Auswirkung auf Behörden Kommunen und die EU-Whistleblower-Richtlinie
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Der öffentliche Sektor befindet sich nicht erst seit Inkrafttreten des Onlinezugangsgesetzes in einem kontinuierlichen Wandel. Verwaltungen der Zukunft sollen deutlich schneller, effizienter und nutzerfreundlicher werden. Damit einhergehend wächst auch der Wunsch nach mehr Transparenz und Rechtssicherheit. Die Einführung digitaler Hinweisgebersysteme, wie sie die aktuelle EU-Whistleblower-Richtlinie (oder auch EU-Hinweisgeberrichtlinie genannt) fordert, kann hierfür einen, wenn nicht sogar den entscheidenden Beitrag leisten.

Ende dieses Jahres wird die 2019 erlassene EU-Whistleblower-Richtlinie per Gesetz ratifiziert und muss von allen EU-Mitgliedsstaaten bis dahin fristgerecht umgesetzt werden. In Deutschland sind davon neben Konzernen und Großunternehmen rund 80.000 mittelständische Unternehmen und 15.000 kleinere Unternehmen betroffen, hinzu kommen Behörden und städtische Unternehmen sowie alle Kommunen mit mehr als 10.000 Einwohnern. Kernstück der EU-Whistleblower-Richtlinie ist die Einführung eines anonymisierten Meldekanals, eines Hinweisgebersystems.
Das Ziel eines Hinweisgebersystems ist neben der Aufdeckung von Missständen und Verstößen auch die Prävention derselben. Gleichzeitig soll ein solches System den Schutz des oder der Hinweisgeber:in gewährleisten und sie oder ihn vor Repressalien jeglicher Art wie Mobbing oder gar Kündigung schützen. Dies geschieht am besten dann, wenn Hinweisgebersysteme das anonyme Melden von Informationen sicherstellen.
Welche Absichten verfolgt die EU-Richtlinie?
Ursprünglich wurde die EU-Whistleblower-Richtlinie erlassen, um die Bekämpfung von Geldwäsche großflächig zu gewährleisten oder die Lebensmittel- und Produktsicherheit europaweit zu garantieren. Der Gesetzgeber wollte damit auch die öffentliche Gesundheit, den Umweltschutz und die nukleare Sicherheit sicherstellen. Gleichzeitig soll die EU-Richtlinie Hinweisgeber:innen vor Benachteiligungen jeglicher Art schützen. Dieser Schutz gilt nicht nur für die Mitarbeiter:innen, sondern erstreckt sich auch auf Bewerber:innen, Dienstleister:innen und Angestellte von Lieferant:innen oder Kund:innen.
Neben Unternehmen und Behörden verpflichtet die EU-Whistleblower-Richtlinie auch alle Gemeinden und Gemeindeverbände ab 10.000 Einwohnern, ein anonymes Hinweisgebersystem einzurichten und somit die Anforderungen zum Hinweisgeberschutz zu erfüllen. Kommunen mit weniger als 10.000 Einwohner:innen könnten laut EU-Beschluss von der Verpflichtung zur Einrichtung eines internen Meldekanals ausgenommen werden, wenn es der jeweilige EU-Staat so beschließt. Der deutsche Gesetzgeber hat diese Möglichkeit an die Länder weitergegeben.
Daher wird vermutlich von Bundesland zu Bundesland entschieden, ob Kommunen mit weniger als 10.000 Einwohner:innen die Anforderungen der Richtlinie erfüllen müssen. Völlig unabhängig von ihrer Einwohnerzahl sind Kommunen mit mindestens 50 Mitarbeiter:innen aber sehr wohl verpflichtet, ein Hinweisgeber-System einzuführen. Für diese sieht die EU-Richtlinie auch keine Übergangsfrist vor.
Relevanz des Hinweisgeberschutzes
Verstöße gegen allgemeine rechtliche Vorgaben oder interne Compliance-Regelungen sind keine Ausnahmen. Man denke nur an die bekanntesten Fälle wie den VW-Dieselskandal oder die Korruptionsvorwürfe bei der Daimler AG. Häufig verbindet man diese mit internationalen Konzernen und siedelt Fehlverhalten vorwiegend in den oberen Führungsetagen an. Tatsächlich aber findet Betrug auf allen personellen Ebenen und in jeder Art von Beschäftigungsverhältnis statt.
Das beginnt mit Verstößen gegen die Regelarbeitszeit, geht über gefälschte Spesenabrechnungen bis hin zu kartellrechtlich relevanten Preisabsprachen. Davor sind auch Behörden und Kommunen nicht gefeit.
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