Datenerhebung mit Floating Car Data Erfolgreiche Mobilitätskonzepte durch datenbasierte Verkehrsplanung

Von Ralf-Peter Schäfer

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Zunehmender Verkehr und Staus sind ein unvermeidliches Problem in nahezu jeder Stadt mit wachsenden Bevölkerungszahlen. Und der Verkehr in Städten weltweit nimmt kontinuierlich zu.Eine umfassende Datenerfassung dient als Basis für moderne Mobilitätskonzepte.

Damit Verkehrsknotenpunkte in Zukunft nicht weiter eskalieren, ist eine smarte Verkehrsplanung nötig.
Damit Verkehrsknotenpunkte in Zukunft nicht weiter eskalieren, ist eine smarte Verkehrsplanung nötig.
(© eyetronic - stock.adobe.com)

Ein hohes Verkehrsaufkommen stellt eine ernsthafte Herausforderung für Autofahrer*innen, Unternehmen und Städte dar. Die Lebensqualität nimmt durch Verkehrslärm und schlechte Luftqualität ab, Unternehmen kämpfen mit verspäteten Lieferungen und die Umwelt wird durch den vermehrten CO2-Ausstoß und Feinstaub belastet. Viele Städte sind daher auf der Suche nach Optionen, die zu einer Verringerung der Verkehrsbelastung und einer Steigerung der Lebensqualität in der Stadt führen können.

Unter diesen Voraussetzungen gewinnen zuverlässige Verkehrsinformationen für Verkehrsplaner*innen und das Verkehrs- und Mobilitätsmanagement weltweit immer mehr an Bedeutung. Mit dem Wissen, das historische, aktuelle und prognostizierte Verkehrsdaten liefern, können Städte und Gemeinden besser planen und korrigierende Maßnahmen ergreifen, die das Verhalten der Fahrer beeinflussen sowie Stau und Emissionen reduzieren.

Die ganze Stadt im Blick haben

Nicht nur in Metropolen und Großstädten ist die Entwicklung des Verkehrs ein Problem, das nach neuen Ideen und Mobilitätskonzepten verlangt. Gerade in kleinen bis mittelgroßen Städten und Gemeinden sind kluge Entscheidungen bei der Verkehrsplanung besonders wichtig. Anders als abstraktere Beschlüsse auf Landes- und Bundesebene, haben Entscheidungen auf kommunaler Ebene großen und direkten Einfluss auf die Bevölkerung.

Eine integrierte sowie multimodale Verkehrsentwicklungsplanung ist für Städte und Gemeinden bei der allgemeinen Stadtplanung essenziell. Denn einerseits muss beachtet werden, dass viele Menschen gerade im ländlicheren Raum auf gute Verkehrsanbindungen angewiesen sind, andererseits dürfen Städte nicht im Pkw-Verkehr ersticken. Außerdem muss darauf geachtet werden, dass Einwohner ohne eigenen Pkw dennoch alle Möglichkeiten haben, Arbeit, Schule sowie Einkaufs- und Freizeiteinrichtungen zu erreichen.

Grundsätzlich gilt: Wer besser informiert ist und Zugang zu verlässlichen und hochwertigen Daten hat, trifft bessere Entscheidungen. Die Grundlage für ganzheitliche und erfolgreiche Beschlüsse ist eine datenbasierte Verkehrsplanung. Dabei kommt es vor allem auf die Qualität der Verkehrsdaten an. Diese müssen in erster Linie Informationen zum gesamten relevanten Gebiet liefern und nicht nur einzelne Abschnitte abdecken. Des Weiteren muss die Stichprobe ausreichend groß sein, um valide Aussagen treffen zu können und Rückschlüsse auf unterschiedliche Aspekte des Pkw-Verkehrs wie Geschwindigkeiten, Reisezeit und Verkehrsdichte zulassen. Außerdem ist es von Vorteil, die Möglichkeit zu haben, Informationen für die Zeiträume abzurufen, die wirklich von Relevanz sind. Das heißt, Verkehrsdaten sollten nach Uhrzeit und Wochentagen für 365 Tage im Jahr abrufbar sein.

