlichkeitsbetrachtung durch das TK-Unternehmen exemplarisch zu ermitteln, unter anderem müssen geografische Gegebenheiten, die Art der passiven Infrastruktur, aber auch die Kosten für die Mitverlegung der Glasfaser­verkabelung berücksichtigt werden.

Der Autor: Andreas Windolph
Der Autor: Andreas Windolph
(Bild: TÜV Rheinland)

Fazit

Im Ergebnis des Fallbeispiels könnten so die Gesamtkosten durch die Mitnutzung der Leerrohre um bis zu 15 Prozent reduziert werden (siehe unten, Tabelle 3).

Eine echte Win-Win-Situation, die es lohnt, näher zu analysieren, auch wenn es um die Kooperation zwischen einem TK-Netzbetreiber und einer Kommune zur Mitverlegung von Netzelementen (Koordinierung von Baustellen) geht – ein Fallbeispiel, das die Studie von TÜV Rheinland ebenfalls näher beleuchtet. Ziel ist es, Akteure wie Netzbetreiber und Öffentliche Hand im Breitbandausbau darin zu unterstützen, erste strategische Überlegungen rund um das DigiNetz-Gesetz anzustellen und eigene Chancen auszuloten.

Die angesprochenen Tabellen finden Sie hier:

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Die TÜV-Rheinland-Studie zum DigiNetz kann online hier kostenlos angefordert werden.

* Der Autor: Andreas Windolph, Teilbereichsleiter Breitband & Intelligente Netze bei TÜV Rheinland

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