Anhörungen Mehr Videokonferenzen vor Gericht

Autor Susanne Ehneß

Der Bundesrat hat einen Gesetzentwurf vorgelegt, mit dem der Einsatz von Videokonferenztechnik im Rahmen der gerichtlichen Anhörung von Verurteilten innerhalb der Strafvollstreckung umfangreicher genutzt werden soll.

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Bei gerichtlichen Anhörungen von Verurteilten sollen Videokonferenzen verstärkt zum Einsatz kommen
Bei gerichtlichen Anhörungen von Verurteilten sollen Videokonferenzen verstärkt zum Einsatz kommen
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In der gerichtlichen Praxis hat sich der Einsatz von Videokonferenztechnik laut Bundesrat bisher nur zum Teil durchgesetzt. „Dies beruht zum einen auf der vereinzelt noch fehlenden technischen Ausstattung der Gerichte, Justizbehörden und Anwaltskanzleien, überwiegend aber auch an der Anknüpfung der Verfahrensordnungen an das Einverständnis der Beteiligten zum Einsatz von Videokonferenztechnik“, heißt es erklärend im Gesetzentwurf.

Dabei hätten Videokonferenzen in gerichtlichen Verfahren deutliche Vorteile: „Durch die Bereitstellung und Nutzbarmachung dieser Technik durch die Justizverwaltung wird den Verfahrensbeteiligten in geeigneten Fällen die Gelegenheit geboten im gerichtlichen Verfahren ohne Reisetätigkeit durch die seitens der Justizverwaltung bereitgestellten Videokonferenzanlagen an gesetzlich vorgeschriebenen Anhörungen teilzunehmen“, heißt es im Entwurf.

Der geringere zeitliche Aufwand für alle Beteiligten erleichtere die Terminierung von Anhörungen und trage damit zu einer Verfahrensbeschleunigung und einer Erhöhung der Wirtschaftlichkeit bei. Insbesondere fiele für die Justizverwaltung der Transport der in den Vollzugsanstalten inhaftierten Verurteilten zum gerichtlichen Anhörungstermin weg. „Dies führt nicht nur dazu, dass Justizvollzugsbeamte und Gerichtswachtmeister weniger belastet werden, sondern führt zudem zu einem Wegfall des Sicherheitsrisikos, welches mit jedem Transport von Inhaftierten verbunden ist“, betont der Bundesrat.

Aktuelle gesetzliche Lage

Nach geltendem Recht ist ein Verurteilter vor einer gerichtlichen Entscheidung, die sich auf den Widerruf einer Strafaussetzung zur Bewährung oder auf eine Aussetzung des Restes der noch zu verbüßenden Freiheitsstrafe zur Bewährung bezieht, durch das Gericht mündlich anzuhören. Der Einsatz von Videokonferenztechnik ist im Gesetz für diesen Fall nicht geregelt und allenfalls mit Zustimmung des Verurteilten möglich.

Allerdings stimmen laut Bundesrat nur die wenigsten betroffenen Verurteilten einer Anhörung via Videokonferenz zu. Dies resultiere insbesondere daraus, dass im Falle einer Abfrage keine Rückmeldung seitens der Verurteilten erfolgt. Das bloße Schweigen eines Verurteilten könne bislang nicht als Einverständnis gewertet werden. „Um den Einsatz der Videokonferenztechnik umfangreicher zu nutzen, besteht daher gesetzgeberischer Handlungsbedarf“, lautet die Forderung.

Zeitgemäße Justiz

Der nun vorgelegte Gesetzentwurf soll die Strafprozessordnung auf die technischen Möglichkeiten der Gegenwart ausrichten. „Der verstärkte Einsatz von Videokonferenztechnik stellt ein Serviceangebot im Sinne einer zukunftsorientierten Justiz dar“, heißt es in der Vorlage.

Stellungnahme der Bundesregierung

Die Bundesregierung stimmt dem konkreten Regelungsvorschlag des Bundesrates nicht zu: „Der Entwurf unterscheidet weder nach dem Gewicht der in Rede stehenden gerichtlichen Entscheidung noch gewährleistet er einen Rahmen für die Durchführung von mündlichen Anhörungen mittels Videokonferenztechnik, der ihrer rechtsstaatlichen Funktion gerecht wird.“ Die Bundesregierung will nun prüfen, ob sie das Anliegen des Bundesrates kurzfristig in einem eigenen Gesetzentwurf aufgreifen und regelungstechnisch präzisieren kann.

Den Gesetzentwurf gibt es online als PDF HIER.

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