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Fachkräftemangel, Weiterbildung und der Wandel in den Köpfen
Doch so grundlegend Strukturen und Gesetze sind – digitale Transformation wird von Menschen gemacht. Und um den Faktor Mensch drehten sich viele der Diskussionen beim Summit. Welche Rollen werden Mitarbeitende in den Verwaltungen künftig übernehmen, welche Kompetenzen brauchen sie und was muss sich ändern? Und vor allem: Was tun gegen den Fachkräftemangel? Denn der betrifft längst nicht mehr nur die IT-Fachkräfte, darauf wies Sachsens CIO, Prof. Thomas Popp, eindringlich hin. Viele Mitarbeitende gingen schon vor Erreichen des Renteneintrittsalters in den Ruhestand und Nachwuchskräfte wollten häufig nicht mehr in 100 Prozent Vollzeit arbeiten. Die Digitalisierung ist also auch deshalb unerlässlich, weil die Verwaltungen ohne Prozessautomatisierung mit den geringeren Personalressourcen ihre Leistungen gar nicht mehr erbringen könnten.
Prof. Andreas Meyer-Falcke stellte mit seinem Ansatz einer No-Stop-Agency mit vollständig automatisierten Prozessen eine Abkehr vom Prinzip der Antragsbearbeitung durch Verwaltungsmitarbeitende vor. Bernd Schlömer, CIO in Sachsen-Anhalt, plädierte in seinem Vortrag für den „Sprung aus dem Besoldungskorsett“, um die begehrten IT-Fachkräfte für die Arbeit im Öffentlichen Dienst zu gewinnen. Um Führungskräfte und Mitarbeitende in den Verwaltungen fit zu machen für die digitale Transformation, braucht es tragfähige Lösungen zur Aus- und Weiterbildung. Dr. Ilona Benz, Geschäftsführerin der KL.digital GmbH und CDO in Kaiserslautern, berichtete über die Erfahrungen aus dem Projekt der Kommunalen Digitallotsen in Baden-Württemberg und betonte die Rolle der Führungskräfte im Transformationsprozess, denn Mitarbeitende könnten nicht die Strukturen verändern.
Neue Wege braucht es auch bei der Vergabe, die innovative Beschaffung wurde im Rahmen einer Paneldiskussion und auch in anschließenden Roundtables intensiv diskutiert. Mit dem Venture-Clienting-Konzept des GovTecHH stellte der Hamburger CDO Christian Pfromm ein Modell zur Vernetzung von Verwaltungen und GovTech-Lösungen vor, das auch für andere Bundesländer interessant sein könnte: Es geht dabei nicht um eine finanzielle Beteiligung, sondern um Begleitung von der Bedarfserhebung bis zur rechtssicheren Vergabe. Und: Die Stadt ist der erste Abnehmer, steht somit als Referenz. Das ist für Startups wichtig, um Fuß zu fassen.
Verleihung des eGovernment Awards zum CIO des Jahres
Spannend wurde es am Abend, als das Ergebnis der Leserumfrage zum CIO des Jahres bekannt wurde: Der Preis ging an Dr. Fedor Ruhose, Staatssekretär und CIO, Ministerium für Arbeit, Soziales, Transformation und Digitalisierung des Landes Rheinland-Pfalz. Laudatorin war Natalie Ziebolz, Redaktionsleiterin eGovernment. Er freue sich sehr, so Ruhose, und sehe in dem Preis eine Würdigung seines gesamten Teams aus dem Digitalisierungsministerium MASTD und Landesbetrieb Daten und Information, denn: „Digitalisierung geht nicht alleine“.
Cybersicherheit und digitale Souveränität waren zentrale Themen am zweiten Tag der Veranstaltung. Sabine Griebsch, Managing Director Govthings, sprach über die aktuelle Cybersicherheitslage und die Herausforderungen für Kommunen. Dabei schilderte sie auch, welche konkreten Folgen Cyberangriffe wie in Potsdam oder Anhalt-Bitterfeld für die betroffenen Verwaltungen haben. Woran liegt es, wenn digitale Souveränität zwar in zahlreichen Papieren aufgeführt, jedoch noch kaum umgesetzt wird? – Der Frage ging Dr. Claudia Warken, Vicepräsidentin Cybersicherheitsagentur Baden-Württemberg, in ihrem Vortrag nach.
Und natürlich ging es auch um die Rolle von KI. Bei deren Einsatz seien immer auch Entscheidungsstrukturen mit zu betrachten, wie Lena-Sophie Müller, Managing Director der Initiative D21, verdeutlichte.
„Digital geht nur gemeinsam" schrieb Bundes-CIO Dr. Markus Richter in seinem Grußwort zum Summit. Darin fasste er auch die Erfahrungen aus der bisherigen Umsetzung des OZG zusammen: „Digitalisierung hat keine Grenzen“. Die Vorträge und Diskussionen auf dem Petersberg haben das bestätigt, mehr noch zeigte sich: Über die dringend gebotene Zusammenarbeit der Bund-, Länder und Kommunalebenen hinaus, sollten Verwaltungen offener werden und von Anderen lernen. Ob Industriestandards, Best Practices zum Datenhandling bei Banken und Versicherungen oder die Zusammenarbeit mit GovTechs – viele gute Lösungen finden sich auch außerhalb des Verwaltungskosmos. Zudem braucht es die Zusammenarbeit mit Wissenschaft und Zivilgesellschaft. In diesem Sinne verspricht auch der nächste eGovernment Summit 2024 spannend zu werden.
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