Onlinezugangsgesetz Die vergessene Seite des OZG
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Vielerorts wird mit Hochdruck an der digitalen Öffnung möglichst vieler Verwaltungsverfahren für die Bürger gearbeitet. Oft vergessen wird dabei jedoch, dass die Onlineanträge in der Verwaltung auch entgegengenommen und ordnungsgemäß abgearbeitet werden müssen. Doch für viele dieser Anträge gibt es keine digitalen Fachverfahren oder diese sind aktuell nicht zur Übernahme in der Lage. Abhilfe kommt in Form eines übergreifenden Antrags- und Fallmanagements.

Das Onlinezugangsgesetz (OZG) fordert, dass bis Ende 2022 alle wesentlichen Verwaltungsvorgänge aus mehr als 500 Leistungsbündeln digital angeboten werden. Für die Öffentliche Verwaltung ist die Umsetzung des OZG eine Herkulesaufgabe.
Mit großem Elan wird in vielen Verwaltungen daran gearbeitet, neue Onlineangebote für den Bürger zu schaffen. Zum Einsatz kommt dabei der fabrikmäßige Ansatz einer Produktionsstraße, die aus zentralen Vorgaben und mit viel Automatisierung eine hohe Zahl an Verfahren online öffnen kann. Trotz aller noch immer existierenden Schwierigkeiten ist damit die fristgerechte Umsetzung der an Bürger und Unternehmen gewandten Antragsformulare in greifbare Nähe gerückt.
Digitale Verarbeitung
Ein Problem, das landläufig nicht genügend Beachtung findet, ist jedoch, dass die von diesen neuen Bürgerportalen generierten digitalen Anträge – idealerweise als standardisierte XFall-Nachricht mit Datenteil im XÖV Standard wie beispielsweise XAusländer, XBau oder XGewerbeanzeige – auch von der Verwaltung digital entgegengenommen und geordnet abgearbeitet werden müssen. Fehlt diese digitale Entgegennahme und Verarbeitung, bleibt die Verwaltung vom digitalen Datenfluss abgeschnitten und kann ihrem Auftrag nicht gerecht werden.
Das dazu notwendige technische Regelwerk wurde von der Koordinierungsstelle für IT-Standard (KoSIT) in Form umfassender Standards entwickelt und vom IT-Planungsrat verabschiedet.
Dabei beschreibt der XTA-Standard den Transportweg zum Austausch, der XFall-Standard das Austauschformat und die einzelnen XÖV-Standards wie XGewerbeanzeige die Struktur der einzelnen Falldaten.
Problem Fachverfahren
Die Hausaufgaben sind also gemacht, nun liegt es an den einzelnen Verwaltungen, diese Vorgaben auch zu nutzen. Leider unterstützen jedoch viele der in den Verwaltungen eingesetzten Fachverfahren diese Standards auch in absehbarer Zukunft nicht. Manche dieser Verfahren bieten bestenfalls alternative Schnittstellen wie eMail oder Dateitransfers.
Dabei wird es sich künftig nicht nur um XFall-Nachrichten der eigenen Webseiten handeln. Vielmehr wird jedes Amt auch die XFall-Nachrichten anderer Verwaltungen entgegennehmen müssen.
Ein Beispiel dafür findet sich in virtuellen Bauämtern: Hier werden im Rahmen des Baugenehmigungsverfahrens verschiedene andere Stellen für Detailfragen – beispielsweise die wasserbaurechtliche Genehmigung – herangezogen. Auch hier erfolgt der Austausch zwischen den Verwaltungen im XFall-Nachrichtenformat.
Vor diesem Hintergrund scheidet es aus, für jedes Fachverfahren in der Verwaltung eine individuelle Schnittstelle zu bauen. Stattdessen sollte jede Verwaltung auf eine übergreifende Entgegennahme und Verwaltung aller XFall-Meldungen setzen. Dazu wird eine interne Anwendung benötigt, die vier Aufgaben erfüllen kann:
- zentrale Annahme von XFall-Nachrichten,
- digitale Verteilung an digitale Fachverfahren,
- Management der Fälle mit manuellen Papierverfahren und
- Bereitstellung einer zentralen Übersicht über Fälle und Status.
Mit einer universellen Anwendung, die in der Lage ist, XFall-Meldungen – wo auch immer sie herkommen – entgegenzunehmen und einer geordneten Bearbeitung zuzuführen, kann jede Verwaltung den Überblick über alle anhängigen Anträge und Fälle behalten und ist jederzeit auskunftsfähig.
Mehrere Optionen
Für die Weitergabe der eingehenden XFall-Meldungen gibt es mehrere Optionen: Für moderne Fachverfahren, die bereits den XFall-Standard unterstützen, wird die Nachricht automatisch durchgereicht. Für andere Fachverfahren, die über andere Schnittstellen oder zumindest Import-Formate verfügen, wird die Weitergabe in der bestmöglichen Form umgesetzt. Kleinster gemeinsamer Nenner ist hier oft ein Dateiaustausch im CSV-Format oder per Mail.
Besteht gar keine Möglichkeit zur automatisierten Übernahme, wird der Antrag zur manuellen Übergabe markiert und muss von den Sachbearbeitern manuell in das Fachverfahren übernommen werden.
Mit letztgenannter Lösung können auch all die Verwaltungsverfahren abgebildet werden, für die es in der betreffenden Verwaltung überhaupt kein digitales Fachverfahren gibt. Hier kann der manuelle Bearbeitungsprozess auf Wunsch in Form von Workflows im System hinterlegt werden. Die eigentliche Abarbeitung erfolgt weiterhin wie gewohnt manuell.
Einheitlicher Vorgang
Ein wesentlicher Vorteil eines zentralen Systems ist die zentrale Übersicht über alle eingegangenen XFall-Meldungen – unabhängig vom dahinterliegenden Verwaltungsverfahren. Auch die Statusverfolgung und Rückmeldung zum Antragsteller – wie beispielsweise zum Stand eines Genehmigungsverfahrens oder dessen Ergebnis – kann einheitlich erfolgen. Das sorgt nicht nur für ein einheitliches und geordnetes Bild nach außen, sondern entkoppelt die Verwaltung auch sinnvollerweise IT-technisch von der Außenwelt. So kann sie intern beliebige Umstellungen wie etwa das Update von Fachverfahren auf neuere Versionen oder auch die Optimierung manueller Verfahren vornehmen, ohne dass dies Auswirkungen nach außen hat.
Es ist zu begrüßen, dass vielerorts mit Hochdruck an der Umsetzung des Onlinezugangsgesetzes gearbeitet wird und Bürgern und Unternehmen immer mehr Online-Angebote zur Verfügung gestellt werden. Dabei sollte die interne Seite der OZG-Umsetzung, also eine zentrale Stelle zur Entgegennahme, Verwaltung und Abarbeitung von XFall-Meldungen, nicht vernachlässigt werden. Hierzu sind fertige Lösungen verfügbar.
Insbesondere Landkreise und Kommunen, denen vom Land kein Fallmanagement zur Verfügung gestellt wird, müssen sich um eine eigene Lösung dieses Problems kümmern. Sonst landen sie auf der dunklen Seite des OZG.
*Der Autor: Klaus Wanner, geschäftsführender Gesellschafter der cit GmbH
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