Bayern, NRW, Hessen und Hamburg entscheiden am Bund vorbei Aufstand gegen die Kassen-Cloud

Von Dr. Dietmar Müller |

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Um nachträgliche Manipulationen an Rechnungen zu verhindern, müssen alle Kassensysteme in Deutschland eine zertifizierte Technische Sicherungseinrichtung (TSE) verfügen und ihre Infos in eine entsprechende Cloud senden. Ende September läuft die bereits einmal verlängerte Frist für die Einführung ab – aber vor allem Handwerker laufen neuerlich dagegen Sturm.

Um nachträgliche Manipulationen an Rechnungen zu verhindern, müssen alle Kassensysteme in Deutschland eine zertifizierte Technische Sicherungseinrichtung (TSE) verfügen - eigentlich.
Um nachträgliche Manipulationen an Rechnungen zu verhindern, müssen alle Kassensysteme in Deutschland eine zertifizierte Technische Sicherungseinrichtung (TSE) verfügen - eigentlich.
(Bild: gemeinfrei© Robert DeLaRosa / Pixabay)

Wie berichtet sollten entsprechend dem „Gesetz zum Schutz vor Manipulationen an digitalen Grundaufzeichnungen“ elektronische Kassensysteme seit dem 1. Januar 2020 über eine zertifizierte technische Sicherheitseinrichtung verfügen, die aus einem Sicherheitsmodul, einem Speichermedium sowie einer einheitlichen digitalen Schnittstelle bestehen. Da zu diesem Zeitpunkt aber noch praktisch keine TSE zur Verfügung stand, hat das Bundesfinanzministerium die Frist bis Ende September verlängert. Aber auch dieses Datum stößt auf heftigen Widerstand – Vertreter des Handwerks etwa führen drei gewichtige Argumente dagegen an: Corona, die Umstellung auf die neuen Mehrwertsteuersätze und – dieses Argument ist nun wirklich schlagend – die nach wie vor fehlende Lösungen.

„Der Aufwand überfordert derzeit gerade viele kleine Betriebe, die wegen der Corona-Krise ohnehin mit dem Rücken an der Wand stehen. Dabei sind die Kosten, die sich gewöhnlich im dreistelligen Bereich je Kasse bewegen, nur einer von mehreren Faktoren“, bemängelt etwa Manfred Gößl, Hauptgeschäftsführer des Bayerischen Industrie- und Handelskammertags, in der Bayerischen Staatszeitung. „Dazu kommt der administrative Aufwand für die Unternehmen. Und man muss erst mal einen Dienstleister finden, der das schnell umsetzen kann.“ Zu kritisieren sei darüber hinaus eben auch, dass es aktuell „noch überhaupt keine zertifizierten TSE-Module für Cloud-Lösungen“ gebe.

Einige Länder haben nun mit einem Erlass darauf reagiert: Am 10. Juli erklärten die Finanzminister aus Bayern, Nordrhein-Westfalen, Hessen und Hamburg unisono, Unternehmen, Händlern und Gastwirten in ihren Ländern bei der technischen Umstellung der Kassensysteme mehr Zeit geben zu wollen. In der neuen Regelung wird nun eine Frist bis zum 31. März 2021 genannt.

„Das Bundesfinanzministerium hat sich einer vernünftigen Lösung verschlossen und eine Fristverlängerung zur technischen Umrüstung von Registrierkassen abgelehnt“, so der bayerische Finanz- und Heimatminister Albert Füracker. „Deshalb sind praktikable Lösungen auf Länderebene gefragt – Bayern, NRW, Hessen und Hamburg haben einen gemeinsamen pragmatischen und unbürokratischen Weg vereinbart“, so Füracker weiter.

Die Finanzverwaltungen von Bayern, Nordrhein-Westfalen, Hessen und Hamburg wollen Kassensysteme bis zum 31. März 2021 nicht beanstanden, wenn

  • „die TSE bei einem Kassenfachhändler, einem Kassenhersteller oder einem anderen Dienstleister bis zum 30. September 2020 nachweislich verbindlich bestellt (und in einigen Ländern gilt zusätzlich: den Einbau verbindlich in Auftrag gegeben hat)“ oder
  • „der Einbau einer cloud-basierten TSE vorgesehen, eine solche jedoch nachweislich noch nicht verfügbar ist.“

Ein gesonderter Antrag bei den Finanzämtern sei hierfür nicht erforderlich. „Wir schaffen damit einen klaren Fahrplan, der die Sonderbelastungen durch die Corona-Pandemie angemessen berücksichtigt und den Betrieben Sicherheit bietet“, so Füracker. Wie es um den Einsatz der Cloud-Kassen in anderen Bundesländern steht, ist bis heute offen. In Berlin, im Saarland oder in Sachsen (etc.) scheint man das Problem ignorieren zu wollen...

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