Virtuelle Diabetesambulanz für Kinder und Jugendliche Telemedizin macht Diabetes-Betroffene und Ärzte flexibler
Die medizinische Versorgung von Kindern und Jugendlichen mit Diabetes Typ 1 in Schleswig-Holstein soll in Zukunft deutlich verbessert werden. Das ist das Ziel des Telemedizin-Projektes „Virtuelle Diabetesambulanz für Kinder und Jugendliche“.
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Das Universitätsklinikum Schleswig-Holstein (UKSH), die AOK Nordwest und das Kieler Gesundheitsministerium haben das bislang bundesweit einmalige Telemedizin-Projekt „Virtuelle Diabetesambulanz für Kinder und Jugendliche“ (ViDiKi) vorgestellt. Dadurch soll die medizinische Versorgung von den rund 1.200 Kindern und Jugendlichen, die in Schleswig-Holstein an Diabetes Typ 1 erkrankt sind, in Zukunft deutlich verbessert werden.
Danach erhalten die teilnehmenden jungen Patienten und deren Eltern künftig zusätzliche Beratungstermine. Diese werden einmal monatlich von zu Hause aus am Computer oder Laptop mit einer Webkamera und einem Telefon zwischen den Familien und den Experten in der Diabetesambulanz am Universitätsklinikum Schleswig-Holstein (UKSH) in Lübeck und Kiel sowie am Städtischen Krankenhaus in Kiel durchgeführt. Dabei werden regelmäßig Glukosewerte ausgewertet und besprochen. Dazu erhalten die Eltern und Jugendlichen wichtige Hinweise, wie sie ihre Therapie optimieren und damit die Lebensqualität dauerhaft verbessern können. Die Beratung wird auf Deutsch, Englisch oder Türkisch angeboten.
„Das Modell ist beispielhaft für den sinnvollen Einsatz von Telemedizin. Es kann erheblich zur Verbesserung der Versorgung von Kindern und Jugendlichen mit Diabetes beitragen und ganz konkret den Alltag von betroffenen Familien erleichtern“, so Gesundheitsminister Dr. Heiner Garg, der das Projekt offiziell startete und Betroffene ermutigt, an dem Modell teilzunehmen.
Beratung auch abends oder am Wochenende
„Die hoch technisierten Systeme zur kontinuierlichen Glukosemessung (CGM) geben den Betroffenen inzwischen weit mehr Sicherheit vor Über- und Unterzuckerung. Sie erfordern aber auch einen häufigeren Kontakt zwischen Patient und Behandelnden zur Insulinanpassung“, erklärte Projektleiterin Dr. Simone von Sengbusch, Diabetologin am UKSH. Und gerade diese regelmäßigen Termine zur Besprechung in einer Diabetesambulanz, die oft viele Kilometer vom Wohnort entfernt ist, erfordern von den Familien viel Zeit und Energie, die für Schule, Freizeit und andere Aktivitäten verloren gehen. „Die Nutzung solcher modernen Beratungsangebote über digitale Kanäle lässt sich hervorragend in den Lebensalltag junger Menschen integrieren“, so AOK-Landesdirektor Thomas Haeger.
Auch die Termine bei Diabetologen sind schwer zu bekommen und entsprechende Beratungen können wegen des zunehmenden Mangels an Kinderdiabetologen nicht wohnortnah durchgeführt werden. „Diese Situation lässt sich in Schleswig-Holstein mit unserer ‚Virtuellen Diabetesambulanz‘ künftig deutlich verbessern“, so von Sengbusch. So können die virtuellen Beratungsgespräche künftig viel flexibler als in den üblichen Sprechstunden einer Klinik oder einer Praxis durchgeführt werden. „Auch abends oder am Wochenende sind jetzt Gespräche möglich“, so von Sengbusch. Das neue Angebot ersetzt aber nicht komplett den persönlichen Kontakt zum Arzt. „Die Kinder bleiben weiterhin in Betreuung bei ihrem Arzt oder Diabetologen, der auch nach wie vor einmal pro Quartal den wichtigen HbA1c-Wert bestimmt“, so von Sengbusch.
Umsetzung und Teilnahme
Um das telemedizinische Beratungsangebot für ihre Patienten durchzuführen, verwenden das UKSH und das Städtische Krankenhaus moderne und sichere Kommunikationsmedien, die den hohen Datenschutzansprüchen gerecht werden. 240 Kinder und Jugendliche aus Schleswig-Holstein im Alter von einem Jahr bis zu 16 Jahren können an ViDiKi teilnehmen. Interessierte können sich ab sofort bei der Projektleiterin Dr. Simone von Sengbusch per eMail anmelden.
Vor dem Start des Projektes erhalten die Familien eine umfassende Einweisung in das Programm. Die Dauer der Teilnahme beträgt zunächst zwölf Monate. Danach können die Familien entscheiden, ob sie bis Ende 2019 weiter Telemedizin erhalten wollen. Wenn sie dies wünschen, können sie die Kontaktfrequenz frei wählen. Die Evaluierung des Projekts schließt sich bis März 2020 an und wird durchgeführt vom Institut für Sozialmedizin und Epidemiologie an der Universität zu Lübeck. Dabei soll bewertet werden, ob das telemedizinische Projekt die erhofften Vorteile in der Versorgung gebracht hat und gleichzeitig wirtschaftlich war.
Die Gesamtkosten in Höhe von 1,7 Millionen Euro werden aus dem Innovationsfonds beim gemeinsamen Bundesausschuss finanziert. Damit sollen neue Versorgungsformen und die qualitative Weiterentwicklung der Versorgung in der gesetzlichen Krankenversicherung in Deutschland gefördert werden. Teilnehmen können bislang die Versicherten der AOK Nordwest, Barmer, DAK-Gesundheit, IKK Nord, Techniker Krankenkasse und einiger Betriebskrankenkassen. Die Teilnahme ist kostenfrei.
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