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Digitale Souveränität ist mehr als Open Source
Die Teilnehmer des diesjährigen eGovernment Summit werden jedoch nicht nur die Themen OZG-Umsetzung und Digitale Exzellenz diskutieren, auch das zuletzt immer wichtiger werdende Thema Digitale Souveränität wird für angeregte Diskussionen sorgen. Einige Grundpositionen geben wir hier kurz wieder.
So sind sich zum Beispiel Sabine Smentek, CIO des Landes Berlin, und Stefan Krebs darin einig, dass man – wo möglich – die Abhängigkeit staatlicher Ebenen von proprietäter Software verringern und dazu beispielsweise Open-Source-Produkte einsetzen müsse. Es gelte mit Blick auf die Digitalisierung eine Balance zwischen Regulierung der Marktangebote und, wo erforderlich, den eigenen Dienstleistungen zu finden.
Weiter fasste Hartmut Schubert aus Thüringen den Begriff der digitalen Souveränität. Schubert erklärte: „Digitale Souveränität zu gewährleisten und damit auch Freiheit und Sicherheit im Internet zu schützen, heißt die Infrastruktur Deutschlands und Europas auch als digitalen Vertrauensraum gestalten. So kann unser demokratischer und wirtschaftlicher Entfaltungsraum im globalen Wettbewerb bestehen.“
Die Politik werde zu Recht von der Frage umgetrieben, so Schubert, wie frei und unabhängig Verwaltungen demokratischer Staaten seien und wie frei die deutsche Wirtschaft sei, wenn sie sich technologisch binde? Für Schubert ist der Staat damit hier auch als normgebende Instanz gefragt.
Da Thüringen in den vergangenen Jahren große Anstrengungen in den Bereichen Identitätsmanagement und Datensouveränität unternommen hat, ist vonseiten des Freistaats hier mit interessanten Beiträgen zu rechnen.
Die Einschätzung Schuberts, dass der Staat hier als Gestalter der technischen Entwicklung gefragt sei, wird auch von seinem sächsischen Kollegen Thomas Popp geteilt. Popp erklärte dazu: „Für den Staat und die Verwaltung werde es künftig noch stärker darauf ankommen, den technischen Fortschritt frühzeitig zu beobachten und die Anwendung neuer IT-Lösungen mitzubestimmen oder besser noch mitgestalten zu können. Die dafür erforderliche Kompetenz könnten Behörden nur durch entsprechend qualifiziertes Personal erlangen.“
Technologische Herausforderungen
Henning Lühr unterstrich in diesem Zusammenhang einmal mehr die Bedeutung einer guten Zusammenarbeit der verschiedenen Verwaltungen. „Auch da helfen standardisierte Lösungen und etablierte Zusammenarbeitsstrukturen. Gemeinsam entwickelte Softwarelösungen, partnerschaftlich getragene System-Plattformen und strategische Einkaufs-Kooperationen sind eine gute Grundlage, um Maßnahmen zum Erhalt der digitalen Souveränität mittelfristig auch tatsächlich einführen und erfolgreich etablieren zu können. In einem Verbund starker Partner können Open-Source-Lösungen auf Basis von offenen Standards und freien Lizenzen implementiert und in sicheren Rechenzentren in Öffentlicher Hand betrieben werden.“
Auf dem eGovernment Summit werden aber auch weitere technologische Entwicklungen – wie etwa Cloud Computing und Künstliche Intelligenz – und ihre Auswirkungen auf Staat und Gesellschaft diskutiert werden.
So erklärte Sabine Smentek zum Thema Cloud Computing: „Hier gilt es konzeptionelle Antworten auf die Herausforderung zu finden, dass die Daten der Verwaltung einerseits in den eigenen Rechenzentren liegen sollten, die großen Technologie-Anbieter (Microsoft, Oracle etc.) andererseits jedoch ihre Produkte zunehmend nur noch aus der Cloud bereitstellen (wollen).“ Aufgrund dieses Spannungsfeldes stünden in den kommenden Jahren auf diesem Gebiet richtungsweisende Grundsatzentscheidungen an.
