9. Nationaler IT-Gipfel eGovernment in Deutschland – zersplittert wie eh und je

Autor Manfred Klein |

Eine im Auftrag des Nationalen Normenkontrollrats durch Fraunhofer Fokus erstellte Studie bescheinigt den deutschen eGovernment zahlreiche Schwachstellen. Der nüchterne Befund: „Wirksames eGovernment gibt es in Deutschland de facto nicht“. Vorgestellt wurde die Studie jetzt auf dem IT-Gipfel in Berlin.

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Baustelle eGovernment: Es fehlt nicht an Leuchttürmen, aber an einem soliden Fundament
Baustelle eGovernment: Es fehlt nicht an Leuchttürmen, aber an einem soliden Fundament
(Bild: © Paulista - Fotolia)

Vorgestellt wurde das Gutachten mit dem Titel „eGovernment in Deutschland: Vom Abstieg zum Aufstieg“ vom Vorsitzenden des Nationalen Normenkontrollrates, Dr. Johannes Ludewig, zum Auftakt des Nationalen IT-Gipfels in Berlin. Zum Ergebnis der Untersuchung erklärte Ludewig: „Wir sehen dieser Tage angesichts der Situation steigender Flüchtlingszahlen, wie sich Defizite in der Zusammenarbeit von Bund, Ländern und Gemeinden zu einem existentiellen Problem auswachsen. Und diese Defizite zeigen sich besonders bei der fehlenden Vernetzung der IT-Systeme. Hier wird deutlich, wie uns die Versäumnisse der Vergangenheit nun zentnerschwer auf die Füße fallen.“

Das Gutachten ging mit Blick auf die Bürger den folgenden Fragen nach:

  • Wie sieht die eGovernment-Praxis derzeit in Deutschland aus?
  • Welches sind die wesentlichen Herausforderungen für Nutzer und Anbieter von eGovernment-Lösungen?
  • Wie müssten eGovernment-Angebote ausgestaltet sein, um tatsächlich zu entlasten?
  • Wie lassen sich die Kosten für Entwicklung und Betrieb von eGovernment senken?

Das zentrale Untersuchungsergebnis ist: Wirksames eGovernment spart 34 Prozent des bürokratischen Aufwands von Bürgerinnen, Bürgern und Verwaltung.

Das Ergebnis der Studie kommentiert Ludewig so: „Der Befund der eGovernment-Praxis in Deutschland ist zunächst ernüchternd: Wirksames eGovernment gibt es in Deutschland de facto nicht. Wir haben in Deutschland eine heterogene und zerklüftete IT- und eGovernment-Landschaft mit vielen Insellösungen und einsamen Leuchttürmen.“

So weist das Gutachten nach, dass von den untersuchten Kommunen die Hälfte nicht mehr als zwei Online-Dienste zur Verfügung stellt und nur wenige mehr als zehn Dienste. Bund, Länder und Kommunen entwickeln und betreiben eigenständige IT-Lösungen anstatt gemeinsame Komponenten zu verwenden.

Die Kosten dafür belaufen sich bei Bund, Ländern und Kommunen jährlich auf 13 Milliarden Euro. Demgegenüber steht eine rückläufige Akzeptanz bei den Nutzern. Daraus entsteht ein im Gutachten beschriebener „Teufelskreis“: Wenig Nachfrage, bei gleichzeitig hohen Kosten demotiviert die Verwaltung, weitere Angebote zu entwickeln und noch mehr Geld in Design und Nutzerfreundlichkeit zu investieren.

Das Gutachten zeigt auch, dass und wie sich eGovernment lohnen kann: Hauptansatz ist, dass Bund, Länder und Kommunen gemeinsam agieren. Für die Anfangsinvestition und einen fünfjährigen Betrieb von Basiskomponenten und gemeinsamen Fachverfahren kommt das Gutachten in seinem Modell auf eine Summe von 1,7 Milliarden Euro. Diese Summe würde ausreichen, um 34 Prozent des bürokratischen Aufwandes einzusparen. Hochgerechnet auf die wichtigsten 60 Verwaltungsleistungen sind das ungefähr 3 Milliarden Euro Einsparpotenzial.

„eGovernment lohnt sich. Es rechnet sich in Euro und Cent. Es ist genug Geld vorhanden. Worauf es ankommt, ist der gezielte Einsatz für gemeinsame Lösungen. Dafür brauchen wir eine neue, effizientere Arbeitsteilung zwischen Bund, Ländern und Kommunen – verbunden mit einer effektiveren Steuerung über Ressortgrenzen und Verwaltungsebenen hinweg“, so Dr. Ludewig.

Im Internet ist sowohl eine Kurzfassung des Gutachtens als auch eine Langfassung erhältlich.

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