Autos als mobile Sensoren nutzen

Um Städten und Kommunen verlässliche Verkehrsinformationen liefern zu können, nutzt TomTom bei der Datenerhebung Floating Car Data (FCD). Dabei werden Fahrzeugbewegungen anhand von anonymisierten Daten erfasst und ausgewertet. Die Daten stammen direkt aus dem Fahrzeug – das Auto wird damit zum mobilen Sensor. Die Grundlage für diese Technik sind GPS-Daten, die per Mobilfunk (GSM) zu einer zentralen Stelle übertragen werden. Der übertragene Datensatz besteht aus einem Zeitstempel und einer Ortskoordinate. Diese Informationen erlauben Rückschlüsse auf Verkehrsfluss, Geschwindigkeiten, Reisezeiten und Verkehrsdichte. Daten erhalten wir weltweit von über 600 Millionen vernetzten Geräten – das können portable oder fest verbaute Navigationslösungen sein, aber auch Flotten- oder Mobilfunkdaten. Alle gesammelten Daten werden vollständig anonymisiert – es können zu keiner Zeit Rückschlüsse auf bestimmte Fahrer*innen oder Fahrzeuge gezogen werden.

Bereits bei der Datenerhebung gibt es bei vielen Städten und Kommunen Potenzial für Verbesserungen: Oft halten Entscheider aus dem Verkehrssektor an klassischen Methoden der Datenerhebung fest und sind nur wenig bis gar nicht darüber informiert, welche Vorteile FCD für eine datenbasierte Verkehrsplanung haben. Selbst heute sieht man noch regelmäßig Mitarbeiter, die händisch Verkehrszählungen vornehmen. Daneben arbeiten Städte und Kommunen beinahe ausschließlich mit stationären Sensoren, die an unterschiedlichen Punkten im Straßennetz angebracht sind. Beispiele für solche stationären Messstationen sind Induktionsschleifen, Infrarotdetektoren oder Radardetektoren. Dadurch, dass diese aber nur punktuell und ungleich im Straßennetz verteilt sind, kann immer nur ein sehr kleiner räumlicher Ausschnitt des gesamten Verkehrsgeschehens erfasst werden. Die Abschnitte, die nicht mit den stationären Detektoren erfasst werden, werden durch relativ aufwändige Modellierungen konstruiert. Zusätzlich sind der Unterhalt und die Anschaffung solcher Systeme vergleichsweise kostspielig.

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FCD auch für kleinere Städte

Nutzen Städte und Kommunen FCD, haben sie deutliche Vorteile gegenüber all denen, die nur auf Daten aus stationären Sensoren zurückgreifen. Mit FCD kann das gesamte Straßennetz erfasst werden. Zudem können Verkehrsplaner*innen jederzeit selbst definieren, welches Gebiet sie genau beobachten und analysieren möchten. FCD eröffnen zahlreiche unterschiedliche Möglichkeiten der Verkehrsmodellierung und Verkehrsanalyse und liefern wertvolle Informationen über historische Verkehrsdaten, aktuelle Verkehrslage und zu erwartende Entwicklungen. Auf der Grundlage der Informationen die diese Daten liefern, können gerade auch kleinere Städte und Gemeinden Lösungen für Verkehrsprobleme finden, da diese eine ganzheitliche Betrachtung des Stadtgebiets liefern.

Beispielsweise kann die Verteilung der Belastung auf einzelnen Streckenabschnitten und an Knotenpunkten sichtbar gemacht werden und Lösungsmöglichkeiten wie veränderte Lichtsignalschaltungen oder Umfahrungen simuliert werden. Besonders interessant im ländlichen Raum ist die Realisierung der Idee einer Stadt mit kurzen Wegen. Dies bedeutet, dass alle Einwohner innerhalb eines bestimmten Umkreises alle notwendigen Einrichtungen wie Supermärkte, Apotheken und ihre Arbeit ohne Probleme erreichen können. Diese Idee betrifft die Stadtplanung insgesamt, jedoch spielt die Verkehrs- und Straßenplanung darin eine große Rolle, die mithilfe von FCD zur Lösung beitragen kann. Mit den Informationen aus diesen Daten kann man genau sagen, welche Wege die Bewohner täglich zurücklegen und wie diese verkürzt werden können, sodass es auch möglich ist, alle Ziele zu Fuß, mit dem Rad oder dem ÖPNV zu erreichen. Außerdem lassen sich mit FCD die Auswirkungen von bereits implementierten Verkehrsmaßnahmen – wie zum Beispiel die Errichtung eines Kreisverkehrs, einer Umweltspur einer verkehrsberuhigten Zone oder eines neuen Radwegs – in einer Vorher-Nachher-Analyse punktgenau analysieren und bewerten.