Die Verantwortung des Staates wächst
Ralf Armbruster, Leiter der Stabstelle Digitale Bildungsplattform im Ministerium für Kultus, Jugend und Sport des Landes Baden-Württemberg, erklärte dazu: „Einschneidende Veränderungen werden die Weiterentwicklung der Künstlichen Intelligenz, maschinelles Lernen und das Quantencomputing mit sich bringen, insbesondere wenn diese Entwicklungen miteinander verknüpft werden. Leistungsfähige Algorithmen zur Erkennung und Automatisierung auch nur halbwegs strukturierter Prozesse werden auch die Arbeitswelt in den Verwaltungen verändern und der Schutz von Daten sowie Sicherheitsinfrastrukturen wird bei gleichzeitigem IT-Fachkräftemangel eine gewaltige Herausforderung für die Öffentliche Hand werden.“
Armbruster wies auch auf folgenden Umstand hin: „Und je mehr Algorithmen Entscheidungen übernehmen, umso mehr stellen sich auch ethische Fragen, auf die der Staat Antworten liefern muss. In einer digitaler werdenden Welt kommt auf den Staat immer mehr die Aufgabe des Gewährleisters von Schutz, Sicherheit, Vertrauen sowie rechtlicher und ethischer Leitplanken zu.“
Auch Stefan Krebs ist der Meinung, dar Staat müsse hier regulierend eingreifen. „Bei den enormen Potenzialen der künstlichen Intelligenz und den sich daraus ergebenden Nutzungen sind Prognosen schwierig. Da die Potenziale wie immer Chancen und Risiken zugleich beinhalten, braucht es Regulierung. Dies ist eine besondere Herausforderung, weil wir heute schon sehen: Die Regulierung kann nicht mehr national, kaum mehr nur europäisch, sondern eigentlich nur noch auf globaler Ebene wirksam erfolgen. Hier zu einem gemeinsamen Verständnis unter Wahrung unserer ethischen Prinzipien und dann zu tragfähigen Lösungen zu kommen, wird sehr schwierig.“
Und Henning Lühr erklärte dazu: „Der Einsatz von Künstlicher Intelligenz, Entscheidungs-Robotern und Chat-Bots erlangt mehr und mehr den Status der Einsatzreife und ist längst auch in unseren Verwaltungen ein Thema. Eine solche Entwicklung erzeugt natürlich Ängste – sowohl in der Bevölkerung als auch in der Mitarbeiterschaft – denen sich die Verantwortlichen in Staat und Gesellschaft stellen müssen. Mit der nötigen Achtsamkeit, einem proaktiven Veränderungsmanagement, aber auch mit intensiven Qualifizierungsprogrammen.“
Es müssten Lösungen gefunden werden, um Bildung im digitalen Wandel auf völlig neue Füße zu stellen, sowohl in der beruflichen Aus-, Fort- und Weiterbildung als auch bei der frühzeitigen Vorbereitung zukünftiger Schulabgänger auf grundlegend veränderte Anforderungen der Berufswelt. Dann werde der digitale Wandel auch weniger als Bedrohung, sondern vielmehr als nutzbringend und hilfreich empfunden.
Die Rolle des eGovernment Summit
Schon dieser kurze Abriss an Meinungen zeigt, dass es auch dem diesjährigen eGovernment Summit nicht an spannenden Themen fehlen wird. Das Gipfeltreffen wird auch 2019 wieder zur Schnittstelle zwischen Verwaltung, Wirtschaft und Wissenschaft werden, um den digitalen Wandel in der Bundesrepublik erfolgreich zu gestalten. Eine Einschätzung, die übrigens auch von den Teilnehmern des Gipfels geteilt wird. So erklärte Thomas Popp: „Der eGovernment Summit ist eine der besten Möglichkeiten für Führungskräfte im IT-Bereich, am Ball zu bleiben. Die Mischung aus aktuellen Themen und der vertieften Auseinandersetzung zu einzelnen Fragestellungen in angemessener Atmosphäre machen für mich den einzigartigen Charme dieser Veranstaltung aus.“
Hartmut Schubert assistierte: „Der eGovernment Summit hat sich als ein besonderes Format etabliert, das einen Vertrauensraum schafft, in dem Ideen sich entfalten können. Das ist in einer Zeit, in der wir so schnell in unseren Urteilen sind, ein besonderes Geschenk. Kreativität und Innovation brauchen solche Räume. Die Agenda des Summits bestimmt auch den Dialog und die Agenda in Deutschland. Die Protagonisten des Dialogs aus Wirtschaft, Verwaltung und Gesellschaft zu vernetzen, ist einer der großen Verdienste der Macher des eGovernment Summits.“
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