Bundesnachrichtendienst Debatte um das BND-Gesetz
Die Neufassung des BND-Gesetzes wird unter Experten kontrovers diskutiert. In der gestrigen Anhörung des Ausschusses für Inneres und Heimat wurde mit Lob und Kritik nicht gespart.
Anbieter zum Thema

Das Bundesverfassungsgericht hatte im Mai 2020 festgestellt, dass sich der Schutz des Fernmeldegeheimnisses nach Artikel 10 des Grundgesetzes auch auf im Ausland lebende Ausländer erstreckt und das 2016 zuletzt novellierte BND-Gesetz in den Teilen verworfen, die sich auf die Überwachung ausländischen Datenverkehrs beziehen. Die Bundesregierung muss nun bis Ende 2021 eine verfassungskonforme Neuregelung schaffen. Kernpunkt soll die Einführung eines „Unabhängigen Kontrollrates“ als oberste Bundesbehörde sein, der eine strengere Aufsicht über den Bundesnachrichtendienst (BND) gewährleisten soll.
Prof. Dr. Jan Hendrik Dietrich von der Hochschule des Bundes für öffentliche Verwaltung in Berlin bescheinigte dem Gesetzentwurf in der Anhörung, den Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts „in jedem Fall“ gerecht zu werden. Er könne „unter dem Gesichtspunkt der Rechtsstaatlichkeit durchaus Vorbildfunktion“ beanspruchen. In Einzelpunkten gebe es aber noch „Anpassungs- und Präzisierungsbedarf“.
Als „im Großen und Ganzen gelungen“, allerdings nach wie vor „nicht durchgängig verfassungskonform“, bezeichnete der Kölner Rechtsanwalt Nikolaos Gazeas den Entwurf. Er monierte den unzureichenden Schutz von Berufsgruppen mit besonderen Vertraulichkeitsbeziehungen wie Journalisten und Anwälten.
„Staatliches Hacking“
Der Vizevorsitzende des Verbands der Internetwirtschaft, Klaus Landefeld, hingegen übte Kritik. Der Entwurf genüge in seinen Augen nicht den Vorgaben des Gerichts. Der BND dürfe demnach weiterhin „in beliebigem Umfang ungefilterte Datenerhebung“ betreiben. Problematisch fand Landefeld auch die im Entwurf festgeschriebene Lizenz zur Online-Durchsuchung, die aus seiner Sicht „staatliches Hacking“ darstelle.
Prof. Dr. Markus Löffelmann von der Verwaltungshochschule des Bundes bemängelte, dass im Entwurf zwischen „personen-“ und „sachbezogenen“ Daten unterschieden werde. Von einer solchen Differenzierung sei in Artikel 10 des Grundgesetzes keine Rede. Auch die Forderung des Karlsruher Gerichts nach „quantitativer Begrenzung“ werde mit der Ermächtigung für den BND, 30 Prozent des weltweiten Datenverkehrs zu überwachen, nur unzureichend umgesetzt, da diese Kapazität ohnehin nie auszuschöpfen sei. Auf Seiten der Anwender erfordere die Komplexität des Entwurfs ein „ausgesprochen hohes Maß juristischer Vorbildung“, die von BND-Mitarbeitern nicht unbedingt zu erwarten sei.
Die Münsteraner Professorin Dr. Nora Markard lehnt die Gesetzesnovelle rundheraus ab: „Der Entwurf lässt nicht nur viel zu wünschen übrig. Darüber hinaus weist er auch so viele Schwächen auf, dass ein so verabschiedetes Gesetz erneut in Karlsruhe keinen Bestand hätte.“
Vorschlag der FDP
Im Gesetzentwurf schlägt die Bundesregierung die Installation eines Kontrollrats vor, der „als oberste Bundesbehörde seine Arbeit aufnehmen wird“. Die FDP-Fraktion hingegen bringt die Schaffung des Amtes eines parlamentarischen Nachrichtendienstbeauftragten ins Spiel. Dieser Beauftragte soll vom Bundestag für fünf Jahre gewählt werden. Zu seinen Befugnissen sollen ein uneingeschränkter und anlassloser Zugang zu Dienststellen und Datenbanken der Nachrichtendienste sowie zu den Sitzungen der nachrichtendienstlichen Besprechungen im Bundeskanzleramt und den Sitzungen verschiedener Arbeitsplattformen, -gruppen und Kommissionen gehören.
Der Gesetzentwurf der Bundesregierung zur Änderung des BND-Gesetzes ist hier als PDF einsehbar.
(ID:47154808)