Informationsfreiheitsgesetze als Zukunftsaufgabe

Redakteur: Manfred Klein

Die Freie und Hansestadt Hamburg hat mit ihrem Transparenzgesetz die Anforderungen in Sachen Informationsfreiheit neu definiert. Die unterschiedliche Gesetzgebung in den Bundesländern und beim Bund macht aber auch Handlungsbedarf deutlich. Darauf weist auch der Bundesdatenschutzbeauftragte Peter Schaar hin.

Anbieter zum Thema

(Foto: ©-alphaspirit - Fotolia.com)

Schaar fordert in seinem aktuellen Tätigkeitsbericht unter anderem die Informationsfreiheit ins Grundgesetz aufzunehmen. „Demokratie und Rechtsstaat können sich am besten dann entfalten, wenn die Entscheidungsgrundlagen staatlichen Handelns offen gelegt werden. Eine verfassungsrechtliche Verankerung der Informationsfreiheit wäre ein wichtiger Schritt zu mehr Transparenz und Demokratie“, so das Argument von Peter Schaar.

Zudem schreibe das Grundgesetz den ungehinderten Zugang zu allgemein zugänglichen Quellen fest. Das sei die notwendige Antwort auf die Informationsbeschränkungen während der Zeit des Nationalsozialismus gewesen. Artikel 5 Absatz 1 Satz 1 GG gebe Jedermann das Recht, „sich aus allgemein zugänglichen Quellen ungehindert zu unterrichten“. Diese Bestimmung gewährleiste aber keinen Anspruch gegenüber staatlichen Stellen auf Eröffnung einer bestimmten Informationsquelle. Das Grundrecht sei gegenwärtig vielmehr lediglich ein Abwehranspruch gegen staatliche Eingriffe. Die Zugänglichkeit der Informationsquelle werde von diesem verfassungsrechtlichen Abwehrrecht vorausgesetzt und nicht – im Sinne eines Teilhabeanspruches – begründet.

Schaar weiter: „Lediglich in Brandenburg hat das Informationszugangsrecht schon vor 20 Jahren Verfassungsrang erhalten, offensichtlich eine Reaktion auf die Praxis der Informationsverweigerung staatlicher Stellen der ehemaligen DDR. Dagegen gibt es in anderen Bundesländern – Baden-Württemberg, Bayern, Hessen, Niedersachsen und Sachsen – nicht einmal Informationsfreiheitsgesetze. Die Zugänglichkeit amtlicher Informationen wird derzeit nur durch einfaches Gesetz, nämlich durch die Informationsfreiheitsgesetze des Bundes und der Länder geregelt, und damit nicht auf der verfassungsrechtlichen Ebene. Erhebliche Einschränkungen, ja sogar die Abschaffung des Informationszuganges auf einfachgesetzlicher Ebene wären damit nicht per se verfassungs- und grundrechtswidrig.

Der fehlende Verfassungsrang des freien Informationszugangs wirke sich aber auch bei der Anwendung des Informationsfreiheitsgesetzes (IFG) aus. Anträge auf Informationszugang gegenüber einer Behörde scheiterten häufig daran, dass Dritte ihre Einwilligung in den Informationszugang verweigern, weil sie ihre Rechte verletzt sehen. Vielfach würden daher verfassungsrechtlich geschützte Rechtspositionen, insbesondere Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse, als Gründe für die Ablehnung von IFG-Anträgen angeführt. Der Antragsteller befinde sich hier schon deshalb in der schwächeren Position, weil er sich (noch) nicht auf ein Grundrecht, sondern nur auf eine einfachgesetzliche Regelung berufen könne. Dazu Schaar: „Ich trete deshalb dafür ein, den individuellen Anspruc¬h auf Informationsfreiheit als Grundrecht auszugestalten. Ein explizites Grundrecht auf Informationszugang, ergänzt durch eine Verpflichtung der Bundesbehörden zu proaktiver Informationspolitik, würde die geltende Regelung in Artikel 5 des Grundgesetzes weiterentwickeln.“

Dabei gehe es jedoch nicht um einen Vorrang des Informationszugangsanspruchs vor anderen Rechtspositionen. Vielmehr würde erst durch eine verfassungsrechtliche Verankerung des Informations¬zugangs¬anspruchs eine echte Abwägung mit anderen Grundrechten ermöglicht, wie er in anderen Rechtsordnungen bereits erfolgt. Mit ihrer Entschließung vom 28. November 2011 hätten die Informationsfreiheitsbeauftragten von Bund und Ländern ein deutliches Zeichen für eine verfassungsrechtliche Stärkung des freien Informationszuganges gesetzt.

Schaar zur aktuellen Situation: „Immer mehr Menschen machen von ihrem Recht auf Zugang zu Informationen öffentlicher Stellen Gebrauch. Im vergangenen Jahr wurden 3.280 Anträge auf Informationszugang gestellt. Das ist im Vergleich zum Vorjahr eine Steigerung von 110 Prozent. Noch im ersten Berichtszeitjahr 2010 verzeichneten die Bundesbehörden nur 1.557 Anträge nach dem Informationsfreiheitsgesetz.

Die Bundesregierung sollte das gestiegene Interesse der Bürgerinnen und Bürger an Verwaltungsinformationen ernst nehmen. Besonders kritisch sehe ich daher Bestrebungen des Bundeswirtschaftsministeriums, die im Gesetzentwurf vorgesehene Markttransparenzstelle beim Bundeskartellamt grundsätzlich vom Informationsfreiheitsgesetz auszunehmen. Eine solche Bereichsausnahme wäre unangebracht und keinesfalls im Sinne der Verbraucher.“

Das Fazit von Peter Schaar: „Die Bundesregierung sollte den Informationszugang erleichtern, indem die auf verschiedene Gesetze aufgeteilten Regelungen zum Informationszugang einheitlich gestaltet und erweitert werden.“ Zwar seien mittlerweile viele Fortschritte erzielt worden, die eGovernment-Initiative der Bundesregierung sei aber zu unverbindlich. Die Verknüpfung dieses Ansatzes mit dem Rechtsanspruch auf Informationszugang werde peinlich vermieden.

(ID:34967160)