Den schleichenden Blackout verhindern Digital first statt Digitalisierung ohne Sinn und Verstand

Von Fedor Ruhose und Valentina Kerst Lesedauer: 4 min

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Wir steuern in Deutschland auf einen schleichenden Blackout zu. Verwaltungen sind überlastet, es fehlen digitale Lösungen und der demographische Wandel verstärkt diese Situation zunehmend. Doch was tun, um den Super-GAU zu verhindern? Ein Gastbeitrag von Fedor Ruhose und Valentina Kerst.

Wie lässt sich ein digitales Desaster verhindern?
Wie lässt sich ein digitales Desaster verhindern?
(© dimazel - stock.adobe.com)

Der Aufreger des Sommers war die Nachricht, dass die Bundesmittel für die Digitalisierung der Verwaltung zum Ende diesen Jahres wirklich auslaufen. Nach der Übertragung von Mitteln ins Jahr 2023 war damit die Botschaft: Jetzt haben wir das Ende erreicht. Schon einmal, nämlich Ende des Jahres 2022, mussten wir feststellen, dass wir in Deutschland unsere zu hohen Ziele nicht erreichen. Schauen wir auf die Bilanz der Umsetzung des Onlinezugangsgesetzes: Viele der geforderten staatlichen Leistungen sind zwar digital verfügbar, von einem flächendeckenden Einsatz sind wir allerdings weit entfernt. Und auch bei einer vollständigen Umsetzung gilt leider viel zu oft: Wenn wichtige Funktionen des Staates immer noch persönliches Erscheinen und drei Durchschläge erfordern, ist das Wasser auf die Mühlen populistischer Stimmungen. Vor allem dann, wenn die Verwaltungen auf allen Ebenen mit den Herausforderungen unserer Zeit an die Grenzen ihrer Arbeitsfähigkeit geraten.

Gleichzeitig wird unsere eigene Lebenserfahrung tagtäglich immer digitaler. Ja, wir leben eigentlich schon in einer postdigitalen Zeit, in der wir wie selbstverständlich in nahezu allen Lebenslagen eine digitale Unterstützung nutzen. Das verändert die Erwartungshaltung hinsichtlich der Dienstleistungen des Staates. Das Auseinanderfallen von eigenem Erleben digitaler Möglichkeiten und dem Digitalisierungsgrad des Staates führt zu einem weiteren Vertrauensverlust. Gleichzeitig steigt die Gefahr einer digitalen Projektwüste. Klassische politische Instrumente wie beispielsweise die Gesetzgebung haben kaum noch Wirkung. Auch das einfache Bereitstellen von Finanzmitteln führt nicht dazu, dass wir vorankommen.

Die Gefahr dabei: Wir geraten in die Situation eines schleichenden Blackouts. Das Fehlen digitaler Lösungen bei wichtigen politischen Vorhaben führt zur Überlastung der sowieso schon durch den demografischen Wandel geprägten Verwaltungen auf der einen und der Unternehmensseite oder der Bevölkerung auf der anderen. Beispiele sind die Grundsteuererhebung, aber auch die Wohngeldreform. Die Liste ließe sich mühelos verlängern. Politische Versprechen können auf der Vollzugsebene kaum noch erfüllt werden.

Fedor Ruhose ist Staatssekretär im Ministerium für Arbeit, Soziales, Transformation und Digitalisierung Rheinland-Pfalz.
Fedor Ruhose ist Staatssekretär im Ministerium für Arbeit, Soziales, Transformation und Digitalisierung Rheinland-Pfalz.
(Bild: Fedor Ruhose)

Was also tun, damit wir aus dieser Situation herauskommen? Auf Bundesebene wurde dadurch reagiert, dass ein Änderungsgesetz zum Onlinezugangsgesetz auf den Weg gebracht wurde, das sich aktuell in der Beratung im Bundestag befindet. Und in der Tat gibt es darin viele Ansätze, die an den Problemen ansetzen. Schon bei einem guten Vorhaben zeigt sich aber, dass ein gutes Gesetz noch keine Digitalisierung macht. Bürgerinnen und Bürger sollen ihre Daten bei der Inanspruchnahme von digitalen Verwaltungsdienstleistungen nur einmal angeben müssen, das so genannte Once-Only-Prinzip. Damit dies Realität wird, müssen aber die gesamten Datenbestände der Verwaltungen, gut verwahrt in so genannten Registern, digitalisiert und eindeutig den Menschen zugeordnet werden. Die Beispiele aus der jüngsten Vergangenheit, wie die Auszahlungen an Personen, denen Unterstützung zusteht, zeigen, dass wir einen sehr langen Atem brauchen. Nicht nur wegen des Datenschutzes ein Mammutprojekt.

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