Die Wirtschaft steht alle paar Jahre vor einem größeren Umbruch. Nach Globalisierung und Urbanisierung entstehen aktuell durch digitale Transformation und Disruption neue Geschäftsmodelle. Die Rolle der IT in der Organisation hat sich durch die Digitalisierung und den Umgang mit neuen Technologien verändert. Gilt dies auch in der Öffentlichen Verwaltung?
Welche IT-Strategie ist die richtige für den digitalen Wandel der Verwaltung?
(Bild: @ MH – Fotolia.com)
Die Anforderungen und Erwartungshaltung an die IT von Bund, Länder und Kommunen wandeln sich. Digitale Agenda, eGovernment, Cloud Computing, mobile Endgeräte oder IT-Konsolidierung erfordern eine Neu-Ausrichtung der IT. Neben dem Fokus auf Kosten und Stabilität sind zusätzliche Anforderungen an Adaptionsfähigkeit und Geschwindigkeit der IT zu erfüllen. Eine moderne IT-Strategie in der Öffentlichen Verwaltung, die sich den Herausforderungen der Digitalisierung gewachsen zeigen will, braucht einen völlig neuen Grad an Flexibilität. Es lohnt, vor diesem Hintergrund den Umgang mit IT-Strategien in der Wirtschaft und die bekannten IT-Strategieschulen zu betrachten.
10 Strategieschulen im Überblick
10 Strategieschulen im Überblick
Im Folgenden wollen wir die grundlegenden Ansätze von zehn etablierten Strategieschulen kurz vorstellen:
Designschule: Strategiebildung erfolgt hier als logischer Prozess, der zu einer ausgereiften Strategie führt, die ausformuliert und umgesetzt wird. Der CEO ist der Stratege. Die Designschule arbeitet mit Modellen (SWOT) und Checklisten. Fähigkeiten und Chancen werden analysiert und aufeinander abgestimmt. Das Motto: Establish fit.
Planungsschule: Anders als die Designschule ist die Planungsschule hoch formal angelegt, als komplexes System von Schritten und Teilplänen (SWOT, Checklisten etc.). Die Verantwortung bleibt beim CEO, die Ausarbeitung wird aber von spezialisierten Planern durchgeführt.
Positionierungsschule: Hier gilt der Fokus stärker dem Inhalt der Strategie und weniger dem Prozess ihrer Formulierung. Die Gewichtung verlagert sich von Planung auf Analyse. Zentral werden das Studium der Branche, in der eine Organisation tätig ist, sowie die Auswahl der strategischen Wege (BCG-Matrix, 5-Forces-Modell, Wertkette etc.).
Machtschule: Strategiebildung wird von der Machtschule als ein Prozess der Einflussnahme betrachtet, in dem Einzelpersonen, Gruppen oder Allianzen ihre Interessen durchzusetzen versuchen. Unterschieden wird zwischen Machtbeziehungen im Innern (micro power) und dem Verhältnis zur Außenwelt (macro power).
Unternehmerische Schule: In dieser Schule, die auf der klassischen Wirtschaftstheorie von Joseph Schumpeter basiert, obliegt Strategiebildung allein der Führungsperson. Strategie wird als Vision und Perspektive betrachtet, die auf Intuition, Kreativität und Erfahrung gründet – statt auf formaler Planung. Dies erlaubt große Flexibilität in der Strategiebildung.
Kognitive Schule: Die kognitive Schule geht davon aus, dass Manager aufgrund ihrer Erfahrung und ihres Wissens handeln – was wiederum ihre Erfahrung prägt. Großes Interesse gilt hier der Frage, wie Führungskräfte Informationen verarbeiten und ihre Entscheidungen treffen.
Umweltschule: Die Umwelt wird im Sinne von Kräften gesehen, die als zentrale Akteure im Strategieprozess wirken. An diese Kräfte hat sich eine Organisation anzupassen, ansonsten wird es „wegselektioniert“.
Kulturschule: Diese Strategielehre beschäftigt sich mit dem Einfluss der Kultur, speziell der Organisationskultur, auf den Prozess der Strategieentwicklung und auf die Einstellung zu Wandel und strategischen Änderungen.
Lernschule: Wie auch die kognitive Schule kommt die Lernschule ohne formale Modelle aus. Strategien entstehen hier durch die Konfrontation mit der Situation und den Möglichkeiten der Organisation. Letztlich werden Verhaltensmuster identifiziert, die sich als erfolgreich erwiesen haben.
Konfigurationsschule: Die Konfigurationsschule hat ihre Wurzeln in der Zufallstheorie. Weil unterschiedliche Situationen unterschiedliches Verhalten hervorbringen, gibt es keine allgemeingültige Strategie. Jede Situation im Markt und innerhalb der Entwicklungsdynamik der Organisation erfordert eine darauf abgestimmte Strategie.
