eGovernment in Hessen Interaktive Planungshilfe unterstützt Kommunen bei der Energiepolitik

Autor / Redakteur: Ina Velten, Harald Metzger / Gerald Viola

Im November 2011 ging der vom Regierungspräsidium Gießen initiierte Potenzialrechner „Mittelhessen ist voller Energie“ an den Start. Seitdem können Kommunen schwarz auf weiß sehen, ob sie ihre vor Ort benötigte Energie selbst erzeugen können. Gleichzeitig zeigt das kostenlose Serviceangebot der Behörde, was Verantwortliche aus Politik und Wirtschaft tun müssen, um eine bestimmte Menge Strom aus Wind, Sonne, Biomasse und Wasserkraft auf der Fläche einer Gemeind­e gewinnen zu können.

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(Foto: RP Gießen)

Ein Beispiel könnte so aussehen: Eine Gemeinde beabsichtigt, künftig 25 Prozent ihres Dachflächenpotenzials und fünf Prozent der Freiflächen für Solarenergie zu nutzen. Unter www.energieportal-mittelhessen.de berechnet das System auf einen Klick, für wie viele Haushalte dieser „grüne“ Strom ausreicht und zeigt dies anhand eines Säulendiagramms an. Gleichzeitig wird der entsprechende Flächenbedarf dargestellt sowie der finanzielle Nutzen. Verschiedene Energiequellen lassen sich auf diese Weise unkompliziert und für jeden sichtbar miteinander vergleichen.

So kann zum Beispiel spielerisch die Anzahl der Windkraftanlagen über einen Schiebe­regler verändert werden, um anhand unterschiedlicher Säulen zu erkennen, wie sich die Stromerzeugung durch Windkraftnutzung auf die Gesamtbilanz dieser Gemeinde auswirkt. Regelt man probehalber die Windkraft ganz herunter, lässt sich sofort ablesen, dass andere Energieformen diesen Verlust auf der vorhandenen Gemeindefläche meist nicht ausgleichen können. Dieselbe Vorgehensweise ist bei Photovoltaik, Biomasse und Wasserkraft möglich. Durch die Festlegung individueller Schwerpunkte (zum Beispiel den Vorrang von Windenergie) kann so ein spezifischer Energiemix für jede mittelhessische Kommune gestaltet werden. Zur Unterstützung interkommunaler Zusammenarbeit können auch die Potenziale mehrerer Kommunen zusammengeschaltet werden.

Unter Berücksichtigung einer künftigen Effizienzsteigerung weist der Rechner außerdem nach, dass fast alle Städte und Gemeinden ihren gesamten Strombedarf decken oder um ein Mehrfaches überschreiten könnten. Anhand der aktuellen Einspeisevergütungen nach dem Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) wird auf Wunsch auch der Geldertrag der Anlagen ermittelt und ausgewiesen.

Im oft vielverzweigten Planungsprozedere erhält auf diese Weise jeder Bürger von Beginn an die Möglichkeit, mitzudiskutieren, sich zu informieren und am Ende auch, sich zu beteiligen. Das Angebot greift damit nicht nur das gestiegene Bedürfnis der Bürger nach einer breiten und frühzeitigen Beteiligung bei komplexen Planungsvorhaben auf, sondern hilft zudem, kritische Stimmen einzubeziehen. Gemeinden können alle Einwohner frühzeitig in die Entscheidungsprozesse einbinden und gemeinsam entscheiden, ob und welchen Weg man bei den Erneuerbaren einschlagen will, in welcher Intensität und auf welchen konkreten Flächen. Solche und andere Beteiligungsmodelle werden in Zukunft dazu beitragen, bestehende Vorbehalte der Mitbürger zu mindern und die Akzeptanz für Vorhaben in der eigenen Gemeinde zu stärken.

Verbunden mit dem Start des neuen Onlinerechners war aber noch ein weiterer Service des Regierungs­präsidiums: Alle Landkreise und die 101 Kommunen erhielten detailscharfe Karten, auf welchen das technische Potenzial ihres Gemeinde­gebietes und der Nachbarkommunen sichtbar wird. Sie sparen dadurch künftig Geld für einzelne und teure Potenzialanalysen, da sie nur noch auf solchen Flächen weiterforschen müssen, die das Regierungspräsidium im Voraus als grundsätzlich geeignet identifiziert hat.

Mittelhessen bewegt sich damit einen großen Schritt weiter in Richtung seines Energieziels. Bereits vor vier Jahren formulierten die Verantwortlichen den Anspruch, dass Mittelhessen bis zum Jahr 2020 ein Drittel des Endenergiebedarfs (ohne Verkehr) durch den Einsatz erneuerbarer Energien abdecken will.

Derzeit wird der „Teilplan Energie“ ausgearbeitet. Der Onlinerechner ist auch hierfür ein wichtiges Instrument, da die Erkenntnisse sich konkret in der Planung niederschlagen.

Insgesamt unterstützt das Energieportal Mittelhessen nicht nur Bürger, Landkreise und Kommunen, sondern auch die Wissenschaft und Wirtschaft. Es beinhaltet neben dem Onlinerechner ebenso Grundinformationen zu erneuerbaren Energien, Daten zu deren Ausbaustand und Beitrag zur Versorgungssicherheit mittels einer „Energieuhr“, Hinweise zur Planung und Realisierung von Energieprojekten, Kooperations- und Finanzierungsmodelle und viele weitere nützliche Informationen für alle, die auf dem Gebiet der erneuerbaren Energien mitreden wollen. Bisher mehr als 8.000 Zugriffe auf das Portal bezeugen den hohen Informationsbedarf und die hohe Akzeptanz. Im nächsten Entwicklungsschritt ist beabsichtigt, die regionalen Energieerzeugungsdaten in den Potenzialrechner zu integrieren, sodass Interessierte aktuell den regionalen Ausbaustand der erneuerbaren Energien erfahren können.

Zu finden ist das Portal unter www.energieportal-mittelhessen.de.

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