Positionspapier der Wirtschaftsverbände „Die Politik muss jetzt das Onlinezugangsgesetz weiterentwickeln“
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Verwaltungsvorgänge dauern den Unternehmen zu lange, sind zu bürokratisch und vor allem oftmals mit Papierkram verbunden. Die Spitzenverbände der Deutschen Wirtschaft fordern daher ein neues Gesetz zur Verwaltungsdigitalisierung und haben in einem Positionspapier, die für sie wichtigen Aspekte dargelegt.

Eine Krise jagt die nächste. Unternehmen benötigen daher Flexibilität, um sich an die wechselnden Bedingungen anpassen und Innovationen hervorbringen zu können. „Innovation und Wachstum setzen auf Geschwindigkeit – auch in der Verwaltung“, erklärt Steffen Kampeter, BDA-Hauptgeschäftsführer. „Gerade in Zeiten der sich überlappenden Krisen kann es sich ein Land wie Deutschland nicht mehr leisten, wichtige Verwaltungsvorgänge zu verschleppen. Es muss endlich Schluss sein mit unnötigem Papierkram und dem substanzlosen Bedenken der Bürokraten. Allen sollte klar sein: Wenn wir das nicht ändern, dann wandern die Investitionen in Länder mit besseren Standortbedingungen.“ Dabei reiche es nicht, analoge Prozesse eins zu eins ins Digitale zu übersetzen. „Die Prozesse müssen überprüft werden, und die Bedürfnisse der Nutzer müssen im Mittelpunkt stehen. Das ist von strategischem Interesse für unser Land.“
„Wie Umfragen zeigen, ist derzeit rund jedes zweite Unternehmen in Deutschland unzufrieden mit der öffentlichen Verwaltung“, bestätigt Ilja Nothnagel, Mitglied der DIHK-Hauptgeschäftsführung. „Täglich erreichen uns Berichte von Firmen, die über langsame und analoge Prozesse mit der Verwaltung klagen. Dies ist in vielen Fällen zu einer Hürde für die betriebliche Praxis geworden.“
Die Digitalisierung der Verwaltung müsse von ihr selbst wie aber auch vor allem in der Politik viel stärker als notwendiger Wegbereiter für wirtschaftlichen Erfolg der Betriebe begriffen werden. „Daher brauchen wir schnellstmöglich ein politisches Konzept, das Verwaltungshandeln schneller und digitaler macht, damit es den Bedürfnissen der Unternehmen gerecht wird.“
Wie dieses politische Konzept aussehen könnte, haben die Spitzenverbände der Deutschen Wirtschaft – Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI), die Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände (BDA), der Deutsche Industrie- und Handelskammertag (DIHK) und der Zentralverband des Deutschen Handwerks (ZDH) – in ihrem Positionspapier „Verwaltungsdigitalisierungsgesetz“ dargelegt. Dabei betrachten sie das Ablaufen der Umsetzungfrist für das OZG als Gelegenheit ein neues Gesetz zu verabschieden, das die identifizierten Schwachstellen adressiert. Darunter folgende Aspekte:
- 1. Erarbeitung eine Gesamtstrategie für die Digitalisierung und Modernisierung der öffentlichen Verwaltung: Durch diese soll klar werden, welches Zielbild die Bundesregierung verfolgt. Davon können dann entsprechende strategische Ziele abgeleitet werden. „Bestandteile sollten u. a. ein plattformbasiertes Ökosystem, eine Priorisierung der wichtigsten Verwaltungsleistungen und nutzerfokussierte Erfolgskennzahlen sein“, heißt es in dem Positionspapier.
- 2. Überarbeitung der Governance-Strukturen: Ziel hierbei sollte es unter anderem sein, Koordinierungsaufwände zu senken, Softwareentwicklungen zu beschleunigen und deren Nachnutzung zu vereinfachen. Die Wirtschaftsverbände schlagen daher vor, dass der IT-Planungsrat zukünftig Mehrheitsentscheidungen fällen soll und die Föderale IT-Kooperation (FITKO) sowie die Koordinierungsstelle für IT-Standards (KOSIT) finanziell und personell gestärkt werden.
- 3. Unternehmen als Poweruser in den Mittelpunkt stellen: Da Unternehmen weiteraus häufiger auf Verwaltungsdienstleistungen in Anspruch nehmen als Bürger und Bürgerinnen, sollten sie bei der Digitaisierung der Leistungen besonders berücksichtigt und bei der Entwicklung dieser miteinbezogen werden.
- 4. Recht auf vollständige digitale Abwicklung: Mit Blick auf das Ziel digitalisierungsfähige Verwatungsverfahren künftig medienbruchfrei digital abzuwickeln, fordern die Wirtschaftsverbände, diese digitale Abwicklung für Unternehmen im Gesetz zu verankern.
- 5. Ende-zu-Ende Digitalisierung durch Registermodernisierung: Die vollständige Digitalisierung von Verwaltungsleistungen sei nur durch vernetzte Register möglich. „Um Planungssicherheit zu schaffen und ein möglichst hohes Ambitionsniveau zu erreichen, sollte das Recht für Unternehmen angestrebt werden, die Bereitstellung von Daten zu verweigern, wenn diese bereits in staatlichen Registern vorhanden sind“, heißt es in dem Positionspapier.
- 6. Anpassung rechtlicher Bestimmungen: Ziel hierbei sollte laut den Wirtschaftsverbänden sein, niederschwellige Verfahrensabwicklungen für Unternehmen zu realisieren. Dazu gehöre auch, analoge Verfahren nicht stets eins-zu-eins ins Digitale zu übersetzen.
- 7. Basiskomponenten und Standards bundesweit einheitlich und verbindlich festgelegen: Nur mit einheitlichen Standards lassen sich digitale Ökosysteme schaffen und Skaleneffekte realisieren.
- 8. Evaluation der EfA-Prozesse: Im Positionspapier wird ein Update der EfA-Prozess („Einer für Alle“) gefordert. Dabei müsse stärker auf Standards und offene Schnittstellen gesetzt werden. „Mit Bundesmitteln entwickelte EfA-Dienste und Basiskomponenten müssen in der Fläche nachgenutzt werden, um die Entwicklungs- und Betriebskosten digitaler Services der Verwaltung zu reduzieren“, so Holger Schwannecke, Generalsekretär ZDH. „Parallelentwicklungen auf Bundes- und Landesebene sind kontraproduktiv und verhindern schnelle Innovationen und Entlastung der Betriebe.“
„Die Digitalisierung der öffentlichen Verwaltung kommt nicht schnell genug vom Fleck. Die Politik muss jetzt das Onlinezugangsgesetz weiterentwickeln und dabei die Digitalisierung der gesamten Verwaltung fokussieren“, fasst Iris Plöger, Mitglied der BDI-Hauptgeschäftsführung, zusammen. „Die Schaffung eines Onlinezugangs zu Verwaltungsleistungen allein reicht nicht aus. Bund und Länder müssen die Governance-Strukturen der Verwaltungsdigitalisierung überarbeiten und nebeneinander laufende Projekte verzahnen.“
Das gesamte Positionspapier können Sie hier nachlesen:
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