Bundeswehr

Marine-Inspekteur will kritische Infrastruktur besser schützen

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Gemeinsames Lagebild von Marine und zivilem Sektor notwendig

Nach den Explosionen an den Ostseepipelines Nord Stream 1 und 2 im September 2022 wollen Regierungen und Militärs den Schutz der kritischen Infrastruktur – darunter Fernleitungen für Energie und Daten, aber auch Seehäfen und Kanäle – verstärken. Wer hinter der Zerstörung der Pipelines steckt, ist weiter ungeklärt.

„Am 26. September hab ich einen Anruf bekommen von meiner schwedischen Kollegin mit dem Hinweis darauf, dass Nord Stream 1 und 2 quasi zerstört sind und mit der Bitte, sich darauf einzustellen, ob wir unterstützen können“, sagte Kaack. Die Marine habe ein Forschungsschiff und einen Minenjäger mit Minentauchern und Drohnen bereit gehabt. „Wir sind dann zusätzlich noch mal mit den Amerikanern unten gewesen, auf deren Bitte bei einer forensischen Betrachtung und haben da auch eigene Dinge bemerken können“, sagte der Vizeadmiral.

Wenige Wochen später hatte die Marine einen weiteren Einsatz, weil Norwegen unbekannte Drohnen bemerkt hatte. Deutschland schickte ein Spezialflugzeug, einen sogenannten Seefernaufklärer, und mehrere Schiffe. Und auch an der wichtigen Erdgasleitung Europipe 1 von Norwegen durch die Nordsee nach Deutschland hat der Betreiber bei einer Kontrolle einen Gegenstand gefunden, in dem 500 Kilo TNT Platz hätten finden können. Minentaucher stellten aber fest, dass es sich um Industrieschrott handelte.

Kaack hält verstärkte Bemühungen um ein übergreifendes Lagebild für nötig. So müsse mit künstlicher Intelligenz nach Anomalien gesucht werden, Auffälligkeiten im Schiffsverkehr. Ein Beispiel: Im vergangenen Jahr brauchte ein russisches Forschungsschiff, das auch ein kleines U-Boot an Bord hat, für die Strecke von der dänischen Hafenstadt Skagen bis nach Sankt Petersburg 219 statt regulär 4 Tage. „Das Schiff hat sich in Gegenden aufgehalten, die uns alle nicht froh stimmen sollten“, sagte der Inspekteur.

Kaack, aber auch andere, sehen den Weg darin, dass Militär, Behörden, Forschungsinstitute und die Industrie ihre Erkenntnisse besser teilen. Die Marine habe eigene Sensorik im Wasser liegen, U-Boote und Sonarbojen und Marineflieger. Er spricht von einer „Superzusammenarbeit mit der Bundespolizei See“, die jetzt Verbindungsbeamte im maritimen Operationszentrum habe. „Und wir sind uns auch einig, wie das eigentlich laufen müsste. Wie in anderen zivilisierten Ländern, Beispiel Norwegen. Vertreter der verschiedenen maritimen Verbände, der Wirtschaft und der Pipeline-Betreiber haben Vertreter im Operationszentrum der Marine.“

Auch wenn die Marine geheime Daten nicht in den zivilen Bereich geben werde, müsse es ein gemeinsames Lagebild geben. „Ich denke, bei uns wird es aufgrund der Besonderheiten des Föderalismus dazu kommen, dass das Maritime Sicherheitszentrum in Cuxhaven die offenen Daten von Industrie und Instituten sammeln wird. Wir werden darauf Zugriff haben, unsere Daten dazu werfen und in die Analyse geben“, sagt er. „Nicht ‚Mein Förmchen, dein Förmchen’, sondern letztendlich geht es um den Schutz Deutschlands und seiner Menschen.“

Abschreckung werde auch erreicht, wenn Taten zugeordnet werden könnten. „Wenn der Gegner weiß, dass wir wissen, dass er da agiert, ist es weniger wahrscheinlich, dass er was tut. Wenn er was tut, dann ist die Frage, wer kann wirken. Und das sind nur wir. Für mich ist das also ein Beifang der Landes- und Bündnisverteidigung. Wenn es knallt, muss ich es eh machen.“ Wie gegen Angreifer vorgegangen wird – Kaack spricht vom „Ansatz von Kräften mit Wirkmitteln“ – sei noch eine „ganz besondere Frage, der man sich aber stellen muss“. Und sie ist nach seiner Einschätzung nicht beantwortet.

Im Juli hatte Verteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) bei einem Besuch bei der Cybertruppe der Bundeswehr mehr Klarheit gefordert. „Was wir nicht gebrauchen können, ist, nicht zu wissen, was wir tun dürfen, wenn wir es tun müssen“, sagte er.

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