Digitale Transformation geschieht nicht von selbst
Die digitale Transformation einer Organisation ist eine anspruchsvolle Aufgabe, die immer auch das Risiko des Scheiterns birgt. In nahezu jedem Bericht vom Bundesrechnungshof oder Bund der Steuerzahler finden sich komplexe IT Vorhaben, die in Schieflage geraten sind. Beispielsweise benötigte die Zollverwaltung ein neues IT-Verfahren, um Geldforderungen für sich und am Verfahren beteiligte Behörden und Einrichtungen zu vollstrecken. Dabei erhöhten sich die Ausgaben für die Umsetzung des neuen Verfahrens von 7,3 Millionen auf 16,4 Millionen Euro bei einer gleichzeitigen Verzögerung von vier Jahren.
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Ein ähnliches Beispiel ist das ELENA-Verfahren. Mittels elektronischem Entgeltnachweis sollten automatisiert Einkommensdaten aus den Unternehmen an eine zentrale Speicherstelle übermittelt und somit Bürokratie abgebaut werden. Nach fast zehn Jahren ist das Projekt letztendlich an zwingend erforderlichen Sicherheitsstandards, die nicht flächendeckend eingeführt werden konnten, gescheitert.
In der Wirtschaft wird IT als Wettbewerbsfaktor gesehen. In der Öffentlichen Verwaltung steht die IT weniger im Wettbewerb, die Verantwortung und die Komplexität sind jedoch mindestens genauso hoch. Insofern sind ganzheitliche Ansätze nötig, die Strategie, Organisation und Technologie gleichermaßen berücksichtigen. Die Zeiten eines One-Size-Fits-All-Ansatzes in der IT sind endgültig vorbei. IT muss heute vor allem eines: funktionieren. In der Vergangenheit war es oft ausreichend, aus der Geschäftsstrategie sehr konzeptorientiert und sequentialisiert eine IT-Strategie abzuleiten, die für einen längeren Zeitraum wirksam war. Auch wenn diese IT-Strategie mithilfe eines Scorecard-Ansatzes mehr oder weniger regelmäßig auf den Prüfstand gestellt wird, bleibt doch ein gravierender Nachteil: Eine solche IT-Strategie ist im Ergebnis zumeist sehr eindimensional und wenig differenziert, somit oftmals zu statisch und unflexibel. Der Planungshorizont ist meist zu lang und Anpassungen der IT-Strategie ziehen einen erneuten langwierigen Prozess nach sich.
In der Öffentlichen Verwaltung erschweren die Struktur und Arbeitsweise bestehender Gremien sowie die Besonderheiten einer jeden Behörde, jedes Bundeslandes und jeder Kommune den Prozess der Strategiebildung. Dadurch ist die Hürde für Anpassungen sehr hoch und grundlegende strategische Korrekturen lassen oft zu lange auf sich warten.
Die digitale Transformation macht es deutlich: Eine IT-Strategie aus den Mustern der Vergangenheit ableiten zu wollen, funktioniert nur noch sehr eingeschränkt, weil sich die Rahmenbedingungen gravierend verändert haben. Für Organisationen besteht die unabweisbare Konsequenz darin, dass sie auf Ebene ihrer IT-Strategie deutlich flexibler agieren müssen als zuvor. Um den gängigen Irrtümern der strategischen Planung zu begegnen, wäre es allerdings unsinnig, das Rad neu zu erfinden. Stattdessen lohnt es, die Theorien der bekannten Strategieschulen daraufhin zu prüfen, wie gut sie den Herausforderungen der Gegenwart gerecht werden. Die etablierten Strategieschulen beschreiben verschiedene Herangehensweisen zur Strategiebildung und berücksichtigen dabei verschiedenste Einflussfaktoren.
Üblicherweise unterscheidet man die gängigen Strategieschulen danach, ob sie einen präskriptiven oder deskriptiven Ansatz haben. Unserer Erfahrung nach ist es aber durchaus sinnvoll, die etablierten Strategieschulen ebenso nach dem Grad der Prozessorientierung einerseits und dem Grad ihrer Flexibilität andererseits zu klassifizieren. Der Grad der Prozessorientierung gibt wieder, in welchem Umfang Prozesse zur Ableitung der Strategie zum Einsatz kommen. Der Grad der Flexibilität zeigt auf, inwiefern der Ansatz zur IT-Strategiebildung von vornherein Anpassungen vorsieht. Es ergibt sich eine Gruppierung in drei Cluster:
A – mittlere Flexibilität, hohe Prozessorientierung;
B – hohe Flexibilität, niedrigere Prozessorientierung;
C – niedrigere Flexibilität, niedrigere Prozessorientierung.
Eine Strategie, die auf die Zukunftsfähigkeit der IT ausgerichtet ist, erfordert es, die technologischen, organisatorischen und personellen Einflussfaktoren – orientiert an den Bedarfen und Zielsetzungen – zu berücksichtigen, und dies unter sich stetig ändernden Rahmenbedingungen. Eine gesunde Portion Pragmatismus darf dabei nicht fehlen. Nur so kann der Spagat gelingen: Kosteneffizienz und Stabilität in den geschäftskritischen Bereichen einerseits und Geschwindigkeit beim Marktzugang und der Innovationsfähigkeit durch neue (digitale) Geschäftsmodelle andererseits.
Stand vom 30.10.2020
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