Einheitlicher Standard

Ein weiteres Hindernis ist das Fehlen eines universellen technischen Standards zur Erhebung, Übertragung und Analyse von Verkehrsdaten. Im Verkehrsbereich fehlt ganz klar ein einheitliches System mit dem die Verantwortlichen im städtischen Verkehrsbereich arbeiten können. In jeder Verwaltung wird auf individuelle Lösungen gesetzt, was zum Beispiel zur Folge hat, dass jede Kommune mit einer eigenen Karte arbeitet, auf der die gesammelten Verkehrsdaten visualisiert werden können.

Einheitliche Schnittstellen und Referenzsysteme werden vor allem in Zukunft bei der Weiterentwicklung des autonomen Fahrens eine essenzielle Rolle spielen. Doch bereits heute wäre es von großem Vorteil einen Standard zu besitzen, der es leichter macht, Verkehrsdaten einheitlich zu übermitteln. Vor allem wenn es darum geht, multimodale und intelligente Verkehrskonzepte zu entwickeln, die den Verkehr sicherer, effizienter und nachhaltiger machen. Verkehrsdienste könnten dank optimaler Nutzung von Verkehrsdaten schneller und umfassender Anwendung finden und Informationen zwischen unterschiedlichen Systemen schneller ausgetauscht werden.

Solange es noch keinen einheitlichen Standard in der Übermittlung von Verkehrsdaten gibt, benötigen Städte und Kommunen also ein System, das dynamisch ist und es erlaubt, Verkehrsinformationen auf jeder beliebigen Karte darzustellen. Dieses ist mit dem Open Location Referencing (OpenLR) bereits vorhanden. OpenLR ist eine Methode zur kartenagnostischen Ortung. Es ermöglicht Systemen, Standortinformationen zu kommunizieren, auch wenn sie unterschiedliche Karten verwenden. Gemeinden ist es mit dieser Technik also weiterhin möglich, mit dem bereits vorhandenen Kartenmaterial zu arbeiten. OpenLR ist ein präzises System zur Ortsreferenzierung und auf das gesamte Straßennetz anwendbar, einschließlich Neben- und Stadtstraßen. Wie der Name schon sagt, ist OpenLR ein offener Standard, der durch jeden Anwender ohne anfallende Lizenzgebühren genutzt werden kann und damit für Städte und Kommunen besonders attraktiv.

Mut zur Veränderung und verlässliche Partner

Sowohl Daten als auch Technologien, um Städte und Kommunen ohne teure und langwierige bauliche Maßnahmen mit umfassenden Verkehrsinformationen zu versorgen, sind bereits vorhanden. FCD und OpenLR sind dabei lediglich zwei besonders unkomplizierte Herangehensweisen von vielen. Eine präzise Datengrundlage und ein flexibles und dynamisches Referenzierungssystem bilden jedoch die optimale Grundlage dafür, eine Mobilitätswende herbeizuführen, um Bevölkerung, Umwelt und Straßennetz zu entlasten.

Der nächste Schritt besteht vor allem darin, diese Daten und Informationen auch wirklich jedem und jeder Verantwortlichen im Verkehrssektor anzubieten und zugänglich zu machen. Da oft unterschiedlichste Systeme verwendet werden, um Verkehr zu planen, bedeutet dies für Anwender oft eine Abkehr von gewohnten Strukturen. Doch gerade in einer digitalisierten und schnelllebigen Welt ist diese Veränderung unumgänglich. In Zukunft wird die Vernetzung im Autoverkehr noch zunehmen und der Datenaustausch zwischen Verkehrsmanagementzentralen, Fahrzeugen und der Infrastruktur an Bedeutung gewinnen.

Es ist wichtig, dass in den Verkehrsämtern Kompetenzen im Umgang mit der Fülle an Verkehrsdaten und Verkehrsmanagementsystem aufgebaut werden. Dabei können auch Partner aus dem Bereich der Verkehrstechnik und Verkehrsplanung unterstützen. Doch mit dem lokalen Knowhow sind und bleiben die Verantwortlichen aus den Städten und Kommunen die Experten. Denn wie zu Beginn schon erwähnt, haben Entscheidungen auf kommunaler Ebene direkte Auswirkungen auf die Einwohner einer Gemeinde, die diese Beschlüsse auch akzeptieren und umsetzen müssen. Daher ist es wichtig auf den richtigen Mix aus präzisen Verkehrsdaten, dynamischen Übertragungssystemen und lokaler Kenntnis zu setzen, um Verkehrsmaßnahmen und -planungen perfekt auf die Gegebenheiten der eigenen Stadt und die Bedürfnisse der Bürger abzustimmen.

Ralf-Peter Schäfer
Der Autor, Ralf-Peter Schäfer, ist Vice President of Traffic Information bei TomTom.

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